iebelei
5. Lie#####e1 box 12//7
tag, für die nicht einmal — ein Unfug, der immer
Badisches Landestheater.
mehr einreißt —, ein verantwortlicher Spielleiter
Neu eingeübt: Liebelei von Schnitzler.
zeichnete. Da keiner der Mitwirkenden den Wiener
Dialekt auch nur annähernd beherrschte, so fehlte dem
In seiner Liebele; hat Schnitzteres, nie
Stück zunachst einmal die zu einer vollen Wirkung so
zu Ende geführtes Thema aufgegriffen: Das Ver¬
unumgänglich notwendige Wiener Lokalsärbung. Daß
hältnis des gesellschaftlich höher stehenden Mannes zu
die Mehrzahl unsrer gegenwärtigen Schauspieler
dem einfachen Mädchen aus dem Volke. Goethes Gret¬
nördlich des Mains geboren ist, für diesen Zufall
chen und Klärchen — Schnitzlers Christine und Hart¬
15
kann man die Bühnenleitung gewiß nicht verantwort¬
lebens Traute, es sind im Grunde immer dieselben
Gestalten und dieselben stragischen Konflikte dieserflich machen. Aber wenn dies nun einmal der Fal
ist, dann gebe man lieber solche Stücke nicht, derei
Liebestragödien. Um die Jahrhundertwende, als
Rollen von so ausgesprochen norddeutsch sprechender
Hartleben seine bitter=süßen Lore=Lieder sang und
Künstlern wie Herr Bürkner einfach nicht aus
Vierbaum seine Plättmamsell und Münchener
reichend gegeben werden können. Herr Bürkner, den
Gschpusis andichtete, da hat diese Verhältnispoesie,
man den österreichischen Dragoner nun und
die in keiner noch so dürftigen Studentenbibiliothek
nimmer glauben konnte, brachte für den Fritz wenig¬
fehlte, in manchen Köpfen und manchen Herzen böses
2
stens noch eine gewisse leichte Eleganz mit, die bei
Unheil angerichtet. Denn nicht immer lagen die Dinge
dem Theodor des Herrn Schönseld völlig fehlte.
so leicht, wie Otto Erich einmal meinte:
—
In den wundervollen, von feinstem Stimmungszauber
Wenn wir uns küssen, lieben wir uns heiß —
durchwehten ersten Szenen stieg er, die Hände ewig
Sind wir getrennt, vom andern keines weiß.
auf den Rücken gelegt, auf der Bühne herum mit
Ist das die echte Lieb? Ich glaub es kaum —
einer behäbigen Gemütlichkeit, die vielmehr zu einem
Den Wein der Jugend krönet leichter Schaum.
gutmütigen Onkel=Privatier denn zu einem leicht¬
In seiner Liebelei, die um 1895 entstand, hat
lebigen Wiener Studenten paßte. Ueber diese Steif¬
Schnitzler die düstere Kehrseite dieser tändelnden
heit und Schwerfälligkeit kam er auch den ganzen
Süßen Mädels=Poesie gezeigt, das tragische Schicksal
Abend nicht hinaus. Die einzige, die den leichten
eines tief veranlagten Mädchens, das der Hunger nach
Wiener Ton wenigstens einigermaßen traf, war Frl.
D ein bißchen Lebensfreude in das Studentenverhältnis¬
[Noormann als Mizzi. Als Christine zeigte Frl.
milien hineingetrieben hat und das an der Liebe zu
Holm leider, wo die Grenzen ihres Könnens liegen.
einem jungen Mann, für den sie letzten Endes nue
Das Tiefe und Schwermütige, das keusche Empfin¬
ein Zeitvertreib gewesen, zugrunde geht. Ihr Ge¬
dungsleben dieses reinen, feinen Mädchens vermochte
liebter fällt im Duell für eine andere. Kein Zeichen
sie nicht glaubhaft zum Ausdruck zu bringen. Mit
der Liebe hat er ihr hinterlassen. Als er am
einem traurig=sentimentalen Gesicht allein ist es nicht
Morgen hinausfährt, um sich dem von ihm betrogenen
getan. Erst in der Schlußszene gelang es der Dar¬
Gatten im Zweikampf zu stellen, da hat er auch von
stellerin, eine beachtenswerte künstlerische Höhe zu er¬
Ihr gesprochen. Dieses furchtbare Bekenuntis des
reichen. Die einzig wirklich stark und plastisch wir¬
Freundes ist der erschütternde Höhepunkt des Schau¬
kende Gestalt stellte Herr Gemmecke mit seinem
spiels, das gerade durch seine alltägliche Einfachheit
alten Weiring auf die Bühne. Die Frau Binder der
auch heute noch so ergreifend wirkt.
Vor etwa zehn Jahren haben wir hier die Liebelet! Frau Pix blieb in der Schablone stecken. Die kleine
in einer vorzüglichen Besetzung zum letztenmal ge¬
wurde in Wien einst von keinem Geringeren als
sehen. Wenn ich nicht irre, wirkten damals neben
Frl. Noormann, die auch am Samstag wiederum
Friedrich Mitterwurzer verkörpert. Er soll aus dieser
die Mizzi gab, die Herren Krones und Herz, sowie
kurzen Szene eine Tragödie für sich geschaffen haben.
Frau Ermarth als Christine mit. Die damalige Auf¬
Auch diese Szene verpuffte am Samstag ziemlich!
führung stand turmhoch über jener vom letzten Sams= eindruckslos.
Den ganzen Abend wollte keine rechte Stimmung,
auskommen, weder auf der Bühne noch im Hause.
Lediglich Frl. Noorman erzielte mit ihrer Mizzi einen
vielfach unangebrachten und störenden Heiterkeits¬
erfolg. Daß unser Schauspiel mit dieser Liebelei¬
vorstellung
im
Sommer Gastspielreisen durchs
Badnerland unternahm, stimmt uns recht bedenk¬
lich.
J.
5. Lie#####e1 box 12//7
tag, für die nicht einmal — ein Unfug, der immer
Badisches Landestheater.
mehr einreißt —, ein verantwortlicher Spielleiter
Neu eingeübt: Liebelei von Schnitzler.
zeichnete. Da keiner der Mitwirkenden den Wiener
Dialekt auch nur annähernd beherrschte, so fehlte dem
In seiner Liebele; hat Schnitzteres, nie
Stück zunachst einmal die zu einer vollen Wirkung so
zu Ende geführtes Thema aufgegriffen: Das Ver¬
unumgänglich notwendige Wiener Lokalsärbung. Daß
hältnis des gesellschaftlich höher stehenden Mannes zu
die Mehrzahl unsrer gegenwärtigen Schauspieler
dem einfachen Mädchen aus dem Volke. Goethes Gret¬
nördlich des Mains geboren ist, für diesen Zufall
chen und Klärchen — Schnitzlers Christine und Hart¬
15
kann man die Bühnenleitung gewiß nicht verantwort¬
lebens Traute, es sind im Grunde immer dieselben
Gestalten und dieselben stragischen Konflikte dieserflich machen. Aber wenn dies nun einmal der Fal
ist, dann gebe man lieber solche Stücke nicht, derei
Liebestragödien. Um die Jahrhundertwende, als
Rollen von so ausgesprochen norddeutsch sprechender
Hartleben seine bitter=süßen Lore=Lieder sang und
Künstlern wie Herr Bürkner einfach nicht aus
Vierbaum seine Plättmamsell und Münchener
reichend gegeben werden können. Herr Bürkner, den
Gschpusis andichtete, da hat diese Verhältnispoesie,
man den österreichischen Dragoner nun und
die in keiner noch so dürftigen Studentenbibiliothek
nimmer glauben konnte, brachte für den Fritz wenig¬
fehlte, in manchen Köpfen und manchen Herzen böses
2
stens noch eine gewisse leichte Eleganz mit, die bei
Unheil angerichtet. Denn nicht immer lagen die Dinge
dem Theodor des Herrn Schönseld völlig fehlte.
so leicht, wie Otto Erich einmal meinte:
—
In den wundervollen, von feinstem Stimmungszauber
Wenn wir uns küssen, lieben wir uns heiß —
durchwehten ersten Szenen stieg er, die Hände ewig
Sind wir getrennt, vom andern keines weiß.
auf den Rücken gelegt, auf der Bühne herum mit
Ist das die echte Lieb? Ich glaub es kaum —
einer behäbigen Gemütlichkeit, die vielmehr zu einem
Den Wein der Jugend krönet leichter Schaum.
gutmütigen Onkel=Privatier denn zu einem leicht¬
In seiner Liebelei, die um 1895 entstand, hat
lebigen Wiener Studenten paßte. Ueber diese Steif¬
Schnitzler die düstere Kehrseite dieser tändelnden
heit und Schwerfälligkeit kam er auch den ganzen
Süßen Mädels=Poesie gezeigt, das tragische Schicksal
Abend nicht hinaus. Die einzige, die den leichten
eines tief veranlagten Mädchens, das der Hunger nach
Wiener Ton wenigstens einigermaßen traf, war Frl.
D ein bißchen Lebensfreude in das Studentenverhältnis¬
[Noormann als Mizzi. Als Christine zeigte Frl.
milien hineingetrieben hat und das an der Liebe zu
Holm leider, wo die Grenzen ihres Könnens liegen.
einem jungen Mann, für den sie letzten Endes nue
Das Tiefe und Schwermütige, das keusche Empfin¬
ein Zeitvertreib gewesen, zugrunde geht. Ihr Ge¬
dungsleben dieses reinen, feinen Mädchens vermochte
liebter fällt im Duell für eine andere. Kein Zeichen
sie nicht glaubhaft zum Ausdruck zu bringen. Mit
der Liebe hat er ihr hinterlassen. Als er am
einem traurig=sentimentalen Gesicht allein ist es nicht
Morgen hinausfährt, um sich dem von ihm betrogenen
getan. Erst in der Schlußszene gelang es der Dar¬
Gatten im Zweikampf zu stellen, da hat er auch von
stellerin, eine beachtenswerte künstlerische Höhe zu er¬
Ihr gesprochen. Dieses furchtbare Bekenuntis des
reichen. Die einzig wirklich stark und plastisch wir¬
Freundes ist der erschütternde Höhepunkt des Schau¬
kende Gestalt stellte Herr Gemmecke mit seinem
spiels, das gerade durch seine alltägliche Einfachheit
alten Weiring auf die Bühne. Die Frau Binder der
auch heute noch so ergreifend wirkt.
Vor etwa zehn Jahren haben wir hier die Liebelet! Frau Pix blieb in der Schablone stecken. Die kleine
in einer vorzüglichen Besetzung zum letztenmal ge¬
wurde in Wien einst von keinem Geringeren als
sehen. Wenn ich nicht irre, wirkten damals neben
Frl. Noormann, die auch am Samstag wiederum
Friedrich Mitterwurzer verkörpert. Er soll aus dieser
die Mizzi gab, die Herren Krones und Herz, sowie
kurzen Szene eine Tragödie für sich geschaffen haben.
Frau Ermarth als Christine mit. Die damalige Auf¬
Auch diese Szene verpuffte am Samstag ziemlich!
führung stand turmhoch über jener vom letzten Sams= eindruckslos.
Den ganzen Abend wollte keine rechte Stimmung,
auskommen, weder auf der Bühne noch im Hause.
Lediglich Frl. Noorman erzielte mit ihrer Mizzi einen
vielfach unangebrachten und störenden Heiterkeits¬
erfolg. Daß unser Schauspiel mit dieser Liebelei¬
vorstellung
im
Sommer Gastspielreisen durchs
Badnerland unternahm, stimmt uns recht bedenk¬
lich.
J.