box 12/6
5. Liebelei
#
(Qucllenangabe ohne Gewähr
erstenssche Volkszeitung
Ausschnitt aus: Leoben, Steiermark
229113s3
vom:
Selle 0
F
Schaubühne.
(Leobner Stedttheater.) Artur Schnitzlers präch¬
tiges Schauspiel „Liebele!“ fand gestern vor mäßig be¬
suchtem Hause eine glänzende Darstellung. Der Inhalt des
Stückes ist je bekannt. In der Junggesellenwohnung des
Fritz leinen wir zwei innißliche Liebespaore kennen. Das
leichtferiige Theodor Mizzis und das sentimentale Fritz=Chri¬
stine. In dem Schluß des teilweise lustigen ersten Aktes
fällt ein Herr hinein, der (Fritz zum Duell fordert, weil der
Herr seine Frau oft bei Frstz gesehen hat. Der zweite Akt
ist mehr oder weniger eine flange Liebesszene zwischen Fritz
und Christine in dem beschädenen Wohnzimmer Christinens.
Im dritten Akte erfährk daß liebenbe Mädchen, daß Fritz
mittlerweile im Duell erschossen wurde; sie stürzt aus dem
Hause und ihr unglücklicher Väter spricht die ahnungsvollen
Worte: Sie kommt nicht wieder! Es war eine Darstellung,
wie man sie wohl selten an Proviaztheatern finden wird.
Herr Roberti hat sich als Spielleiter wieder ein großes
Verdienst um die ei#riges Studium voraussetzende Auf¬
führung erworben. Die Rollen lagen durchwegs in be¬
währten Händen. An die erste Stelle tritt Frl. Alpen¬
bach, eine persönliche und künstlerische Verkörperung der
Christine, die hohe Anforderungen stellt. So lieb sie im
ersten Akte, der in seinem absichtslosen Geplauder und seiner
unbekümmerten, junggesellenhaften Tischlaune einen trau¬
lichen Eindruck erweckt, zu plaudern versteht, so sicher und
glaubwürdig weiß sie im entscheidenden Augenblicke, da
Christine die niederschmetteinde Botschaft erhalt, Fritz sei
nicht nur tot, sondern auch schon begraben, ihrem grenzen¬
losen Schmerze Ausdruck zu verleihen. Einen trefflichen
Partner fand Frl. Alpenbach in Herrn Roberti, Er
gab dem Fritz seine sicher und kräftig entsprechende Stimme
und den gebührenden tragischen Zug. Die Abschiedsszene
zwischen Fritz und Christine im zweiten Akte zählte zu den
schönsten im Stücke. Im Gegenpaar sind wieder zwei voll¬
kommen gleichwertige Künstler beschäftigt. Frl. Mizi Lam¬
berg wird der ihrem Wesen recht zusagenden Partie der
Mizzi auf gefällige Weise gerecht und Herr Burger ist
als Theodor eine persönlich wie darstellerisch prächtige Er¬
scheinung. Den unglücklichen Vater Christinens wußte Herr
Mittersteiner mit vollendeter Natürlichkeit zu verkörpern.
Wir bewundern an ihm immer wieder seine große Vielfäl¬
tigkeit, die wohl nur wenigen Künstlern eigen ist. Frau
Schnutt in der Nebenpartie der tratschenden Katharina
war mit Erfolg bemüht, mit ihrer Zungendrescherei die An¬
erkennung des Publikums zu erreichen. Der betrogene Ehes“
gatte wurde von Herrn Pichler dankenswert gegeben. Die
Mühen der Spielleitung, zu der glänzenden Darstellung
auch noch eine stimmungsvolle Ausstattung anzugliedern,
waren von bestem Erfolge begleitet. Der reichliche Beifall
M. V.
war ein vollauf verdienter.
42
Ausschnitt aus:
Karbitzer Wolks-Z. atung
15 11 1913 Aussig u. E.
vom:
1
40121
„Liebelei“, Schauspiel in 3 Akten von
Artbur Schnitzler. Gestern gelangte das be¬
kannte Schntersche Schauspiel in unserem
neuen Hause zum erstenmale zur Aufführung.
Es ist dies wohl unstreitig das beste Werk
des Wiener Arztes und Dichters, denn seine
ganze Eigenart spiegelt sich in diesem wie¬
der. Schnitzler, dessen Domäne und eigent¬
liche Stärke der „Einakter“ ist, ging in die¬
ser Dichtung von der dramatischen Studie zur
größeren dramatischen Komposition, vom skep¬
tischen Lächeln zu vertiefter, ernster Betrach¬
tung, über. Auch hier bewegt er sich als ech
ter Natiralist wieder im engen Kreise des
bürgerlichen Lebens der Gegenwart auch hier
spielen wieder das „süße Mädchen“ die ver¬
heiratete Frau die ein Verhältnis hat, der
Liebhaber und der Freund eine große Rolle
lauter ureigene Gestalten Schnitzler'scher
Muse; — auch hier liefert er uns einen Bei¬
trag zur Psychologie der „lieben, süßen Mäd¬
chen“, wie Wolzogens wohlklingende Namen¬
gebung lautet. uns nun käme die Handlung:
Ein junger Student, Fritz Lobheimer (Herr
Gebhard), dem das Lieben gewohnte Beschäf¬
tigung ist, lernt in Christine Weiring (Irl.
Herting) ein junges Mädchen kennen, das ihn
wirklich innig liebt. Sie ist die Tochter eines
alten Violinspielers vom Josefstädter Theater.
(Herr Schleger). Sie nimmt das Verhältnis
tiefernst, indessen es Fritz nur als Liebelei
auffaßt. Zwei Tage, nachdem er Christine be¬
sucht hatt, erfährt sie, daß er im Duell ge¬
fallen ist, um eine andere, verheiratete Frau,!
Keine Zeile zum Abschied hatte ihr Fritz hin¬
terlassen, ja nicht einmal seine Leiche darf sie
mehr sehen. Da fühlt Christine, daß sie ihm
im Grunde nichts gewesen, obgleich sie ihm
alles gab. Und so macht sie ihrem Leben durch
Selbstmord ein Ende. — Hier bildet die Vor¬
führung eines leicht in den Tag hinein leben¬
den Liebespaares den Hintergrund für die
ernste Schilderung der aus dem Spiele erwach¬
senden, tieferen, das ganze Leben des Mäd¬
chens durchzitternden und vernichtenden Nei¬
gung.
Die Aufführung auf unserer Bühne kann
werden; insbesondere gebührt dem Spielrener
Herrn Gebhard für seine stimmungsvolle,
liebevolle Inszenierung, sowie für das flotte
Zusammenspiel vollstes Lob. Auch sein Fritz
wurde von ihm in Sprache und Geste durch¬
aus lebenswahr verkörpert. Sein treuer
Freund, der gute Kerl Theodor fand in Herrn
Dekner einen flotten, der Rolle voll ge¬
wachsenen Darsteller. Besonders im ersten Akt
wirkte sein, von jeder Uebertreibung freier,
warmer Humor erquickend. Seine ebenbürtige
Partnerin, Frl. Targler, stellte das Modi¬
stenmädchen Mizzi, mit dem leichten Sinn, und
dem guten Herzen, schick, urwienrisch, dar.
In Spiel und Auffassung gleich lobens¬
wert war Frl. Herting in der schwierigen
Rolle der Christine. Nur wäre nächstens manch¬
mal etwas mehr Deutlichkeit zu wünschen.
Auch scheint Frl. Herting manchmal, was
Dialekt anbelangt, vergessen zu haben, daß
sie an der schönen, blauen Donau lebt.
In Maske, Sprache und Darstellung ein Ka¬
binettstückchen brachte Herr Schleger als
Weising auf die Bühne. Doch auch ihm kann
für nächstes Mal, speziell im letzten Akte, mehr
Deutlichkeit empfohlen werden.
Auch die
übrigen kleineren Rollen, waren durch Frl.
Hpren
Ulr
5. Liebelei
#
(Qucllenangabe ohne Gewähr
erstenssche Volkszeitung
Ausschnitt aus: Leoben, Steiermark
229113s3
vom:
Selle 0
F
Schaubühne.
(Leobner Stedttheater.) Artur Schnitzlers präch¬
tiges Schauspiel „Liebele!“ fand gestern vor mäßig be¬
suchtem Hause eine glänzende Darstellung. Der Inhalt des
Stückes ist je bekannt. In der Junggesellenwohnung des
Fritz leinen wir zwei innißliche Liebespaore kennen. Das
leichtferiige Theodor Mizzis und das sentimentale Fritz=Chri¬
stine. In dem Schluß des teilweise lustigen ersten Aktes
fällt ein Herr hinein, der (Fritz zum Duell fordert, weil der
Herr seine Frau oft bei Frstz gesehen hat. Der zweite Akt
ist mehr oder weniger eine flange Liebesszene zwischen Fritz
und Christine in dem beschädenen Wohnzimmer Christinens.
Im dritten Akte erfährk daß liebenbe Mädchen, daß Fritz
mittlerweile im Duell erschossen wurde; sie stürzt aus dem
Hause und ihr unglücklicher Väter spricht die ahnungsvollen
Worte: Sie kommt nicht wieder! Es war eine Darstellung,
wie man sie wohl selten an Proviaztheatern finden wird.
Herr Roberti hat sich als Spielleiter wieder ein großes
Verdienst um die ei#riges Studium voraussetzende Auf¬
führung erworben. Die Rollen lagen durchwegs in be¬
währten Händen. An die erste Stelle tritt Frl. Alpen¬
bach, eine persönliche und künstlerische Verkörperung der
Christine, die hohe Anforderungen stellt. So lieb sie im
ersten Akte, der in seinem absichtslosen Geplauder und seiner
unbekümmerten, junggesellenhaften Tischlaune einen trau¬
lichen Eindruck erweckt, zu plaudern versteht, so sicher und
glaubwürdig weiß sie im entscheidenden Augenblicke, da
Christine die niederschmetteinde Botschaft erhalt, Fritz sei
nicht nur tot, sondern auch schon begraben, ihrem grenzen¬
losen Schmerze Ausdruck zu verleihen. Einen trefflichen
Partner fand Frl. Alpenbach in Herrn Roberti, Er
gab dem Fritz seine sicher und kräftig entsprechende Stimme
und den gebührenden tragischen Zug. Die Abschiedsszene
zwischen Fritz und Christine im zweiten Akte zählte zu den
schönsten im Stücke. Im Gegenpaar sind wieder zwei voll¬
kommen gleichwertige Künstler beschäftigt. Frl. Mizi Lam¬
berg wird der ihrem Wesen recht zusagenden Partie der
Mizzi auf gefällige Weise gerecht und Herr Burger ist
als Theodor eine persönlich wie darstellerisch prächtige Er¬
scheinung. Den unglücklichen Vater Christinens wußte Herr
Mittersteiner mit vollendeter Natürlichkeit zu verkörpern.
Wir bewundern an ihm immer wieder seine große Vielfäl¬
tigkeit, die wohl nur wenigen Künstlern eigen ist. Frau
Schnutt in der Nebenpartie der tratschenden Katharina
war mit Erfolg bemüht, mit ihrer Zungendrescherei die An¬
erkennung des Publikums zu erreichen. Der betrogene Ehes“
gatte wurde von Herrn Pichler dankenswert gegeben. Die
Mühen der Spielleitung, zu der glänzenden Darstellung
auch noch eine stimmungsvolle Ausstattung anzugliedern,
waren von bestem Erfolge begleitet. Der reichliche Beifall
M. V.
war ein vollauf verdienter.
42
Ausschnitt aus:
Karbitzer Wolks-Z. atung
15 11 1913 Aussig u. E.
vom:
1
40121
„Liebelei“, Schauspiel in 3 Akten von
Artbur Schnitzler. Gestern gelangte das be¬
kannte Schntersche Schauspiel in unserem
neuen Hause zum erstenmale zur Aufführung.
Es ist dies wohl unstreitig das beste Werk
des Wiener Arztes und Dichters, denn seine
ganze Eigenart spiegelt sich in diesem wie¬
der. Schnitzler, dessen Domäne und eigent¬
liche Stärke der „Einakter“ ist, ging in die¬
ser Dichtung von der dramatischen Studie zur
größeren dramatischen Komposition, vom skep¬
tischen Lächeln zu vertiefter, ernster Betrach¬
tung, über. Auch hier bewegt er sich als ech
ter Natiralist wieder im engen Kreise des
bürgerlichen Lebens der Gegenwart auch hier
spielen wieder das „süße Mädchen“ die ver¬
heiratete Frau die ein Verhältnis hat, der
Liebhaber und der Freund eine große Rolle
lauter ureigene Gestalten Schnitzler'scher
Muse; — auch hier liefert er uns einen Bei¬
trag zur Psychologie der „lieben, süßen Mäd¬
chen“, wie Wolzogens wohlklingende Namen¬
gebung lautet. uns nun käme die Handlung:
Ein junger Student, Fritz Lobheimer (Herr
Gebhard), dem das Lieben gewohnte Beschäf¬
tigung ist, lernt in Christine Weiring (Irl.
Herting) ein junges Mädchen kennen, das ihn
wirklich innig liebt. Sie ist die Tochter eines
alten Violinspielers vom Josefstädter Theater.
(Herr Schleger). Sie nimmt das Verhältnis
tiefernst, indessen es Fritz nur als Liebelei
auffaßt. Zwei Tage, nachdem er Christine be¬
sucht hatt, erfährt sie, daß er im Duell ge¬
fallen ist, um eine andere, verheiratete Frau,!
Keine Zeile zum Abschied hatte ihr Fritz hin¬
terlassen, ja nicht einmal seine Leiche darf sie
mehr sehen. Da fühlt Christine, daß sie ihm
im Grunde nichts gewesen, obgleich sie ihm
alles gab. Und so macht sie ihrem Leben durch
Selbstmord ein Ende. — Hier bildet die Vor¬
führung eines leicht in den Tag hinein leben¬
den Liebespaares den Hintergrund für die
ernste Schilderung der aus dem Spiele erwach¬
senden, tieferen, das ganze Leben des Mäd¬
chens durchzitternden und vernichtenden Nei¬
gung.
Die Aufführung auf unserer Bühne kann
werden; insbesondere gebührt dem Spielrener
Herrn Gebhard für seine stimmungsvolle,
liebevolle Inszenierung, sowie für das flotte
Zusammenspiel vollstes Lob. Auch sein Fritz
wurde von ihm in Sprache und Geste durch¬
aus lebenswahr verkörpert. Sein treuer
Freund, der gute Kerl Theodor fand in Herrn
Dekner einen flotten, der Rolle voll ge¬
wachsenen Darsteller. Besonders im ersten Akt
wirkte sein, von jeder Uebertreibung freier,
warmer Humor erquickend. Seine ebenbürtige
Partnerin, Frl. Targler, stellte das Modi¬
stenmädchen Mizzi, mit dem leichten Sinn, und
dem guten Herzen, schick, urwienrisch, dar.
In Spiel und Auffassung gleich lobens¬
wert war Frl. Herting in der schwierigen
Rolle der Christine. Nur wäre nächstens manch¬
mal etwas mehr Deutlichkeit zu wünschen.
Auch scheint Frl. Herting manchmal, was
Dialekt anbelangt, vergessen zu haben, daß
sie an der schönen, blauen Donau lebt.
In Maske, Sprache und Darstellung ein Ka¬
binettstückchen brachte Herr Schleger als
Weising auf die Bühne. Doch auch ihm kann
für nächstes Mal, speziell im letzten Akte, mehr
Deutlichkeit empfohlen werden.
Auch die
übrigen kleineren Rollen, waren durch Frl.
Hpren
Ulr