II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 591

Liebe1
5. Liesslei box 11/1
Telephon 12801.—
Elex. Welgl’s Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Ausschnitt
Nr. 20
„OBSERVER“
Tinen seen dene Brnen GrSehtesehelaie Pensschene
IX1. Türkenstrasse 12.
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Pillale in Budapest: „Pigyelo“-
Vertretungen in Berlin, Chicago, Genf, London, Newyork, Paris, Rom, Stockholm.
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Ausschnitt aus:
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ltemperament= und stimmungsvolle „Liebelei“. Ueber das Stück### gestern eingefunden hatte; der
brauche ich nichts zu sagen, da es vor drei Jahren (ebenso wiefür die Darsteller auf Grund de
Kunst und Wissenschaft.
die „Lore“) bei Bock aufgeführt wurde und daher noch in bester ein, der reichlich lohnet.
Zum Schlusse möchte ich gegen
Theaterabend veranstaltet von Frl. A. Ammler. Erinnerung sein dürfte. Die tragende Rolle der Christine spielte
—g.
— Dem Werdegang eines jungen, vielversprechenden Talents Frl. Ammler mit ihrer herzbezwingenden Natürlichkeit und Verwahrung einlegen. Pausen v
zu folgen ist eine der wenigen reizvollen Aufgaben, die einem Innigkeit, die durch knabenhafe Anmuth und eine leichte Minuten können selbst den glühe
Kritiker zufallen; doppelt angenehm wird diese Aufgabe, wenn Nüance gedämpfter, dann und wann jäh aufflammender, eine gefährlich brummige Stimmu
das betreffende junge Talent, in unserem Falle Frl. Alexandralmädchenhaft herber Leidenschaftlichkeit den Reiz erhält, der man ihm während der Vorstellu
strampel über dem Kopfe arg zug
Ammler, längere Zeit abwesend gewesen ist und nun wiedersihr Talent so liebenswürdig macht. Die schwebenden Stim¬
mungen der ersten beiden Akte, das Liebesgetändel,
einmal seinen alten Freunden Gelegenheit giebt sich seiner jungen
freudiger Jubel und aufsteigende bange Zweifel wurden von
Kunst zu freuen.
Als Fri. Ammler vor mehr als Jahresfrist als Gast in Frl. Ammler mit feiner Unterscheidung durch zarte Halbtöne
zu einem stimmungsvollen Seelenbilde verbunden, das weder
unserer Stadt weilte und in Keyserlings „Frühlingsopfer“ die
Für
durch scharfe Konturen noch durch grelle Schlaglichter beleidigte.
Orti spielte, da wollte es scheinen, daß der herzenswarme Grund¬
zug, der ihr Gretchen in Fedorows „Lebenshunger“ zu einer Der Höhepunkt der Darstellung fiel in den, nebenbei bemerkt,
bezaubernd erwärmenden Leistung machte, leicht vom Staube der stark abfallenden dritten Akt, der in seiner unmotivirten Aus¬
1 Routine verdeckt war. Frl Ammler spielte damals sehr klug dehnung nur dann erträglich sein kann, wenn die Christinen¬

und sehr fein, manche geistvolle Einzelheit überraschte und Rolle in den Händen einer so jugendlich unverfälscht empfinden¬
den Künstlerin, wie Frl. Ammler, liegt.
dennoch mußte ich damals die leise Befürchtung aussprechen
Eine vortreffliche Partnerin war Frau Lilly Frank, die
Abon' daß die junge Künstlerin Gefahr läuft aus einer darstellerischen¬
als Mizi das Gegensätzliche der beiden Mädchennaturen ein¬
Abol! Natur zu einer Routineurin zu werden.
dringlich hervorhob und das fesche Weaner=Madl mit einer
Diese Befürchtungen hat der gestrige Abend gründlich zer¬
Verve agirte, die vollständig vergessen ließ, daß man eine Lieb¬
streut. In Hartlebens „Lore“ wirkte noch Manches kühl und
haberin vor sich hatte. Woher, auf dem Wege welcher Divi¬
Inha ausgerechnet und der aufmerksame Beobachter konnte die An¬
blä
fänge einer sehr bewußten Routine bemerken. In Schnitzlersnation hat nur Frau Frank den unverfälschten Wiener Dialekt
wodt
und die kleinen spezisischen Züge der süßen Mädel aus der
„Liebelei“ brach aber die leidenschaftliche Echtheit durch, die
Phäakenstadt an der blauen Donau, das ganze Drum und Dran,
Lebe
Frl. Ammlers kostbarster Besitz ist, den zu bewahren inmitten
theil
der ertödtenden Routine und Verflachung der deutschen Schau= das diese Mädel so sorglos so liebenswürdig erscheinen läßt?
Das ist Geheimniß der Frau Frank; uns ist es aber längst kein
spielkunst ebenso schwer wie ehrenvoll ist.
Den Abend eröffnete Hartlebens „Lore“, mit Frl. Ammler Geheimniß, daß sie ein darstellerisches Talent von großer Viel¬
in der Titelrolle. Wenn, wie ich bereits sagte, Manches kühlsseitigkeit und Elastizität besitzt, um das sie viele Berufsschau¬
und ausgerechnet wirkte, so ist das wohl in allererster Liniespielerinnen beneiden können.
Die Rolle des Fritz brachte Herr Will bis auf einige un¬
darauf zurückzuführen, daß die komplizirte Psyche und das Ge¬
nöthige Unterstreichungen und einen schablonenmäßigen Abgang
bahren eines Geschöpfs wie der Lore einer sehr jungen Künstlerin,
(im dritten Akt) gut heraus. Herr Fels=Jagdmann spielte
deren Wiege nicht in Berlin gestanden hat, kaum ganz ver¬
namentlich den ersten Akt mit gutem Humor und verstand es
ständlich sein kann — hier in unserer, in mancher Beziehung
überhaupt den heiteren Lebenskünstler zu betonen, der nur dem
rückständigen Residenz fehlt es an Vorlagen für die typische
Berliner Range. Abgesehen hiervon, liegt die Begabung der Tage lebt und sich um das morgen“ keine Sorge macht. Zu
jungen Künstlerin in der diametral entgegengesetzten Richtung. wünschen wäre Herrn Fels=Jagdmann eine Dosis von Agilität.
Die kleine Rolle des Vater Weiring spielte Herr Hahn mit
Beweis hierfür die sprudelnde Ungezwungenheit mit der sie
die leidenschaftliche Absage dem langstieligen Vetter ins Ge=heiterer Gelassenheit; die bissige Frau Binder wurde von Frl.
M. Meyer bestens dargestellt. Herr Gebhard war in seiner
sicht warf. Frl. Ammler vermochte es nicht sich mit dem
spezifischen Parfüm des weiblichen Gassenbuben zu umgeben —episodischen Rolle wenig chevaleresk und noch weniger wahr, —
er mimte einen furchtbaren Franz Moor oder irgend einen anderen
sie war zu sehr die wohlerzogene junge Dame, die sich mit einer
leicht outrirten Keckheit auf ein ihr unbekanntes und wohl auch düsteren Bösewicht.
Das Zusammenspiel war glatt und ich glaube, daß der
nicht sehr sympathisches Gebiet begiebt.
Den Vetter spielte Herr Gebhard ganz vortrefflich mit Souffleur sich unnöthigerweise so sehr anstrengte — es wäre auch
einer strotzenden Fülle von pfahlbürgerlichem Behagen. Dersso gegangen. Der Saal war nicbht ganz besetzt, was sich wohl
Fred des Herrn Fels=Jagdmann hätte mehr überlegeneldurch die Müdigkeit nach den Österfeiertagen erklären läßt, viel¬
Bonhomie, mehr Phlegma aufweisen können, während der leicht auch dadurch, daß Frl. Ammler die Vermessenheit gehabt
Kleine des Herrn Will etwas zu zappelig und zu fahrig war. hat Leute wie Schnitzler und Hartleben den beliebten Koryphäen
Daß viele feinere Effekte auf der kleinen Cigarrenkisten=Bühne der Sorte Blumenthal, L'Arronge 2c. vorzuziehen, denen unser
nicht entfaltet werden konnten, ist weder Schuld der Darsteller werthes Publikum ein gerüttelt und geschüttelt Maß inniger
noch der Regie, welche letztere mit größter Umsicht gewaltet hatte. Verehrung und seelenverwandtschaftlicher Zuneigung entgegen¬
Nach einer recht, recht ausgiebigen Pause folgte Schnitzlerslbringt. Das schlechteste Publikum war es jedenfalls nicht, das