5. Liebelei
box 12/8
—
Brandenburger Seitung
10 Okt. 1925
Tiebelei.
Schauspiel von Arthur Schnitler.
Aufführung im Stadttheater.
Morgen werde ich eine Novelle wieder einmal lesen,
„Casanovas Heimkehr“ von A. Schnitzler, die zu dem Schön¬
gehort, wasmein Bücherschrank birgt. Da ist der
itzler, den ich liebe, dieser Psychologe von seltener Tiefe.
ist die feine leise Erotik, die herauswächst aus letzter
Romantik. Ueber alle Worte wehi da ein Duft hin, wie
von Blumen, die ihren letzten Tag blühen. Schon ist leise
Trauer. Irgendwo hat der Himmel einen Fleck. Irgenö¬
wer ist müde, leise, und doch wächst so nebenher etwas in
ihm, das auszudrücken alle Worte zu schal sind, zu abge¬
griffen, verbraucht in Jahrhunderten.
Morgen werde ich den „Anatol“ lesen, die Einatter, die
sich um diesen Namen runden. Auch von A. Schnitzler. Das
ist Abschluß einer Kultur, die uns vielleicht auch schon fremd
geworden, aber jedes Wort ist oort bedeutsam in sich. Sym¬
bolik blüht dor im Nebensächlichen.
edurch einen
Schleier sieht man die Welt und irgendwo in den Sternen
tanzt eine nackte Frau.
Schnitzlers Romane werde ich lesen, diese geschliffenen
Monologe in Prosa. Doch ..
Doch das Schauspiel „Liebelei“, von dem die Literatur¬
geschichten schon melden, daß es erfolgreich sei, werde
ich möglichst bald wieder vergessen.
erständ¬
aus der Zeit heraus,
vo Halbes: „Jugend“ Vorbild
war für Dutzende von Schauspielen. Uns gibt
nichts mehr. Nichts. Der Inhalt ist belauglos.
Auch die Wiedergabe gestern war wenig glücklich
Lill: Erdmann gab die Christine, das Wiener
Mädel, das an seiner ersten Liebe zerbricht. Gedach
ist sie von Schnitzler als das süße Mädel, um das sich lang
sam die Tragödie rundet. Lilli Erdmann spiel
be
ins Hußterische. Schon beim allerersten Auft
Souper in ihres Geliebten Heim war sie ü
anstatt süß und lieb und so war an Steigern
zu denken. Die Hauptschuld dafür trifft sicher
ur
Franz Herrmann, der das sofort unterbit
ußte.
Auch Dr. Gerhard Jeschke als Fritz Lobheimer
enttäuschte. Sein Spiel war viel zu farblos, hielt immer
nur eine Linie und konnte nicht überzeugen.
Gut war Ralf Ebersberg als Theodor Kaiser,
als Freund des Duellanten.
ind
nen
vom
latz:
Vor¬
ilon:
—
Liselotte Resni als Mizi hatte den Wiener Ton,
der auch die tragischen Rollen durchzittern mußte. Lise¬
lotte Resnis Art ist so sicher und zwingend, so frisch und
untheatralisch, daß man wenigstens eine helle Freude hatte.
Charlotte Resni verkörperte die Strumpfwirkers¬
gattin sehr echt und Franz Herrmann als alter Vater
war in Maske und Darstellung wieder vortrefflich. Schade,
daß er als Regisseur fehlgriff in der Auffassung.
Arnold Fink als Herr klar und sicher. O. B. W.
Theuter= und Kunstnachrichtes.
(Schnitzler=Aufführungen in London.] Das Internationale
Künstlertheater in London beabsichtigt, im Januar Schnitzlers
„Liebelei“ sowie später „Doktor Bernhardi“ zur
Aufführung zu bringen. Die Gesellschaft wird in den Räumen
der österreichischen Gesandtschaft einen Empfang geben, wo
Gesandter Franckenstein über das Theater in Oesterreich
sprechen wird und englische Schauspieler und Schauspielerinnen
einige Dialoge aus „Anatol“ vortragen werden.
Im Buratbeater gelangt Sau#t.
4.7.4
Ahenr
box 12/8
—
Brandenburger Seitung
10 Okt. 1925
Tiebelei.
Schauspiel von Arthur Schnitler.
Aufführung im Stadttheater.
Morgen werde ich eine Novelle wieder einmal lesen,
„Casanovas Heimkehr“ von A. Schnitzler, die zu dem Schön¬
gehort, wasmein Bücherschrank birgt. Da ist der
itzler, den ich liebe, dieser Psychologe von seltener Tiefe.
ist die feine leise Erotik, die herauswächst aus letzter
Romantik. Ueber alle Worte wehi da ein Duft hin, wie
von Blumen, die ihren letzten Tag blühen. Schon ist leise
Trauer. Irgendwo hat der Himmel einen Fleck. Irgenö¬
wer ist müde, leise, und doch wächst so nebenher etwas in
ihm, das auszudrücken alle Worte zu schal sind, zu abge¬
griffen, verbraucht in Jahrhunderten.
Morgen werde ich den „Anatol“ lesen, die Einatter, die
sich um diesen Namen runden. Auch von A. Schnitzler. Das
ist Abschluß einer Kultur, die uns vielleicht auch schon fremd
geworden, aber jedes Wort ist oort bedeutsam in sich. Sym¬
bolik blüht dor im Nebensächlichen.
edurch einen
Schleier sieht man die Welt und irgendwo in den Sternen
tanzt eine nackte Frau.
Schnitzlers Romane werde ich lesen, diese geschliffenen
Monologe in Prosa. Doch ..
Doch das Schauspiel „Liebelei“, von dem die Literatur¬
geschichten schon melden, daß es erfolgreich sei, werde
ich möglichst bald wieder vergessen.
erständ¬
aus der Zeit heraus,
vo Halbes: „Jugend“ Vorbild
war für Dutzende von Schauspielen. Uns gibt
nichts mehr. Nichts. Der Inhalt ist belauglos.
Auch die Wiedergabe gestern war wenig glücklich
Lill: Erdmann gab die Christine, das Wiener
Mädel, das an seiner ersten Liebe zerbricht. Gedach
ist sie von Schnitzler als das süße Mädel, um das sich lang
sam die Tragödie rundet. Lilli Erdmann spiel
be
ins Hußterische. Schon beim allerersten Auft
Souper in ihres Geliebten Heim war sie ü
anstatt süß und lieb und so war an Steigern
zu denken. Die Hauptschuld dafür trifft sicher
ur
Franz Herrmann, der das sofort unterbit
ußte.
Auch Dr. Gerhard Jeschke als Fritz Lobheimer
enttäuschte. Sein Spiel war viel zu farblos, hielt immer
nur eine Linie und konnte nicht überzeugen.
Gut war Ralf Ebersberg als Theodor Kaiser,
als Freund des Duellanten.
ind
nen
vom
latz:
Vor¬
ilon:
—
Liselotte Resni als Mizi hatte den Wiener Ton,
der auch die tragischen Rollen durchzittern mußte. Lise¬
lotte Resnis Art ist so sicher und zwingend, so frisch und
untheatralisch, daß man wenigstens eine helle Freude hatte.
Charlotte Resni verkörperte die Strumpfwirkers¬
gattin sehr echt und Franz Herrmann als alter Vater
war in Maske und Darstellung wieder vortrefflich. Schade,
daß er als Regisseur fehlgriff in der Auffassung.
Arnold Fink als Herr klar und sicher. O. B. W.
Theuter= und Kunstnachrichtes.
(Schnitzler=Aufführungen in London.] Das Internationale
Künstlertheater in London beabsichtigt, im Januar Schnitzlers
„Liebelei“ sowie später „Doktor Bernhardi“ zur
Aufführung zu bringen. Die Gesellschaft wird in den Räumen
der österreichischen Gesandtschaft einen Empfang geben, wo
Gesandter Franckenstein über das Theater in Oesterreich
sprechen wird und englische Schauspieler und Schauspielerinnen
einige Dialoge aus „Anatol“ vortragen werden.
Im Buratbeater gelangt Sau#t.
4.7.4
Ahenr