Liebel
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Tunir
Im „Deutschen Theater“ jedoch, wo man sich auf Kleist besonders
Theater und Musik.
versteht, müßte der Ton auf ganz liegen. Ich will nicht da
Deutsches Theaier.
fri
so boshaft sein, den Geist Dörings, der zugleich ein
Dienstag, 4. Februar. Zum ersten Mal: „Liebelei“. Schau¬
ge
spiel in drei Akten von Arthur Schnitzler. Regie: Herr] Kovold und ein Dämon war, herabzurufen; ich will vom
Nachfolger im Amte nicht fordern, daß er sich alle die köstlichen zth
Hachmann. (Buchausgabe bei S. Fischer, Berlin.)
Einfälle des seligen Meisters zu eigen mache (Herr Haase that
Arthur Schnitzler ist ein Sohn des berühmten verstorbenen
II1
das und fiel damit furchtbar durch); aber ich muß Herrn Müller
Er hat
Laryngologen Schnitzler in Wien und selber Arzt.
v
das Bewußtsein schärfen, daß er mit der Gestalt des Dorfrichters
schon vor einigen Jahren, ebenfalls bei S. Fischer, eine
ve
noch lange nicht fertig ist. Er hat ihn breit und derb in nieder¬
Sammlung kleiner Einakter herausgegeben, deren ge¬
ländischer Manier angelegt und war stellenweise fast humoristisch.
meinsamer Titelbeld „Anatol“ die Liebeleien seiner Jung¬
Aber alles war aus einem kühlen und rlaren Verstand heraus¬ mn
gesellenzeit durchlebt: es sind feine, oft recht witzige, zu¬
gearbeitet. Man sah in ein wohlgeordnetes Hirn. Bein
weilen etwas gespreizte ziemlich ungezogene Nippes. Man
sieht einen reichen, guten Jungen, dem man wünschen möchte, daß Sünder Adam jedoch wirbelt und quirft alles wild phantastis., #i
er nicht so viel Zeit für all diesen Herzeustand übrig behalte. durcheinander; Lug und Trug überschlagen sich hinter diesem de
In dem größeren und ernsteren Schauspiele, das wir jetzt auf= perrückenlosen Schädel; tausend Erfindungen der Einbildungs-jwi
kraft und Windbentelei drehen immer fester den Strick um diesen fe.
führen sahn, kehrt jener Anatol unter anderm Namen wieder.
ge
Hals; nie war ein großer Halunke possierlicher. Wenn ich Herrn
Er heißt jetzt Fritz, ist jedoch derselbe gute reiche Wiener Junge
Müllers Leistung verständig neune, so liegt darin ein halber
al
wie jener. Aber während Anatol am Hochzeitmorgen von seiner
Einwand. Frau Meyer als Martha Rull hat die schweren
letzten Liebschaft wehmüthigen Abschied u. imt, nimmt Fritz am
Verse am besten gesprochen; das Bauernweib aber fehlte. Herr
Abend vor seinem Tode Abschied von seiner ersten und
Biensfeld als Ruprecht gehörte zu den ganz Guten, Herr
einzigen wahren Liebe. Während sein Verhältniß zu einer ver¬
Fischer als Schreiber Licht zu den ganz Guten. Die übrigen
heiratheten Mondaine anfängt ihn zu ängstigen, sucht n bei
waren weder das eine noch das andere. P. S.
einem Mädchen aus dem Volk „Erholung“. Während ihm der
betrogene Gatte jeuer Dame das Leben bedroht, erkennt er, daß
dieses Mädchen aus dem Volk ihn fürs Leben liebt. Auch in
Residenz=Theater.
sein eigenes Herz kehrt die Liebe ein, während er einer Liebelei
Mittwoch, 5. Februar. Zum ersten Male: „Hotel zum Freie#
zum Opfer fällt. Er wird im Zweikampf getödtet; das Mädchen
stürzt sich im ersten Aufruhr ihrer Empfindungen viele Stock hoch hafen“ (IHôtel. du. I4
zum Feuster hinaus.
Das ist der Inhalt des Stücks, seine bündige Auekdote. Was
Reg
das Stück reich macht, ist die Fülle der seelischen Eindrücke, die
alle eine Beziehung auf das arme Mädchen haben. Während
jener Anatol in den Wirrungen seines weiten Herzens selbst¬
rech
gefällige Hauptperson war, tritt hier der liebelnde Fritz zurück
fasse
hinter dem Mädchen, mit dem er ein erstes bestes kleines Ver¬ seil
hältniß anzubändeln vermeinte, und das ihn nun mit der
geo
keuschen Gluth einer großen Liebe überrascht. Wir sehn,
kom
wie dieses Mädchen in scheuer Vergnügtheit das flotte,
lun
lustige Schmarotzerleben kennen lernt das die Wiener jennesse) uac
dorée mit ihren Grisetten führt. Die Gezenwart des Geliebten
gek.
verklärt ihr diesen Tand, an dem sie sich freut, ohne innerlichin
daran betheiligt zu sein. Wir sehn ihr heimlisches Glück durchwar
nachbarliche Lästerzungen beleidigt, wir sehn sie vom Stelldichein
ein
mkehren, bei dem der Erwartete ausgeblieben war. Wir sehn,
Fri
esie, glückselig enttäuscht, dem Liebsten ihr Stübchen, ihre
Zu
ebensächelchen zeigen darf, wir sehn bei alledem in ihrer
zun
Brust die dumpfe Ahnung, daß dieses Maienglück verwehen wird,
gu
wie draußen die Blüthen des Flieders. Sie möchte alles wissen] Be
von ihrem Liebsten, und er sagt ihr nichts. Sie möcht' ihn
zus
immer fragen, und er verbietet ihr das Fragen. In dieser Un=nie
gewißheit, wankend zwischen Furcht und Hoffnung, verzehrt sie] De
sich; als die Gewißheit kommt, sind auch schon Verzweiflung vor
und Tod da. Man hat ihn sterben lassen, ohne sie zu
nu
rufen. Man hat ihn begraben, ohne ihr's anzusagen.
ver
Denn was soll ein kleines Verhältniß“, eine kleine
schl
„Liebelei“ unter den standesgemäßen Leidtragenden? Sie hat ihn
schl
auf Erden im Leben und im Tode nicht finden können. Nun sucht
Ho
sie ihn dort drüben. Wir bleiven zurück bei dem Papa, dem sie
der
sich anvertraut hatte, der ihr das bischen Erdenglück gegönnt
zur
hätte, auch wenn es flüchtig gewesen wäre, und dem nun seine
der
alten Beine den Hilfedienst versagen: er hat nicht die physische
we
und feelische Kraft, sein Kind ins glückiose Dasein zurückzuretten.
uni
Obwohl der Dichter von einer künstlerischen Konstruktion aus¬
die
geht, obwohl er nach alter Lustspieltechnik das ernste Liebespaar
zuf
zu einem muntern Liebelpärchen in künstlichen Gegensatz stellt
ein
ins durch das andre fortwährend beleuchtet, so ist doch alles
voll echt, wahr und klar in dem Stück; mit einem einzigen
Griff ins Leben ist das Komplizirteste so gefaßt, daß es
auf der Hand liegt. Es ist in seiner wohlig¬
sstimmung so rührend natürlich, wie H
eogeseheststenichehege
##f künftlerisch geinen als Haldes
und witzig formulirten Bemerkungen, aber sie quissen aus dersun
Situation und sind den Leuten, die sie machen, mundgerecht.
ein
Vom kindisch maßlosen Lebensgenuß hebt sich eine süße Traurig¬
Va
keit ab, als fielen draußen vom Flieder die Blüthen ab.
Einer
bel
freien Auffassuna von Leben und Liebe, dem übermüthigen Spiel
W
mit Herzen und Sinnsn setzt das Memento mori die Schranke.
Möchte den Dichter ein ebenso gutes Finderglück zu neuen, reifern
Entwürfen tragen; denn die Anatols kennen wir nun schon.
Der Dichter stellt an die Bühnendarstellung sehr kecke
die
Forderungen. Der Gatte, der in das Haus des Ehebrechers
Ko
W
tritt, um den vergessenen Schleier seiner Frau zu holen, der
zweimal gegen den armen Sünder die Faust hebt und dann weg¬
ha¬
geht, um ihn todt zu schießen, ist nicht von erstwem zu spielen.
kla
Herr Nissen stellte meisterhaft dar, wie die gesellschaftliche Er¬
Te
ziehung des vornehmen Herrn der natürlichen Brutalität des
bei
empörten Mannes Halt gebot. Ebenso fein gab Frau Marie
Zu
Partgd
A
K
1eI11
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Tunir
Im „Deutschen Theater“ jedoch, wo man sich auf Kleist besonders
Theater und Musik.
versteht, müßte der Ton auf ganz liegen. Ich will nicht da
Deutsches Theaier.
fri
so boshaft sein, den Geist Dörings, der zugleich ein
Dienstag, 4. Februar. Zum ersten Mal: „Liebelei“. Schau¬
ge
spiel in drei Akten von Arthur Schnitzler. Regie: Herr] Kovold und ein Dämon war, herabzurufen; ich will vom
Nachfolger im Amte nicht fordern, daß er sich alle die köstlichen zth
Hachmann. (Buchausgabe bei S. Fischer, Berlin.)
Einfälle des seligen Meisters zu eigen mache (Herr Haase that
Arthur Schnitzler ist ein Sohn des berühmten verstorbenen
II1
das und fiel damit furchtbar durch); aber ich muß Herrn Müller
Er hat
Laryngologen Schnitzler in Wien und selber Arzt.
v
das Bewußtsein schärfen, daß er mit der Gestalt des Dorfrichters
schon vor einigen Jahren, ebenfalls bei S. Fischer, eine
ve
noch lange nicht fertig ist. Er hat ihn breit und derb in nieder¬
Sammlung kleiner Einakter herausgegeben, deren ge¬
ländischer Manier angelegt und war stellenweise fast humoristisch.
meinsamer Titelbeld „Anatol“ die Liebeleien seiner Jung¬
Aber alles war aus einem kühlen und rlaren Verstand heraus¬ mn
gesellenzeit durchlebt: es sind feine, oft recht witzige, zu¬
gearbeitet. Man sah in ein wohlgeordnetes Hirn. Bein
weilen etwas gespreizte ziemlich ungezogene Nippes. Man
sieht einen reichen, guten Jungen, dem man wünschen möchte, daß Sünder Adam jedoch wirbelt und quirft alles wild phantastis., #i
er nicht so viel Zeit für all diesen Herzeustand übrig behalte. durcheinander; Lug und Trug überschlagen sich hinter diesem de
In dem größeren und ernsteren Schauspiele, das wir jetzt auf= perrückenlosen Schädel; tausend Erfindungen der Einbildungs-jwi
kraft und Windbentelei drehen immer fester den Strick um diesen fe.
führen sahn, kehrt jener Anatol unter anderm Namen wieder.
ge
Hals; nie war ein großer Halunke possierlicher. Wenn ich Herrn
Er heißt jetzt Fritz, ist jedoch derselbe gute reiche Wiener Junge
Müllers Leistung verständig neune, so liegt darin ein halber
al
wie jener. Aber während Anatol am Hochzeitmorgen von seiner
Einwand. Frau Meyer als Martha Rull hat die schweren
letzten Liebschaft wehmüthigen Abschied u. imt, nimmt Fritz am
Verse am besten gesprochen; das Bauernweib aber fehlte. Herr
Abend vor seinem Tode Abschied von seiner ersten und
Biensfeld als Ruprecht gehörte zu den ganz Guten, Herr
einzigen wahren Liebe. Während sein Verhältniß zu einer ver¬
Fischer als Schreiber Licht zu den ganz Guten. Die übrigen
heiratheten Mondaine anfängt ihn zu ängstigen, sucht n bei
waren weder das eine noch das andere. P. S.
einem Mädchen aus dem Volk „Erholung“. Während ihm der
betrogene Gatte jeuer Dame das Leben bedroht, erkennt er, daß
dieses Mädchen aus dem Volk ihn fürs Leben liebt. Auch in
Residenz=Theater.
sein eigenes Herz kehrt die Liebe ein, während er einer Liebelei
Mittwoch, 5. Februar. Zum ersten Male: „Hotel zum Freie#
zum Opfer fällt. Er wird im Zweikampf getödtet; das Mädchen
stürzt sich im ersten Aufruhr ihrer Empfindungen viele Stock hoch hafen“ (IHôtel. du. I4
zum Feuster hinaus.
Das ist der Inhalt des Stücks, seine bündige Auekdote. Was
Reg
das Stück reich macht, ist die Fülle der seelischen Eindrücke, die
alle eine Beziehung auf das arme Mädchen haben. Während
jener Anatol in den Wirrungen seines weiten Herzens selbst¬
rech
gefällige Hauptperson war, tritt hier der liebelnde Fritz zurück
fasse
hinter dem Mädchen, mit dem er ein erstes bestes kleines Ver¬ seil
hältniß anzubändeln vermeinte, und das ihn nun mit der
geo
keuschen Gluth einer großen Liebe überrascht. Wir sehn,
kom
wie dieses Mädchen in scheuer Vergnügtheit das flotte,
lun
lustige Schmarotzerleben kennen lernt das die Wiener jennesse) uac
dorée mit ihren Grisetten führt. Die Gezenwart des Geliebten
gek.
verklärt ihr diesen Tand, an dem sie sich freut, ohne innerlichin
daran betheiligt zu sein. Wir sehn ihr heimlisches Glück durchwar
nachbarliche Lästerzungen beleidigt, wir sehn sie vom Stelldichein
ein
mkehren, bei dem der Erwartete ausgeblieben war. Wir sehn,
Fri
esie, glückselig enttäuscht, dem Liebsten ihr Stübchen, ihre
Zu
ebensächelchen zeigen darf, wir sehn bei alledem in ihrer
zun
Brust die dumpfe Ahnung, daß dieses Maienglück verwehen wird,
gu
wie draußen die Blüthen des Flieders. Sie möchte alles wissen] Be
von ihrem Liebsten, und er sagt ihr nichts. Sie möcht' ihn
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immer fragen, und er verbietet ihr das Fragen. In dieser Un=nie
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„Liebelei“ unter den standesgemäßen Leidtragenden? Sie hat ihn
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auf Erden im Leben und im Tode nicht finden können. Nun sucht
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sie ihn dort drüben. Wir bleiven zurück bei dem Papa, dem sie
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sich anvertraut hatte, der ihr das bischen Erdenglück gegönnt
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hätte, auch wenn es flüchtig gewesen wäre, und dem nun seine
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alten Beine den Hilfedienst versagen: er hat nicht die physische
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und feelische Kraft, sein Kind ins glückiose Dasein zurückzuretten.
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geht, obwohl er nach alter Lustspieltechnik das ernste Liebespaar
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zu einem muntern Liebelpärchen in künstlichen Gegensatz stellt
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ins durch das andre fortwährend beleuchtet, so ist doch alles
voll echt, wahr und klar in dem Stück; mit einem einzigen
Griff ins Leben ist das Komplizirteste so gefaßt, daß es
auf der Hand liegt. Es ist in seiner wohlig¬
sstimmung so rührend natürlich, wie H
eogeseheststenichehege
##f künftlerisch geinen als Haldes
und witzig formulirten Bemerkungen, aber sie quissen aus dersun
Situation und sind den Leuten, die sie machen, mundgerecht.
ein
Vom kindisch maßlosen Lebensgenuß hebt sich eine süße Traurig¬
Va
keit ab, als fielen draußen vom Flieder die Blüthen ab.
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freien Auffassuna von Leben und Liebe, dem übermüthigen Spiel
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mit Herzen und Sinnsn setzt das Memento mori die Schranke.
Möchte den Dichter ein ebenso gutes Finderglück zu neuen, reifern
Entwürfen tragen; denn die Anatols kennen wir nun schon.
Der Dichter stellt an die Bühnendarstellung sehr kecke
die
Forderungen. Der Gatte, der in das Haus des Ehebrechers
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tritt, um den vergessenen Schleier seiner Frau zu holen, der
zweimal gegen den armen Sünder die Faust hebt und dann weg¬
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geht, um ihn todt zu schießen, ist nicht von erstwem zu spielen.
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Herr Nissen stellte meisterhaft dar, wie die gesellschaftliche Er¬
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ziehung des vornehmen Herrn der natürlichen Brutalität des
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empörten Mannes Halt gebot. Ebenso fein gab Frau Marie
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