Liebel
5. Menn 1
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ereen ereree
Kunst bieten konnte: Dies einfache Wiener Mädchen, das bei
seinem guten alten Papa und der ältlichen Tante gut
geborgen und behütet war, die in dem stillen Hause fried¬
lich dahinlebte, ohne von der Welt da draußen viel berührt
zu werden. Dann, nach des alten Jüngferchens Tode,
da sie mehr auf sich selbst angewiesen ist, schließt sie
sich der kecken ehrlichen feschen Mizi an, die sie mit ihm, dem
Fritz, zusammenführt. In und mit diesem erfüllt sich ihr Schick¬
Für 50 sal. Sie liebt ihn mit der ganzen Gluth ihrer unberührten usive
100 Seele. Sie denkt nichts als ihn. Sie sehnt sich nur nach ihm, #to.
ilbar
200 ist nur glücklich in seiner Gegenwart. Da bricht es herein, Voraus.
500 was sie lange geahnt, er verläßt sie: angeblich nur für Tage.
1000 Er schreibt nicht. Fürchterliche Ahnungen quälen sie, bis end, ist das
lich sie es erfährt, daß er um einer andern willen im Duell dt es den
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Frau Sorma zeichnete dies Mädchen im Spiel der
rsten Akte überaus zart und in den weichsten entzückendsten
Linien. Schon die Art, in der die Künstlerin ihre ersten Worte
„Ich hab Dir ein paar Blumen mitgebracht“ mit halb zagender,
halb freudig bewegter Stimme, in scheuer innigster Zärtlichkeit
sprach, malte den Charakter Christine's und die Art ihrer
Liebe in den dustigsten Jarben. Dann ihre sanfte Melancholie,
ihr träumerisches Wesen, ihr Verstehen jedes Seuszers, ihr Er¬
forschen jedes Schattens auf dem Antlitz des Geliebten, ihre
stille anmuthige Hingebung: das alles schloß sich in der Dar¬
stellung der Frau Sorma zu dem zartesten Pastellbild zusammen.
Der zweite Aufzug mit dem reizenden Idyll im Dachstübchen
Christines vertiefte noch den Eindruck dieses Bildes. Doch schon
liegt die bange Furcht vor dem Unbekannten, die Angst des
Mädchens, den Geliebten zu verlieren, wie ein Schleier darüber.
Der dritte Akt steigert Christines Angst ins Ungemessene, bis
die Katastrophe fürchterlich über sie hereinbricht. Da wächst sich
bad einloche zurückhaltende Kind zur tragischen Heldin aus Ihre
Liebe erfüllte ihr ganzes Sein. Nach ihrem Zusammenbruch
kennt sie nichts anderes mehr. Nux der Tod kann diesem
gebrochenen Herzen Frieden bringen. Frau Sorma war in der
letzten Scene geradezu gewaltig. Ihre Verzweiflung wirkte bis
ins Tiesste erschütternd. Zugleich aber war sie die sein ab¬
wägende Künstlerin, die die überaus schwierige Scene genial zu
meistern wußte. Die Minuten zwischen den beiden Höhepunkten
des Auftrittes, dem Empfang der Todesnachricht und dem Aus¬
bruch wahnsinnigster Verzweiflung, die das Mädchen in den Tod
treibt, wußte Frau Sorma mit so fein abgetöntem Spiel, mit so viel
verschiedenen Nüancen in der Darstellung tiefsten Seelenschmerzes
auszusüllen, daß der Scene das Peinigende des allzulang Aus¬
gesponnenen gestern weniger anhaftete als sonst. — Die Christine
zählt sicher zu den herrlichsten und tiefstergreifenden Schöpsungen
unseres berühmten Gastes. Das Publikum machte am Schluß
der Verstellung seinen Empfindungen in lauten stürmischen
Beisallsrufen Luft.
Vor dem Schauspiel Schnitzler's wurde die kleine Plauderei
des bekannten italienischen Bühnendichters Cavalotti gegeben:
„Jephtas Tochter“. — Frau Sorma fand auch darin Ge¬
legenheit, eine eigenartige und fesselnde Frauengestalt zu schaffen.
Allerdings — wir müssen es gestehen — hat auch Frau Sorma
es nicht vermocht, uns die Beatrice ganz nahe zu bringen.
Auch in ihrer Darstellung empfanden wir noch Sprünge und
Lücken in der Zeichnung des jungen Weibes, die vielleicht nur
dann vollkommen beseitigt werden können, wenn eine italienische
Künstlerin in der Darstellung die spezifische Eigenart der Töchter
des Südens schärfer ausprägt und dadurch die Mängel nach
Möglichkeit verdeckt. Das „Klug wie die Schlaugen" und
„Saust wie die Tauben“ wird sich aber auch dann wohl nur
schwer in einer glaubwürdigen Verkörperung vereinigen lassen.
Unsern heimischen Künstlern können wir diesmal nicht das
gleiche Lob sagen, wie an den Vorabenden. Herr Stockhausen
war in beiden Stücken der Frau Sorma nicht gewachsen. Er
blieb sowohl als Fritz wie als Graf Alberti ziemlich an der
Oberfläche haften. Herr Nhil als Gemahl der großen Unbe¬
bekannten und Herr Bozenhard als Theodor waren vortrefflich.
Frau Hücker wurde der derben und drolligen Seite der Mizi
recht wohl gerecht, brachte aber das Anmuthige und Unbe¬
fangene dieses Wiener Madls weniger gut heraus. Die Arsenia
in „Jephtas Tochter“ spielte sie nicht elegant genug. Herr
Flashar als Weiring fand bei aller Sentimentalität nicht
den tiefen innigen Herzenston. Viel besser gelang ihm der
Doctor Sarchi. Frau Horvath gab die Frau Binder.
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Kunst bieten konnte: Dies einfache Wiener Mädchen, das bei
seinem guten alten Papa und der ältlichen Tante gut
geborgen und behütet war, die in dem stillen Hause fried¬
lich dahinlebte, ohne von der Welt da draußen viel berührt
zu werden. Dann, nach des alten Jüngferchens Tode,
da sie mehr auf sich selbst angewiesen ist, schließt sie
sich der kecken ehrlichen feschen Mizi an, die sie mit ihm, dem
Fritz, zusammenführt. In und mit diesem erfüllt sich ihr Schick¬
Für 50 sal. Sie liebt ihn mit der ganzen Gluth ihrer unberührten usive
100 Seele. Sie denkt nichts als ihn. Sie sehnt sich nur nach ihm, #to.
ilbar
200 ist nur glücklich in seiner Gegenwart. Da bricht es herein, Voraus.
500 was sie lange geahnt, er verläßt sie: angeblich nur für Tage.
1000 Er schreibt nicht. Fürchterliche Ahnungen quälen sie, bis end, ist das
lich sie es erfährt, daß er um einer andern willen im Duell dt es den
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Frau Sorma zeichnete dies Mädchen im Spiel der
rsten Akte überaus zart und in den weichsten entzückendsten
Linien. Schon die Art, in der die Künstlerin ihre ersten Worte
„Ich hab Dir ein paar Blumen mitgebracht“ mit halb zagender,
halb freudig bewegter Stimme, in scheuer innigster Zärtlichkeit
sprach, malte den Charakter Christine's und die Art ihrer
Liebe in den dustigsten Jarben. Dann ihre sanfte Melancholie,
ihr träumerisches Wesen, ihr Verstehen jedes Seuszers, ihr Er¬
forschen jedes Schattens auf dem Antlitz des Geliebten, ihre
stille anmuthige Hingebung: das alles schloß sich in der Dar¬
stellung der Frau Sorma zu dem zartesten Pastellbild zusammen.
Der zweite Aufzug mit dem reizenden Idyll im Dachstübchen
Christines vertiefte noch den Eindruck dieses Bildes. Doch schon
liegt die bange Furcht vor dem Unbekannten, die Angst des
Mädchens, den Geliebten zu verlieren, wie ein Schleier darüber.
Der dritte Akt steigert Christines Angst ins Ungemessene, bis
die Katastrophe fürchterlich über sie hereinbricht. Da wächst sich
bad einloche zurückhaltende Kind zur tragischen Heldin aus Ihre
Liebe erfüllte ihr ganzes Sein. Nach ihrem Zusammenbruch
kennt sie nichts anderes mehr. Nux der Tod kann diesem
gebrochenen Herzen Frieden bringen. Frau Sorma war in der
letzten Scene geradezu gewaltig. Ihre Verzweiflung wirkte bis
ins Tiesste erschütternd. Zugleich aber war sie die sein ab¬
wägende Künstlerin, die die überaus schwierige Scene genial zu
meistern wußte. Die Minuten zwischen den beiden Höhepunkten
des Auftrittes, dem Empfang der Todesnachricht und dem Aus¬
bruch wahnsinnigster Verzweiflung, die das Mädchen in den Tod
treibt, wußte Frau Sorma mit so fein abgetöntem Spiel, mit so viel
verschiedenen Nüancen in der Darstellung tiefsten Seelenschmerzes
auszusüllen, daß der Scene das Peinigende des allzulang Aus¬
gesponnenen gestern weniger anhaftete als sonst. — Die Christine
zählt sicher zu den herrlichsten und tiefstergreifenden Schöpsungen
unseres berühmten Gastes. Das Publikum machte am Schluß
der Verstellung seinen Empfindungen in lauten stürmischen
Beisallsrufen Luft.
Vor dem Schauspiel Schnitzler's wurde die kleine Plauderei
des bekannten italienischen Bühnendichters Cavalotti gegeben:
„Jephtas Tochter“. — Frau Sorma fand auch darin Ge¬
legenheit, eine eigenartige und fesselnde Frauengestalt zu schaffen.
Allerdings — wir müssen es gestehen — hat auch Frau Sorma
es nicht vermocht, uns die Beatrice ganz nahe zu bringen.
Auch in ihrer Darstellung empfanden wir noch Sprünge und
Lücken in der Zeichnung des jungen Weibes, die vielleicht nur
dann vollkommen beseitigt werden können, wenn eine italienische
Künstlerin in der Darstellung die spezifische Eigenart der Töchter
des Südens schärfer ausprägt und dadurch die Mängel nach
Möglichkeit verdeckt. Das „Klug wie die Schlaugen" und
„Saust wie die Tauben“ wird sich aber auch dann wohl nur
schwer in einer glaubwürdigen Verkörperung vereinigen lassen.
Unsern heimischen Künstlern können wir diesmal nicht das
gleiche Lob sagen, wie an den Vorabenden. Herr Stockhausen
war in beiden Stücken der Frau Sorma nicht gewachsen. Er
blieb sowohl als Fritz wie als Graf Alberti ziemlich an der
Oberfläche haften. Herr Nhil als Gemahl der großen Unbe¬
bekannten und Herr Bozenhard als Theodor waren vortrefflich.
Frau Hücker wurde der derben und drolligen Seite der Mizi
recht wohl gerecht, brachte aber das Anmuthige und Unbe¬
fangene dieses Wiener Madls weniger gut heraus. Die Arsenia
in „Jephtas Tochter“ spielte sie nicht elegant genug. Herr
Flashar als Weiring fand bei aller Sentimentalität nicht
den tiefen innigen Herzenston. Viel besser gelang ihm der
Doctor Sarchi. Frau Horvath gab die Frau Binder.