II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1069

Liebele
5. „1 box 12/2
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für Zeitungs-Ausschnitte und Bibliographien
Wien, I. Concordiaplatz 4
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in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf,
Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minne¬
apolis, New-York, Paris, Rom, San Francisco,
Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangahe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus:
Vossische Zeitung, Berlis
vom:1 U s

Schiller=Theater 0.
Mit der Aufführung von Arthur Schnitzlers Schauspiel
Liebelei“ und seinem Einakter „Literatur“har das Schiller¬
Theater die äußersten Endpunkte, innerhalb deren sich das Schaffen
des Wiener Poeten bewegt, seinem Publikum vorgeführt und bei
diesem volles Verständnis für die Eigenart des Dichters gefunden
und sich abermals einen schönen Erfolg gesichert. So oft und an
so vielen Bühnen „Liebelei“ auch gegeben worden ist, überall und
immer wieder wird die schlichte Wahrheit des Vorgangs, das tragische
Schicksal der beiden Hauptpersonen die Zuhörer ergreifen und er¬
schüttern, und immer werden die Darsteller wenn nur ein Fünkchen des
heiligen Feuers in ihnen glüht, von der Junigkeit und Echtheit der
Empfindungen Christinens und ihres Liebsten selbst beseelt und zu
künstlerischem Miterleben hingerissen werden. Dazu schwang sich im
Schiller=Theater namentlich Frau Wasa auf. Für die stille innige,
mädchenhafte Hingabe Christinens im ersten Akt, die stärker
wirkende Leidenschaft im zweiten, und endlich die Verzweiflung
über den Tod des Liebsten im dritten Akt fand Frau Wasa Töne
von rührender Gewalt von überzeugender Junigkeit. Den Fritz gab
Empfindung
Conrad Wiene. Auch er besitzt
Herr
und Verständnis für seine Aufgaben, aber daneben auch
einen jugendlichen Liebhaber nicht gerade
für
manche,
wünschenswerte Eigenschaft. So beeinträchtigt zum Beispiel sein
ausgesprochen sächsischer Dialekt, der sich auch in seinem Pfeudo¬
Wienerisch nicht verleugnen ließ, mitunter recht sehr ernste
Wirkungen. Sehr nett war das lustige Paar, das in Herrn
Iwald und Fräulein Kriß ein Paar waschechte Wiener gefunden
hatte. Fräulein Kriß als gutmütiges, oberflächliches, leichtlebiges
Wiener Madel war vortrefflich, und Herr Iwald als ebenso leicht¬
lebiger, innerlich aber tiefer empfindender Theodor durchaus
Eine sehr liebenswerte Gestalt schuf
durchaus sympathisch.
Das milde Urteil,
6100
Paul Bildt als Hans Weiring.
das gütige Verstehen alles dessen was menschlich ist, und
die angstvolle Vaterliebe um seine Einzige fanden durch den ge¬
schätzten Künstler vollen Ausdruck. Mit starken Zügen des Zornes
stattete Carl Noack die Rolle des betrogenen Gatten aus, und die
kleine Rolle der Frau Binder hatte in Marie Gundra eine ge¬
wissenhafte Vertreterin gefunden. In dem auf „Liebelei“ folgenden
übermütigen Schwank „Literatur“ teilten sich Else Wasa,
Leopold Iwald und Carl Noack in das Verdienst um das wirk¬
same Stück und erwiesen sich darin nicht nur als darstellende,
sondern auch als Verwandlungskünstler von seltenen Qualitäten.
Frau Wasa als schnurrbärtige Dichterin im Hosenrock erregte wobl
das herzlichste Lachen. Der Abend bedeutete abermals einen echten
Erfolg. E. v. H.
Bitte Rückseite beachten!
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burg, Toronto.
(Quellenangabe ohne Gewähr).
Ausschuitt WERMANIA DERLIN
vom:
Im Schiller=Theater O. gab es zwei Sachen von
Arthur Schnitzter Zunächst das dreiaktige Schauspie!
„Liebeler“. Es fehlte in der Darstellung allerdings
etwas an wienerischem Dialekt, es wurde auch manchmal
zu leise gesprochen, aber es war doch im ganzen eine gute
Leistung der Regie und der Darsteller. Else Wasa
herzlicher tiefer
gab die Christine, die mit
Zuneigung alle Gedanken und Gefühle dem jungen
ahnen, in
U
Lobheimer geschenkt, ohne
Fritz
welche Händel dieser bereits verwickelt. Als sie dann endlich
erfährt, daß er um einer Frau willen im Duell gefallen,
bricht sie in ratloser Verzweiflung zusammen, um selber ein
Ende mit Schrecken zu nehmen. Diese Enttäuschung, diese
Seelenqual, dieser psychische Zusammenbruch war die Glanz¬
leistung der Künstlerin, die hier geradezu erschütternd wirkte.
Fritz wurde von Konrad Wiene gegeben, der sich mit
den schwierigen Anforderungen seiner Rolle ziemlich
abfand. Das zweite Paar, der leichtfertige Theodor Kaiser
und die gleichfalls jeder Tiefe des Denkens und des
Gemüts entbehrende, leichtsinnige, lachende Mizi Schlager
gaben Leopold Iwald und Steffi Kriß durchaus
im Geiste ihrer Rollen. Carl Noack war der beleidigte
Ehemann, kalt, überlegen, sicher, förmlich. Marie
Gundra charakterisierte gut die geschwätzige Nachbarin.
Paul Bildt gab den unglücklichen Vater der Christine,
der erst einer sehr leichten Auffassung in moralischen Dingen
das Wort redet, es aber an seinem eigenen Kinde erleben
muß, daß die Mißachtung der sittlichen Norm doch kein so
ganz besonderes „Glück“ bereitet. Dem so tragisch endenden
Drama folgte das einaktige Lustspiel „Literatur“ mit
seinen Typen aus dem modernen Sports= und noch
Die Handelnden bemühen
moderneren Literaturleben.
sich zumeist bestens, „jenseits von Gut und Böse“ zu
wandeln und man denkt und redet nicht gang „in usum
Delphini“, aber charakteristisch und gut gesehen sind diese
Gestalten, die von Else Wasa, Leopold Iwald und
Carl Noack sehr virtuos verkörpert wurden. Die Dame
bereitete den Zuschauern eine besondere Ueberraschung mit
ihrem Hosenrock=Kostüm, das der Rolle durchaus entsprach,
J. M.
aber zugleich ästhetisch schauerlich wirkte.