II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 882

Liebelei
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M
fentgegen. Dies Interesse rechtfertigte sich voll¬
kommen.
Die „Liebelei“ ist die Tragödie des süßen
Mädels, des jungen gebefreudigen Menschen¬
kindes, das in Leichtsinn und Grazie dem Zugeg
seines Herzens folgt, seiner#schen Sinnlichkeit,
seinem naiven Glücksvertrauen. Zuweilen schwin¬
gen wohl tiefere Untertöne mit. B. so Mancher,
wie bei Christine Weiring, hat schon die eiste
Empfindung ihre Wurzeln in das innerste Herz
gesenkt, und wenn die eine Saite reißt, ist es
eine Dissonanz fürs Leben. Es gibt Mimosen voll
heißer Leidenschaftlichkeit, sensitive Menschenblüthen,
die sterden müssen, wenn der Sonnenstrahl, der
sie wachgeküßt, verbleicht. Der andere Typus:
In hellem, vorurtheilslosem Dur. Lebensprühend.
übermüthig bis zur Frechheit, nüchtern im Denken,
zaglos im Genuß, mit ellem kleinen Egoismus,
der sich mit wirklicher Seelengüte zu paaren ver¬
mag. Das ist die Schlager=Mizi, Christinens,
Freundin.
In Fritzens Studentenoude. Ein Symposion
mit Wein und Mokkatorte, mit Blumen und
Musik. Als Entreact natürlich. Mizi und Theodor
sind sich völlig klar über die Art ihrer Bezie¬
hung. Im Freudenbecher der erste Bodensatz von
Ueberdruß, und das nächste Glas gilt einem
fröhlichen Scheiden. Sie finben Beide den Weg
ins Freie. Viel er##ner will auch Fris die Sache
nicht nehmen. Noch ist ihm Christine kaum mehr
ein anmuthiges Spi. zeug. Er empfängt auch
dschwache Gattinen in seiner Klause. Das
er ist beendet. Fritz setzt sich aus Klavier,
ine singt ein Schumannlied, dann fordert
inen Gassenhauer im Dreiviertelact, denn
ensfreude in die Bein. Da klin¬
8.
te ziehen sich zurück, ein fremder
ers
aßsprühenben Auges, den Blick
der Vernic
in dem eisigen Blick, fordert er
von Fritz den vergessenen Schleier, die Briefe
seiner Frau zurück. Der junge Ve führer steht
vor dem Rächer seiner Ehre. Er weiß, die Kuge!
des Gegners trifft ihn ins Hez.
Ein kleines Meisterstück der Realistik. Der
Rest ist geistvolle, virtuose Milieuzeichnung und
Melodram. Fritz sucht Christine im Hause ihres
Vaters auf. Der greise Theatergeiger ist der
edelste Idealist. Er kennt längst das Geheimaiß
seines Kindes. Aber er hat seine Schwester be¬
treut, bewahrt vor allem Ungemach, aller An¬
fechtung, bis sie darüber ihr bischen Lebensglück
versäumte. Und seinem Kinde will er nicht die
Sonne aus dem Leben stehlen. Als im Burg¬
theater zum ersten Mal diese goldfunkelnden
Worte großer Menschlichkeit fielen, rümpften
Mamas und Töchter von sieben Zacken aufwärts
die Näschen. Bourgeoismoral steckt am tiefsten im
Blaublut. Doch was hilft aller Poetenmuth!
Viel weiter sind wir auch heute nicht, und die
Güte des alten Secondegeigers ist noch immer
Zukunftsweisheit.
Ein langer Abschied im Marlittetheim. Zu
weich, zu lang. Fritz schützt eine Reise vor. Mit
bangen, schchluchzenden Ahnungen fällt Christine
dem Liebsten zum letzten Male um den Hots.
Fritz fällt im Duell. Vergebens sucht der greise
Vater seinem Kind die Wahrhei' zu verheimlichen.
Das arme Mädel erpreßt ###m Freunde des Lieb¬
sten die vernichtende Gewißheit, und wie ein
blutiger, höhnender Dolchstoß fährt ihr der Trost
in das junge Herz, Fritz habe auf seiner letzten
Fahrt auch von ihr gesprochen. Auch von ihr!
Auch! Wie von einer Blume, einem entliehenen
Buch, einer Kartenschuld. Aufjammernd vor unsäg¬
lichem Schmerz stürzte sie aus dem Zimmer, und
der greise, milde Vater ringt verzweifelt die
Hände: „Sie kommt niemals wieder!“
Die Aufführung war eine zufriedenstellende
und machten sich um dieselde die Damen Ha¬
raßthy, Kiss, dann die Herren Szeghö,
Partos und Czobor verdient.