II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1182

5. Liebelei
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Husschnitt aus: LIASiTieries Wieber Exfrasten
Wien
vom: „ 27 JAA1974

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blerd „Liebelei“ im Kino.) Das Elite¬
gno in der Wollzeile kann sicherlich den Ruhm be¬
anspruchen, gestern mit einem wirksamen Drama
debütiert zu haben, für das kein geringerer als Artur
Schnitzler zeichnet. Aber allzuviel Stolz wäre un¬
angebracht; denn von der „Liebelei“, dem echtesten
und lebensvollsten Stück, das Schnitzler geschaffen
hat, ist nur der Name und das Gerüst der äußeren
Handlung geblieben. Das Bildhafte, die Geste und
die Bewegung allein sind zu arm, um den ganzen
Reichtum an trauriger Wahrheit an Gefühl¬
und Menschlichkeit zu offenbaren, der in der schlichten
Rede des Volksstückes und in der Darstellung des
Schauspielers lebendig wird. Das muß Artur Schnitzler
auch selbst geahnt haben, als er vom engen Pfad
strenger Kunstauffassung sich auf den breiten Weg der
Filmdramatiker machte. Er selbst hut nämlich die
Bilder gestellt und das Stück neu für die Lichtspiele
entworfen. Dabei hat er wohlweislich die krassen
Vorgänge die man in der „Liebelei“ nur erfährt, aber
nicht sieht, im Bilde gestaltet und sie sind das eigent¬
lich kinowirksame geworden. Die Frau, um derent¬
willen Fritz Lobheimer im Duell fällt und die im
Stück nicht sichtbar ist, wird zu einer bedeutungsvollen
Episodenfigur und der Zweikampf, dessen trauriger Aus¬
gang wie eine höhere Macht aus der Dunkelheit heraus
die Lüge beleuchtet, wird selbst in den Mittelpunkt
gerückt und grell versinnbildlicht. Nur im Schluß,
wo die verlassene Christine in namenlosem Schmerz
bei der Bahre des toten Geliebten zusammenbricht
und ihr Vater an der Brust seines armen Kindes
hinsinkt, im Gefühl, daß ihm der letzte Sinn zum
Leben entschwindet, ist ein Hauch der wahren
„Liebelei“ Schnitzlers zu verspüren. Sonst ein
reizendes Kinoschauspiel mit hübschen Bildern, ge¬
schmackvoll gestellten Episoden und einer maßvollen
Darstellung, die weiß, daß in diesem Stück jede
Uebertreibung ein Stilfehler wäre, der lächerlich wirkt.]
ist nur schade, daß gerade die Bilder zur
„Liebelei", die doch das Wiener Stück ist in —
Kopenhagen gestellt und auch aufgenommen wurden.!
— —
Husschnitt aus: Neues Visner Journal, Wiar
270A1914
vom:
B
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Schnitlers „Ziebelei im Film.
Die Generalprobe.
Gestern nachmittag fand im Elitekino in der Wollzeile die
von uns bereits angekündigte Generalpeobe des Films „Liebelei“
nach dem gleichnamigen Velksstück von Artur Schnitzler
statt. Es sei gleic, an dieser Stelle bemerkt, daß der Film, der von
der Nordische Films Co. in Kopenhagen mit einer
fast zärtlichen Liebe für die Original#htung hergestellt wurde,
auf die dichtgedrängten Gäste, die zur Generalprobe ein¬
geladen waren, den stärksten Eindruck übte und zum
Schluß mit stürmischem Beisall bebacht wurde. Die Regie zeigte
sich bei der Verfilmung dieses Werkes in der Wahl der szenischen
Mittel ungemein vornehm zurückhaltend und vermird jede auf¬
dringliche Wirkung, die diese zart empfindsame Hendlung hätte
stören können. Mit besonderem Geschick entledigte sie sich der
schwierigen Aufgabe. die Szenerie sowoy. in den Intericurs, als
auch in den Straßenbildern und draußen im Freien dem Wiener
Kolorit des Stückes anzupassen, sodaß das Wiener Milieu, trotz¬
dem die Aufnahmen in Kopenhagen besorgt wurden, nirgends
vermißt wurde.
Großes Lob verdient aber vor allem auch die Darstellung,
die gleichfalls in ihrer ganzen Haltung und im Spiel die nötige
Diskretion bewahrte. Da ist zunächst Waldemar Pfilander,
der den Helden des Stülkes Fritz Lobheimer spielt und der
aus früheren Filindramen als liebenswürdiger Bouvivant
in bester Erinnerung ist. Fritz schwankt in seiner Liebe
zwischen der Gemahlin des Fabrikanten Schroll, bei der
ihn die Reife und die Erfahrung reizt, und Christine,
N#r Tochter des alten Violinspielers Weiring, deren mädchenhafte
hingebende Liebe in schärfstem Gegensatz zu Frau Schrolls Herzens¬
regungen steht. Fritz lernt Christine in der Tanzstunde kennen.
Wir erteben mit ihm seine junge Liebe, wir begleiten ihn auf
seinen Fahrten mit Christine ins Freie, wir sehen ihn in der
Theaterloge neben Frau Schroll und dann in ihrer Wohnung
und foigen ihm schließlich zum Duell, in dem er, von einer Kugel des
Fabeikanten getrossen, fällt. Da ist Christine, von Christel
Holch mit zartem Liebreiz und tiefer Innigkeit dargestellt, die
in ihrer Liebe zu Fritz an seinem Sarge zusammenbricht. Und
dann das Gegenspiel, die muntere, lebensfrohe Liebelei zwischen
Theodor und Mizzi, die in Fritz Petersen und Holger
Reenberg ausgezeichnete Darsteller gefunden haben. Adele,
die Fabrikantensgattin, die von den Lippen ihres Geliebten die
Erinnerung an vergangene Zeiten küßt, wird von Augusta Blad
verkörpert. Auch der alte Weiring und der Fabrikant Schroll
ind mit einigen Strichen scharf gezeichnet.
Das ausgeglichene Zusammen piel wirkt ungemein natürlich
und ##t in Verzindung mit den reizvollen Szenerien eine starke
dramatische Stimmung aus. Stellenweise ermöglicht der Film,
hon weil er nicht an den begrenzten Raum gebunden ist, eine
fast noch anschaulichere Darstellung des Stückes, als die Sprech¬
ihne. Bekanntlich wurde das Schauspiel „Liebelei“ im Burg¬
heater mit größtem Erfolge aufgeführt und erregte schon deshalb be¬
sonderes Interesse, weil der heimatliche Dichter in diesem Werke
zum erstenmal den Typus des süßen Mädels auf die Bühne
brachte, eine Gestalt, die sich auf diesem Wege auch einen Platz
Es
dürfte wohl
in der Literaturgeschichte eroberte.
Dienstag
kein anderes Stück Schnitzlers geben, das ein ge=be
wisses Wiener Milieu besser und packender charakterisiert. R
Die Besucher der Generalprobe erhielten als Souvenirjg
eine sorgfältig ausgestattete Broschüre, die neben einer kurzen
Inhaltsangabe und eingestreuten Filmszenen auf der Umschlag=b
seite das Porträt des Dichters Artur Schnitzler, nach der be¬!
kannten Originalradierung von E. Löwenstamm, zeigt. Der große
Erfolg den der Film in der gestrigen Generalprobe erzielt hat,
läßt erwarten, daß der „Liebelei"=Film, dessen öffentliche Premiere
am 30. Januar stattfindet, die Sensation der heurigen Kino¬
saison werden wird.