5. Liebelei
box 12/3
WVVVVVVVV••V•VYPPVVVVVVVVYP
Klose & Seidel
Bureau für Zeitungsausschnitte.
Bertin NO. 43, Georgenkirebplatz 21!
(Liest die meisten Zeitungen und ist das
besterganisierteste Bureau Deutschlands.)
2
Zeg
Ort: —
Wion
Datum: —
b Deutsches Volkstheater. Als Feier von
Schni#l###fünfzigstem Geburtstag eine
Neuinszonierung der „Liebelei“ und des
„Grünen Kakadu“. Mit der „Liebelei“ hat
seinerzeit der Wiener Dichter die Bühne erobert
und auch die Wiener Jugend. Dies Schauspiel
gilt jetzt beinahe als literarhistorisch, und dennoch
ist es nicht bloß lebendig geblieben, es scheint
jetzt wahrhaftig sogar besser geworden. Als es
kam, galt es als Programmstück eines Wiener
Naturalismus, man betrachtete es in jener auf¬
rührerischen Tendenzzeit wie eine Empörung —
und da mag der Aufschrei des Vorstadtmädels
gegen den noblen Geliebten, dem es bloß ein
Zeitvertreib war, zu wenig revolutionär ge¬
klungen haben. Jetzt erkennen wir das Mensch¬
liche freier, atmen gerührt den zarten Duft von
Jugend, der darüber gebreitet ist, spüren seine
seelische Einfachheit, die nie einfältig wird wie
sonst in siegreichen Volksstücken. Außerordentlich
war denn auch die Wirkung und der Beifall —
trotzdem die Darstellung recht teilnahmslos war,
auch der begabte Herr Edthofer aus falscher
fand, in dem Abschied von Schwanweiß. Dieser
zweite Akt schien auch lebhafter zu gefallen, und
eine zischende Opposition, die sich nach dem
ersten Akt stark bemerkbar machte, wurde nieder¬
applaudiert. Sobald sich Siegfried Wagner auf
der Bühne zeigte — und er kam rasch —, war
der Beifall allgemein, wie immer, wenn der
Sohn Richard Wagners vor dem Wiener
Publikum erscheint. Dem äußeren Schein nach
hatte also „Banadietrich“, dessen Hauptrollen
von den Herren Weidemann, Miller,
Leuer, Hofbauer und den Damen
Kiurina und Hilgermann ausgezeichnet
gegeben wurden, einen Premierenerfolg, der ein
wenig den goldenen Blättern gleicht, die am
Schluß des zweiten Aktes auf die Bühne,
regnen und sich rasch in gilbendes Laub verz
wandeln.
—
—
Ausechultt aus: Neue Freie Presse, Wien
1633411512
vom:
Wien, 15. Mat.
[Deutsches Volkstheater.] Gelegentlich des
fünfzigsten Geburtstages An#—Schi#lers hat das
Deutsche Volkstheater heute zwei seiner gerundetsten Vor¬
stellungen, die „Liebelei“ und den „Grünen Kakadu“, zu einer
Schnitzler=Feier verbunden. So oft man auch die „Liebelei“
gesehen haben mag, man gibt sich immer wieder entzückt der
anmutig innigen Stimmung, der seelischen Delikatesse und
Reinheit hin, die dieses nicht alternde Jugendwerk in jeder
Szene und jedem Wort umwebt. Dem „Grünen Kakadu“
ge¬
gegenüber bewundert man immer von neuem die reiche,
staltende Kraft, die in wenigen Strichen das Bild der
Pariser Revolution in einen unvergeßbar farbigen Reflex zu
fassen vermochte. In der „Liebelei“ trat neben der bisherigen,
vortrefflichen Darstellung durch die Herren Kutschera,
Edthofer, Klitsch, die Damen Waldow und
Thaller Fräulein Ehren als Christine stark hervor. Sie
hat vom Anbeginn einen zurückhaltend sympathischen, warmen
Ton, der zum Schluß die scheue, verschüchterte Herzensangst
des „Süßen Mädels“ überraschend echt, ergreifend wieder¬
klingen läßt. Der „Grüne Kakadu“ gibt, wie man weiß, be¬
sonders den Herren Kramer, Homma, Leyrer,
Russek und Klitsch und Fräulein Galafrés Ge¬
legenheit zur Entfaltung. Das Publikum nahm den Schnitzler¬
Abend mit herzlichem Beifall entgegen. Die Kenner des
Werdeganges des Dichters dachten dabei des Verdienstes des
Deutschen Volkstheaters, Artur Schnitzler zuerst, vor beinah#¬
wäptig Jahren, mit dem „Märchen“ die Bühne eröffnet #
A#en
FRUI SUITRAR
(Guellenangebe eue Gor#
Ausschaltt aus: Wien
16 S 1912
SRANR
Deutsches Volkstheater. Als eine Feier zum fünfzigsten
Geburtstag Schitzlers, die nicht übermäßig viel Arbeit
machte, wurde gestern die „Liebelei“ gegeben, mit Fräulein
Ehren als Christine. Diese wackere strebsame junge Schau¬
spielerin ist noch nicht genug eingewienert, um den richtigen
Ton für Schnitzler zu finden, aber die dramatischen Töne trug
sie mit Sicherheit und Leidenschaft vor. Dann kam die Groteske
„Der grüne Kakadu“ in der Herr Homma eine
ganz unvergleichliche Leistung bietet. Das gutbesuchte Haus war
in bester Stimmung.
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Klose & Seidel
Bureau für Zeitungsausschnitte.
Bertin NO. 43, Georgenkirebplatz 21!
(Liest die meisten Zeitungen und ist das
besterganisierteste Bureau Deutschlands.)
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Zeg
Ort: —
Wion
Datum: —
b Deutsches Volkstheater. Als Feier von
Schni#l###fünfzigstem Geburtstag eine
Neuinszonierung der „Liebelei“ und des
„Grünen Kakadu“. Mit der „Liebelei“ hat
seinerzeit der Wiener Dichter die Bühne erobert
und auch die Wiener Jugend. Dies Schauspiel
gilt jetzt beinahe als literarhistorisch, und dennoch
ist es nicht bloß lebendig geblieben, es scheint
jetzt wahrhaftig sogar besser geworden. Als es
kam, galt es als Programmstück eines Wiener
Naturalismus, man betrachtete es in jener auf¬
rührerischen Tendenzzeit wie eine Empörung —
und da mag der Aufschrei des Vorstadtmädels
gegen den noblen Geliebten, dem es bloß ein
Zeitvertreib war, zu wenig revolutionär ge¬
klungen haben. Jetzt erkennen wir das Mensch¬
liche freier, atmen gerührt den zarten Duft von
Jugend, der darüber gebreitet ist, spüren seine
seelische Einfachheit, die nie einfältig wird wie
sonst in siegreichen Volksstücken. Außerordentlich
war denn auch die Wirkung und der Beifall —
trotzdem die Darstellung recht teilnahmslos war,
auch der begabte Herr Edthofer aus falscher
fand, in dem Abschied von Schwanweiß. Dieser
zweite Akt schien auch lebhafter zu gefallen, und
eine zischende Opposition, die sich nach dem
ersten Akt stark bemerkbar machte, wurde nieder¬
applaudiert. Sobald sich Siegfried Wagner auf
der Bühne zeigte — und er kam rasch —, war
der Beifall allgemein, wie immer, wenn der
Sohn Richard Wagners vor dem Wiener
Publikum erscheint. Dem äußeren Schein nach
hatte also „Banadietrich“, dessen Hauptrollen
von den Herren Weidemann, Miller,
Leuer, Hofbauer und den Damen
Kiurina und Hilgermann ausgezeichnet
gegeben wurden, einen Premierenerfolg, der ein
wenig den goldenen Blättern gleicht, die am
Schluß des zweiten Aktes auf die Bühne,
regnen und sich rasch in gilbendes Laub verz
wandeln.
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Ausechultt aus: Neue Freie Presse, Wien
1633411512
vom:
Wien, 15. Mat.
[Deutsches Volkstheater.] Gelegentlich des
fünfzigsten Geburtstages An#—Schi#lers hat das
Deutsche Volkstheater heute zwei seiner gerundetsten Vor¬
stellungen, die „Liebelei“ und den „Grünen Kakadu“, zu einer
Schnitzler=Feier verbunden. So oft man auch die „Liebelei“
gesehen haben mag, man gibt sich immer wieder entzückt der
anmutig innigen Stimmung, der seelischen Delikatesse und
Reinheit hin, die dieses nicht alternde Jugendwerk in jeder
Szene und jedem Wort umwebt. Dem „Grünen Kakadu“
ge¬
gegenüber bewundert man immer von neuem die reiche,
staltende Kraft, die in wenigen Strichen das Bild der
Pariser Revolution in einen unvergeßbar farbigen Reflex zu
fassen vermochte. In der „Liebelei“ trat neben der bisherigen,
vortrefflichen Darstellung durch die Herren Kutschera,
Edthofer, Klitsch, die Damen Waldow und
Thaller Fräulein Ehren als Christine stark hervor. Sie
hat vom Anbeginn einen zurückhaltend sympathischen, warmen
Ton, der zum Schluß die scheue, verschüchterte Herzensangst
des „Süßen Mädels“ überraschend echt, ergreifend wieder¬
klingen läßt. Der „Grüne Kakadu“ gibt, wie man weiß, be¬
sonders den Herren Kramer, Homma, Leyrer,
Russek und Klitsch und Fräulein Galafrés Ge¬
legenheit zur Entfaltung. Das Publikum nahm den Schnitzler¬
Abend mit herzlichem Beifall entgegen. Die Kenner des
Werdeganges des Dichters dachten dabei des Verdienstes des
Deutschen Volkstheaters, Artur Schnitzler zuerst, vor beinah#¬
wäptig Jahren, mit dem „Märchen“ die Bühne eröffnet #
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FRUI SUITRAR
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Ausschaltt aus: Wien
16 S 1912
SRANR
Deutsches Volkstheater. Als eine Feier zum fünfzigsten
Geburtstag Schitzlers, die nicht übermäßig viel Arbeit
machte, wurde gestern die „Liebelei“ gegeben, mit Fräulein
Ehren als Christine. Diese wackere strebsame junge Schau¬
spielerin ist noch nicht genug eingewienert, um den richtigen
Ton für Schnitzler zu finden, aber die dramatischen Töne trug
sie mit Sicherheit und Leidenschaft vor. Dann kam die Groteske
„Der grüne Kakadu“ in der Herr Homma eine
ganz unvergleichliche Leistung bietet. Das gutbesuchte Haus war
in bester Stimmung.