iebel
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Es war ein starker Erfolg, in seiner Unangefochtenheit um so
erfreulicher, als in diesem Schauspiel Bühnenvorzüge und
literarische Qualitäten gleich gut vertreten sind. Seit langer
Zeit zum ersten Male eine geist= und kraftvolle Bühnendichtung Wiener
Ursprungs.
„Berliner Zeitung“ II:
Was diese Bühne darstellerisch vermag, zeigte die glänzende Vor¬
führung von Arthur Schnitzler's Schauspiel „Liebelei“. Die Hand¬
lung des Stückes ist ganz minimal' aber nur, wer der naiv brutalen
dramatischen Kunst widerstandslos verfallen ist, kann sie langweilig
finden. Der erste Akt ist ein humorerfülltes, in prickelnder Kleinmalerei
vorgeführtes Genrebild, das allein schon den Erfolg des Abends
entschied. Eine Scene dieses Aktes, ganz knapp und in verhaltener
Leidenschaft, zeigt die dichterischr Macht Schnitzler's bereits in hohem
Grade. Mit großer Kühnheit ist der zweite und dritte Att ganz auf
psychologische Handlung angelegt. Schnitzler, als feiner Novellist und
psychologischer Dichter längst gewürdigt, hat hier eine überraschende
Bühnengewandtheit erwiesen, die doch niemals auf Kosten literarischer
Qualitäten zur Geltung kommt. Und deshalb ist der unbestrittene
Erfolg seines Schauspiels um so erfreulicher. Es ist ein gut
realistischer Zug durch das Stück, in dem sich diskrete, auf äußerliche
Effekte verzichtende Künstlerschaft ausspricht. Man darf auf die weitere
Entwickelung dieses großen Talents gespannt sein.
„Berliner Tageblatt“:
Gestern wurde im Deutschen Theater das Schauspiel „Liebelei“
von Arthur Schnitzler zum ersten Male aufgeführt, mit einem
starken, warmen Erfolge; der Beifall war nach dem zweiten Akte
am lebhaftesten, am dritten kühlte man sich an einiger Moral etwas
ab, war aber dem Verfasser für die lustige, rührende und anregegende
Stunde schließlich von Herzen dankbar. Das Schauspiel „Liebelei“
hat seinen Erfolgverdient. (Folgt Handlung.) Es geht so wenig vor,
daß man oft Lust hätte, ungeduldig zu werden; aber man wird nicht
ungeduldig, weil der Verfasser mit raffinirter Technik aus sehr viel
Pausen, wenig Worten und einer gewissen sorglosen Anmuth immer
wieder aufs Neue Stimmung zu erregen weiß. Im ersten Akte herrscht
der Uebermuth der Grisettenliebelei vor, in dem zweiten bringt das
Verhältniß zwischen Vater und Tochter einen neuen Ton, der dritte ist
ganz Sorge und Schmerz um den Todten. Eine große dichterische
Aufgabe vermißte es nicht. Es schien, als ob die ganze saubere Arbeit
trotz ihres Modestils tiefere Empfindung verbärge, als ob mitunter
ein großes schönes Dichterauge aufblitze. Besonders der Musikus,
der seiner Tochter jeden Fehltritt grundsätzlich zu verzeihen geneigt ist,
hat sein Herz von einem Poeten geschenkt erhalten.
„Gerichts-Zeitung":
Zweimal hatte das Deutsche Theater in der Wahl der Stücke einen
Fehlgriff gethan; zum dritten Male aber ist es gelungen, ein Meister¬
werk ersten Ranges aus Licht der Lampen zu ziehen. Arthur
Schnitzlers Schauspiel in drei Akten „Liebelei“, das am Dienstag
zum ersten Male in Scene ging, gehört zu jener Art von Kunst,
die Herz und Geist in gleichem Maße befriedigen. Der Dichter
gehört nicht zu denen, die nur ein naturgetreues Abbild irgend eines
Vorganges bieten, die nur, wie er sich räuspert, wie er spuckt, einem
Menschen abgeguckt haben und sich mit dieser Leistung bescheiden er hat
nicht vergessen, daß die Poesie auch Poesic enthalten soll. und so gelang
es ihm, in die scharf realistisch gezeichnete Handlung jenen Hauch zu
gießen, durch den ein Kunstwerk erst seinen wahren und unverganglichen
Werth erhält. Was in dem Schauspiel vorgeht, ist in wenigen Worten
zu sagen. Der Dichter mußte nach jedem Akte vor der Gardine
erscheinen.
„Tägliche Rundschau“
Es giebt noch immer Ueberraschungen. Als ich am Dienstag das
„Deutsche Theater“ betrat, wurde mir von verschiedenen jener Leute,
die im Theater ihre Heimath, ihre Welt, ihre Kirche sehen, versichert,
daß das Ereigniß“ des Abends, das Schauspiel „Liebelei“ von
Arthur Schnitzler, ein Stück nach ihrem Herzen, nebenbei aber auch
ein Stück von literarischem Werthe sei. Und seltsamer Weise haben die
Leute, die sonst im Literaturgarten keine Butterblume von einer Colens
unterscheiden können, diesmal recht gehabt. Arthur Schnitzler ist
kein literarischer Bahnbrecher, und seine Eigenart scheint weder sehr hoch
noch sehr tief zu gehen, aber einen Poeten haben wir in ihm, und
zwar einen Poeten, der auf der Bühne wie zu Hause ist. Er hat von
Allem, was ein Theaterpoct braucht, gerade so viel, um dem Publikum
nicht unheimlich zu erscheinen: Geist, Witz, Beobachtungsgabe, Stimmungs¬
lyrik, Alles in wohlgemessenen, nicht reichlichen, aber auch nicht ärm¬
lichen Portionen, und wohlvermischt mit dem nöthigen Zusatz von Ver¬
trauen und Behagen erweckender Trivialität und Alltäglichkeit. In
äußerer Form und Sprache gehört Schnitzler der modernen Schule
an, aber er verschmäht, wenn er Wirkung davon erhofft, auch altbe¬
währte Mache nicht. Seine „Liebelei“ ist ein Stück Gretchen=Tragödie,
ins Wienerische übersetzt und aus dem Stil Goethescher Großmenschlich¬
keit auf das Niveau des Kleinmenschlichen hinabgeschraubt. Aus der
Poesie des Genies in die Poesic des Talentes umgeschmolzen — aber
auch so noch immer wirkungsvoll und — mit Schnitzler zu reden
von einem Ewigkeitsduft umsprüht. — (Folgt Inhalt).
„Tägliche Rundschau“:
Arthur Schnitzler, der Verfasser des Schauspiels „Liebelei“
das dem Publikum des Deutschen Theaters lebhaften Beifall ent¬
lockte, ist, wenn auch nicht zum Bühnenherrscher, zum Imperator, so
doch zum Bühnensieger geboren. Er hat für Männlein und Weiblein
der Rattenfängerweisen mehr als genug im Vorrath, er hat Alles, was
man verlangt: Esprit, Lyrik, moderne Effekte und altbewährte Effekte, —
Alles in dem Maße, wie es für einen Bühnenabend ausreicht. Schnitzler
ist halb Dichter, halb Feuilletonist und ganz Wien?. Ueber den Dichter
und Dramatiker morgen einige Worte mehr.
„Freisinnige Zeitung“
„Aus dem Leben des Tages, aus Beobachtung und Erfahrung
geschöpft“, erschien sodann zum ersten Male: „Liebelei“. Schauspiel
in 3 Akten von Arthur Schnitzler. (Folgt Inhalt.) Der Vorhang
fällt und der Tichter kommt noch mehrere Male zum
Vorschein. Der Dialog ist stellenweise sehr frisch und gewandt, und
soll es dem Dichter als besonderes Verdienst angerechnet werden, daß
sein Held zwar kein Held, aber doch wenigstens kein Lump ist. Das
von einem Wiener verfaßte und in Wien spielende Stück wurde von
Wienern vortrefflich dargestellt und erhielt so einen anmutenden
Lokalton.
„National=Zeitung“:
Das Schauspiel „Liebelei“ von Arthur Schnitzler hat im Deut¬
schen Theater einen warmen Erfolg davongetragen, nachdem es
ebenso glücklich vom Wiener Burgtheater aus Licht gezogen war. Ein
Abschnitt aus dieser Welt der lockeren Liebesbande kommt auch in dem
erwähnten Schauspiel zu seinem Recht. Ebenfalls mit frischer Hand
aus der Wiener Luft herausgegriffen, eine kleine, aber wahre Geschichte,
die wie ein Liebesidyll anhebt und wie eine Tragödie endigt. Zwei
junge Leute aus besseren Ständen und zwei Mädchen aus dem Volk
bilden die Handlung. Die Stimmungen hat der Dichter mit großer
Feinheit, frischer Empfindung und reizendem Humor festgehalten. Auch
der Gegensatz zwischen der ärmlichen Musikantenwohnung und dem ele¬
ganten Heim des Lebemannes ist trefflich durchgeführt. Das kleine
Stück ist in seinen drei Akten mit einer Wärme und Wahrheit der
Herzenssprache geschrieben, die das Publikum von der ersten bis
zur letzten Scene gefesselt und ergriffen hat. Es ist starke
Lebenskraft darin und zugleich ein durchgebildetes poetisches und künst¬
lerisches Gefühl. Das Stück wurde vortrefflich gespielt.]
GEI
„Deutsche Tages=Zeitung":
Das Deutsche Theater errang gestern einen glorreichen Doppel
sieg. Sowohl die Neueinstudirung des „Zerbrochenen Krug“ als auch¬
die Première des Schauspiels „Liebelei“ von Schnitzler ernteten
einen durchschlagenden Erfolg. Der Werth der Novität nöthigt
uns, dieselbe eingehender zu besprechen, als dies in der vorgerückten
Stunde, da wir diese Zeilen schreiben, möglich wäre. Wir kommen
deshalb im Abendblatt noch einmal auf den genußreichen Abend zurück.
„Volks=Zeitung“.
Im Deutschen Theater ging einmal wieder eine Novität in Scene,
die ein Kunstwerk ist, nämlich Arthur Schnitzler's „Liebelei“. Dieser
anspruchslose Titel läßt kaum auf den tragischen Inhalt der drei Akte
schließen. Was der Wiener Dichter ein Schauspiel nennt, ist im Grunde
eine tief erschütternde Liebestragödic. Die Handlung ist einfach geplant.
(Folgt Inhalt.) Von da ab verblassen die leuchtenden Farben des Humors
und die Handlung nimmt ihren tragischen Verlauf. Sie besitzt trotz der
einfachen Erfindung echt dramatische Bewegung und reichen Stimmungs¬
gehalt. Die poctische Gestalt der Christine erweckt sofort Sympathie und
diese wird zum tragischen Mitleid gesteigert durch das auf sie fallende
herbe Geschick. Es wirkt stets ergreifend und erschütternd, ein junges,
keusch empfindendes Menschenkind sich in den Gluthen der ersten Leiden¬
schaft verzehren zu sehen. Und hier wirkt der Gegensatz so mächtig
zwischen der Liebelei des Lebemannes und der Liebe dieses tief empfin¬
dengen Mädchenherzens! Das Drama verlangt und fand eine ganz
ausgezeichnete Darstellung. Das ganze Drama wurde im Wienerr
Dialekt gesprochen. Es sand rauschenden Beifall und der Dichie
erschien wiederholt vor dem Vorhang.
„Vossische Zeitung“ I.:
Des Deutsche Theater vermittelte gestern die Bekanntschaft eines
jungen Wiener Poeten, der mit leisen, lieblichen Gewalten die fremden
Hörer zu sich gezwungen hat. Der Poet heißt Arthur Schnitzler;
seine Liebesdichtung heißt „Liebelei“ und ist dennoch eine Liebes¬
dichtung. Denn daß unter Liebeleien eine starke, tiefe und innige, bis
in den Tod treue Liebe entsteht, ist ihr Gegenstand. Daß Liebeleien
dieser Liebe die Hoffnung nehmen, ist die Tragik des Gegenstandes. Es
weht uns in den drei Akten von der Bühne her ein so lyrischer Hauch
an, so warme, weiche Wienerluft, so viel stilles Weh, aus stillen Freuden
entstanden, so viel Herz, am Weltlauf verblutend, daß es wie Ent¬
weihung ist, unter diesen Eindrücken vom unbestrittenen Theater
erfolg und von den Hervorrufen des Autors zu berichten
Das erinnert wieder an die Robustheit des Bühnenapparats, den un
diese zarte Sinnendichtung vergessen half.
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5. L 1
Es war ein starker Erfolg, in seiner Unangefochtenheit um so
erfreulicher, als in diesem Schauspiel Bühnenvorzüge und
literarische Qualitäten gleich gut vertreten sind. Seit langer
Zeit zum ersten Male eine geist= und kraftvolle Bühnendichtung Wiener
Ursprungs.
„Berliner Zeitung“ II:
Was diese Bühne darstellerisch vermag, zeigte die glänzende Vor¬
führung von Arthur Schnitzler's Schauspiel „Liebelei“. Die Hand¬
lung des Stückes ist ganz minimal' aber nur, wer der naiv brutalen
dramatischen Kunst widerstandslos verfallen ist, kann sie langweilig
finden. Der erste Akt ist ein humorerfülltes, in prickelnder Kleinmalerei
vorgeführtes Genrebild, das allein schon den Erfolg des Abends
entschied. Eine Scene dieses Aktes, ganz knapp und in verhaltener
Leidenschaft, zeigt die dichterischr Macht Schnitzler's bereits in hohem
Grade. Mit großer Kühnheit ist der zweite und dritte Att ganz auf
psychologische Handlung angelegt. Schnitzler, als feiner Novellist und
psychologischer Dichter längst gewürdigt, hat hier eine überraschende
Bühnengewandtheit erwiesen, die doch niemals auf Kosten literarischer
Qualitäten zur Geltung kommt. Und deshalb ist der unbestrittene
Erfolg seines Schauspiels um so erfreulicher. Es ist ein gut
realistischer Zug durch das Stück, in dem sich diskrete, auf äußerliche
Effekte verzichtende Künstlerschaft ausspricht. Man darf auf die weitere
Entwickelung dieses großen Talents gespannt sein.
„Berliner Tageblatt“:
Gestern wurde im Deutschen Theater das Schauspiel „Liebelei“
von Arthur Schnitzler zum ersten Male aufgeführt, mit einem
starken, warmen Erfolge; der Beifall war nach dem zweiten Akte
am lebhaftesten, am dritten kühlte man sich an einiger Moral etwas
ab, war aber dem Verfasser für die lustige, rührende und anregegende
Stunde schließlich von Herzen dankbar. Das Schauspiel „Liebelei“
hat seinen Erfolgverdient. (Folgt Handlung.) Es geht so wenig vor,
daß man oft Lust hätte, ungeduldig zu werden; aber man wird nicht
ungeduldig, weil der Verfasser mit raffinirter Technik aus sehr viel
Pausen, wenig Worten und einer gewissen sorglosen Anmuth immer
wieder aufs Neue Stimmung zu erregen weiß. Im ersten Akte herrscht
der Uebermuth der Grisettenliebelei vor, in dem zweiten bringt das
Verhältniß zwischen Vater und Tochter einen neuen Ton, der dritte ist
ganz Sorge und Schmerz um den Todten. Eine große dichterische
Aufgabe vermißte es nicht. Es schien, als ob die ganze saubere Arbeit
trotz ihres Modestils tiefere Empfindung verbärge, als ob mitunter
ein großes schönes Dichterauge aufblitze. Besonders der Musikus,
der seiner Tochter jeden Fehltritt grundsätzlich zu verzeihen geneigt ist,
hat sein Herz von einem Poeten geschenkt erhalten.
„Gerichts-Zeitung":
Zweimal hatte das Deutsche Theater in der Wahl der Stücke einen
Fehlgriff gethan; zum dritten Male aber ist es gelungen, ein Meister¬
werk ersten Ranges aus Licht der Lampen zu ziehen. Arthur
Schnitzlers Schauspiel in drei Akten „Liebelei“, das am Dienstag
zum ersten Male in Scene ging, gehört zu jener Art von Kunst,
die Herz und Geist in gleichem Maße befriedigen. Der Dichter
gehört nicht zu denen, die nur ein naturgetreues Abbild irgend eines
Vorganges bieten, die nur, wie er sich räuspert, wie er spuckt, einem
Menschen abgeguckt haben und sich mit dieser Leistung bescheiden er hat
nicht vergessen, daß die Poesie auch Poesic enthalten soll. und so gelang
es ihm, in die scharf realistisch gezeichnete Handlung jenen Hauch zu
gießen, durch den ein Kunstwerk erst seinen wahren und unverganglichen
Werth erhält. Was in dem Schauspiel vorgeht, ist in wenigen Worten
zu sagen. Der Dichter mußte nach jedem Akte vor der Gardine
erscheinen.
„Tägliche Rundschau“
Es giebt noch immer Ueberraschungen. Als ich am Dienstag das
„Deutsche Theater“ betrat, wurde mir von verschiedenen jener Leute,
die im Theater ihre Heimath, ihre Welt, ihre Kirche sehen, versichert,
daß das Ereigniß“ des Abends, das Schauspiel „Liebelei“ von
Arthur Schnitzler, ein Stück nach ihrem Herzen, nebenbei aber auch
ein Stück von literarischem Werthe sei. Und seltsamer Weise haben die
Leute, die sonst im Literaturgarten keine Butterblume von einer Colens
unterscheiden können, diesmal recht gehabt. Arthur Schnitzler ist
kein literarischer Bahnbrecher, und seine Eigenart scheint weder sehr hoch
noch sehr tief zu gehen, aber einen Poeten haben wir in ihm, und
zwar einen Poeten, der auf der Bühne wie zu Hause ist. Er hat von
Allem, was ein Theaterpoct braucht, gerade so viel, um dem Publikum
nicht unheimlich zu erscheinen: Geist, Witz, Beobachtungsgabe, Stimmungs¬
lyrik, Alles in wohlgemessenen, nicht reichlichen, aber auch nicht ärm¬
lichen Portionen, und wohlvermischt mit dem nöthigen Zusatz von Ver¬
trauen und Behagen erweckender Trivialität und Alltäglichkeit. In
äußerer Form und Sprache gehört Schnitzler der modernen Schule
an, aber er verschmäht, wenn er Wirkung davon erhofft, auch altbe¬
währte Mache nicht. Seine „Liebelei“ ist ein Stück Gretchen=Tragödie,
ins Wienerische übersetzt und aus dem Stil Goethescher Großmenschlich¬
keit auf das Niveau des Kleinmenschlichen hinabgeschraubt. Aus der
Poesie des Genies in die Poesic des Talentes umgeschmolzen — aber
auch so noch immer wirkungsvoll und — mit Schnitzler zu reden
von einem Ewigkeitsduft umsprüht. — (Folgt Inhalt).
„Tägliche Rundschau“:
Arthur Schnitzler, der Verfasser des Schauspiels „Liebelei“
das dem Publikum des Deutschen Theaters lebhaften Beifall ent¬
lockte, ist, wenn auch nicht zum Bühnenherrscher, zum Imperator, so
doch zum Bühnensieger geboren. Er hat für Männlein und Weiblein
der Rattenfängerweisen mehr als genug im Vorrath, er hat Alles, was
man verlangt: Esprit, Lyrik, moderne Effekte und altbewährte Effekte, —
Alles in dem Maße, wie es für einen Bühnenabend ausreicht. Schnitzler
ist halb Dichter, halb Feuilletonist und ganz Wien?. Ueber den Dichter
und Dramatiker morgen einige Worte mehr.
„Freisinnige Zeitung“
„Aus dem Leben des Tages, aus Beobachtung und Erfahrung
geschöpft“, erschien sodann zum ersten Male: „Liebelei“. Schauspiel
in 3 Akten von Arthur Schnitzler. (Folgt Inhalt.) Der Vorhang
fällt und der Tichter kommt noch mehrere Male zum
Vorschein. Der Dialog ist stellenweise sehr frisch und gewandt, und
soll es dem Dichter als besonderes Verdienst angerechnet werden, daß
sein Held zwar kein Held, aber doch wenigstens kein Lump ist. Das
von einem Wiener verfaßte und in Wien spielende Stück wurde von
Wienern vortrefflich dargestellt und erhielt so einen anmutenden
Lokalton.
„National=Zeitung“:
Das Schauspiel „Liebelei“ von Arthur Schnitzler hat im Deut¬
schen Theater einen warmen Erfolg davongetragen, nachdem es
ebenso glücklich vom Wiener Burgtheater aus Licht gezogen war. Ein
Abschnitt aus dieser Welt der lockeren Liebesbande kommt auch in dem
erwähnten Schauspiel zu seinem Recht. Ebenfalls mit frischer Hand
aus der Wiener Luft herausgegriffen, eine kleine, aber wahre Geschichte,
die wie ein Liebesidyll anhebt und wie eine Tragödie endigt. Zwei
junge Leute aus besseren Ständen und zwei Mädchen aus dem Volk
bilden die Handlung. Die Stimmungen hat der Dichter mit großer
Feinheit, frischer Empfindung und reizendem Humor festgehalten. Auch
der Gegensatz zwischen der ärmlichen Musikantenwohnung und dem ele¬
ganten Heim des Lebemannes ist trefflich durchgeführt. Das kleine
Stück ist in seinen drei Akten mit einer Wärme und Wahrheit der
Herzenssprache geschrieben, die das Publikum von der ersten bis
zur letzten Scene gefesselt und ergriffen hat. Es ist starke
Lebenskraft darin und zugleich ein durchgebildetes poetisches und künst¬
lerisches Gefühl. Das Stück wurde vortrefflich gespielt.]
GEI
„Deutsche Tages=Zeitung":
Das Deutsche Theater errang gestern einen glorreichen Doppel
sieg. Sowohl die Neueinstudirung des „Zerbrochenen Krug“ als auch¬
die Première des Schauspiels „Liebelei“ von Schnitzler ernteten
einen durchschlagenden Erfolg. Der Werth der Novität nöthigt
uns, dieselbe eingehender zu besprechen, als dies in der vorgerückten
Stunde, da wir diese Zeilen schreiben, möglich wäre. Wir kommen
deshalb im Abendblatt noch einmal auf den genußreichen Abend zurück.
„Volks=Zeitung“.
Im Deutschen Theater ging einmal wieder eine Novität in Scene,
die ein Kunstwerk ist, nämlich Arthur Schnitzler's „Liebelei“. Dieser
anspruchslose Titel läßt kaum auf den tragischen Inhalt der drei Akte
schließen. Was der Wiener Dichter ein Schauspiel nennt, ist im Grunde
eine tief erschütternde Liebestragödic. Die Handlung ist einfach geplant.
(Folgt Inhalt.) Von da ab verblassen die leuchtenden Farben des Humors
und die Handlung nimmt ihren tragischen Verlauf. Sie besitzt trotz der
einfachen Erfindung echt dramatische Bewegung und reichen Stimmungs¬
gehalt. Die poctische Gestalt der Christine erweckt sofort Sympathie und
diese wird zum tragischen Mitleid gesteigert durch das auf sie fallende
herbe Geschick. Es wirkt stets ergreifend und erschütternd, ein junges,
keusch empfindendes Menschenkind sich in den Gluthen der ersten Leiden¬
schaft verzehren zu sehen. Und hier wirkt der Gegensatz so mächtig
zwischen der Liebelei des Lebemannes und der Liebe dieses tief empfin¬
dengen Mädchenherzens! Das Drama verlangt und fand eine ganz
ausgezeichnete Darstellung. Das ganze Drama wurde im Wienerr
Dialekt gesprochen. Es sand rauschenden Beifall und der Dichie
erschien wiederholt vor dem Vorhang.
„Vossische Zeitung“ I.:
Des Deutsche Theater vermittelte gestern die Bekanntschaft eines
jungen Wiener Poeten, der mit leisen, lieblichen Gewalten die fremden
Hörer zu sich gezwungen hat. Der Poet heißt Arthur Schnitzler;
seine Liebesdichtung heißt „Liebelei“ und ist dennoch eine Liebes¬
dichtung. Denn daß unter Liebeleien eine starke, tiefe und innige, bis
in den Tod treue Liebe entsteht, ist ihr Gegenstand. Daß Liebeleien
dieser Liebe die Hoffnung nehmen, ist die Tragik des Gegenstandes. Es
weht uns in den drei Akten von der Bühne her ein so lyrischer Hauch
an, so warme, weiche Wienerluft, so viel stilles Weh, aus stillen Freuden
entstanden, so viel Herz, am Weltlauf verblutend, daß es wie Ent¬
weihung ist, unter diesen Eindrücken vom unbestrittenen Theater
erfolg und von den Hervorrufen des Autors zu berichten
Das erinnert wieder an die Robustheit des Bühnenapparats, den un
diese zarte Sinnendichtung vergessen half.