Liebelei
3. Snenen
box 12/7
EOKT191!
Freio Stimmmon.
Jubiläums=Stadttheater.
Schnißler=Anend.
Zwei auch schon hier öfters gesehene Bühnen¬
werke des noch immer vielumstrittenen Wiener
Dichters A. Schnitzler gelangten gestern vor
mittelmäßig besuchtem Hause zur Aufführung,
nämlich die dreiaktige Komödie „Liebelei“
und der Lustspiel=Einakter „Abschiedssou¬
per“. Die beiden Stücke sind bekanntlich sehr
verschieden geartet, das eine, größere, entwickelt
mit einer dem uns übrigens wesensfremden
Dichter nicht immer eigenen gewinnenden Schlicht¬
heit und tieferen Lebenswahrheit die Tragödie
des „Wiener süßen Mädels“, während das an¬
dere, kleinere, wieder ganz die spielerischen
Züge Schnitzlers trägt und eine tragikomische
Liebesepisode aus der Großstadtlebewelt ins
Wortraketenfeuer französisierender Dialogfüh¬
rung stellt. Beide Stücke haben aber das eine
gemeinsam, daß sie sogenannte „gute“ Rollen
enthalten, die der Darstellung dankbare Auf¬
gaben stellen, denen man gestern auch in recht
erfreulicher Weise gerecht wurde. Die ganze
Vorstellung zeugte überhaupt dafür, daß es der
Theaterleitung auch heuer gelungen ist, treff¬
liche, spielsichere Kräfte zu gewinnen, welche sich
allerdings zum Teile noch auf klassischem Bo¬
den zu erproben haben werden. Mit ganz be¬
sonderer, aufrichtiger Freude habe ich Frl. Rosa
Kadle begrüßt, deren reifendes Talent uns
ja schon im Vorjahre so viel des Schönen und
Eindrucksvollen geboten hat. Mit ihrer „Chri¬
aber nur
stine“ konnte ich mich allerdings
nicht ein¬
was die Auffassung betrifft
verstanden erklären; denn dieses schlichte, un¬
glückliche Kind aus dem Volke, dieses ins Mo¬
dern=Wienerische übersetzte Gretchen“ verträgt
keine heroinenhafte Aufmachung, keine effekt¬
vollen Wolterschreie u. dgl., an der ist ja alles
Gefühl, unaufdringlich und bescheiden, wie sie
gelebt und geliebt hat, wird sie schließlich auch
in den Tod gehen. Sieht man aber von der
meiner Ansicht nach irrigen Auffassung ab, so
muß der packenden schauspielerischen Durchfüh¬
rung der Rolle weitestgehendes Lob gezollt wer¬
den. Auch mit unserem lieben, alten Krois
(Christinens Vater) und mit Frau Hermine
Kadle (Katharina Binder) hat das dankbare
Publikum gerne das Wiedersehen gefeiert und
im übrigen auch den neu verpflichteten Mitglie¬
dern eine durchwegs günstige Aufnahme bereitet.
Dies gilt sowohl von Frl. Clement, wie auch
von den Herren Masera und Raul. Dieses
Darstellerkleeblatt war in beiden Stücken be¬
schäftigt und hat beidesmal sehr gut abgeschnit¬
ten. Frl. Clement war eine resche und fesche
„Schlager=Mitzi“, so ganz das leichtfüßige, gri¬
settenhafte Gegenstück zur lebensernsten, schwer¬
aber auch als Wiener
blütigen „Christine“:
„Ballettratte“ verriet die routinierte Darstelle¬
rin viel ungebundenes Soubrettentemperament.
Herr Masera ist ein guter Sprecher, dessen
Wort aber auch innere Nesonanz verrät; beson¬
7
richtig erfaßt und wieder¬
ders sein „Fritz
gegeben — war eine sehr verständige, höchst an¬
erkennenswerte Leistung. In Sprachbeherrschung
und Spielgewandtheit machte auch Herr Raul
vor ällem als „düpierter Anatol“ nur den besten
Eindruck, so daß schon die gestrige, auch in bezug
auf Regieführung einwandfreie Vorstellung eine
Reihe genußreicher Schau= und Lustspielabende
zu verbürgen scheint., Hoffentlich macht uns aber
die Zusammenstellung des Spielplanes keinen
r.
Strich durch die Rechnung.
—.—
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Freio Stimmmon.
Jubiläums=Stadttheater.
Schnißler=Anend.
Zwei auch schon hier öfters gesehene Bühnen¬
werke des noch immer vielumstrittenen Wiener
Dichters A. Schnitzler gelangten gestern vor
mittelmäßig besuchtem Hause zur Aufführung,
nämlich die dreiaktige Komödie „Liebelei“
und der Lustspiel=Einakter „Abschiedssou¬
per“. Die beiden Stücke sind bekanntlich sehr
verschieden geartet, das eine, größere, entwickelt
mit einer dem uns übrigens wesensfremden
Dichter nicht immer eigenen gewinnenden Schlicht¬
heit und tieferen Lebenswahrheit die Tragödie
des „Wiener süßen Mädels“, während das an¬
dere, kleinere, wieder ganz die spielerischen
Züge Schnitzlers trägt und eine tragikomische
Liebesepisode aus der Großstadtlebewelt ins
Wortraketenfeuer französisierender Dialogfüh¬
rung stellt. Beide Stücke haben aber das eine
gemeinsam, daß sie sogenannte „gute“ Rollen
enthalten, die der Darstellung dankbare Auf¬
gaben stellen, denen man gestern auch in recht
erfreulicher Weise gerecht wurde. Die ganze
Vorstellung zeugte überhaupt dafür, daß es der
Theaterleitung auch heuer gelungen ist, treff¬
liche, spielsichere Kräfte zu gewinnen, welche sich
allerdings zum Teile noch auf klassischem Bo¬
den zu erproben haben werden. Mit ganz be¬
sonderer, aufrichtiger Freude habe ich Frl. Rosa
Kadle begrüßt, deren reifendes Talent uns
ja schon im Vorjahre so viel des Schönen und
Eindrucksvollen geboten hat. Mit ihrer „Chri¬
aber nur
stine“ konnte ich mich allerdings
nicht ein¬
was die Auffassung betrifft
verstanden erklären; denn dieses schlichte, un¬
glückliche Kind aus dem Volke, dieses ins Mo¬
dern=Wienerische übersetzte Gretchen“ verträgt
keine heroinenhafte Aufmachung, keine effekt¬
vollen Wolterschreie u. dgl., an der ist ja alles
Gefühl, unaufdringlich und bescheiden, wie sie
gelebt und geliebt hat, wird sie schließlich auch
in den Tod gehen. Sieht man aber von der
meiner Ansicht nach irrigen Auffassung ab, so
muß der packenden schauspielerischen Durchfüh¬
rung der Rolle weitestgehendes Lob gezollt wer¬
den. Auch mit unserem lieben, alten Krois
(Christinens Vater) und mit Frau Hermine
Kadle (Katharina Binder) hat das dankbare
Publikum gerne das Wiedersehen gefeiert und
im übrigen auch den neu verpflichteten Mitglie¬
dern eine durchwegs günstige Aufnahme bereitet.
Dies gilt sowohl von Frl. Clement, wie auch
von den Herren Masera und Raul. Dieses
Darstellerkleeblatt war in beiden Stücken be¬
schäftigt und hat beidesmal sehr gut abgeschnit¬
ten. Frl. Clement war eine resche und fesche
„Schlager=Mitzi“, so ganz das leichtfüßige, gri¬
settenhafte Gegenstück zur lebensernsten, schwer¬
aber auch als Wiener
blütigen „Christine“:
„Ballettratte“ verriet die routinierte Darstelle¬
rin viel ungebundenes Soubrettentemperament.
Herr Masera ist ein guter Sprecher, dessen
Wort aber auch innere Nesonanz verrät; beson¬
7
richtig erfaßt und wieder¬
ders sein „Fritz
gegeben — war eine sehr verständige, höchst an¬
erkennenswerte Leistung. In Sprachbeherrschung
und Spielgewandtheit machte auch Herr Raul
vor ällem als „düpierter Anatol“ nur den besten
Eindruck, so daß schon die gestrige, auch in bezug
auf Regieführung einwandfreie Vorstellung eine
Reihe genußreicher Schau= und Lustspielabende
zu verbürgen scheint., Hoffentlich macht uns aber
die Zusammenstellung des Spielplanes keinen
r.
Strich durch die Rechnung.
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