II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1542

Liebelei
box 13/1
% Dr. Max Goldschmidt
Büro für Zeitungsausschnitte
BERLIN N 4
Teleion Norden 3051
Ausschnitt aus
Hamburger Nachrichten
2140
1927
Theater und Kunst.
K-u. Gastspiel von Käte Dorsch in den Hamburger Kammer¬
spielen. Worun, gerade die „Liebelei“ von Schnitzler, ein
Stück, das seine Zeit gehabi hat, in dem aber nichts, gabnichs mehr
Tvon Gegenwart ist! Das Programm der Gastspiele richtet sich se
im allgemeinen nicht nach Wert und Unwert des Bühnenstückes,
sondern danach, was der Gast aus seiner Rolle herauszuholen ver¬
steht. Käte Dorsch spielte gestern die Christine und stellte dam
ihre Vielseitigkeit aufs neue umer Beweis. Diesmal in eine
gretchenhaften Gestalt. Sie knn in dieser Rolle nur einen kleinen
Bruchteil ihres Talents entfalten, da ihr, der Sprudelnden, Leben¬
digen, die Zügel einer buldenden Passivität auferlegt waren. Der
erste Akt blieb deshalb ohne besondere Wirkung. Mehr gaben die
beiden letzten Akte, in denen Kate Dorsch den Charakter der Roll:
in ihrem Sinne prägnanter gestalten konnte, ohne die Monotonie,
zu der sich bei dem etwas flachen Stimmklang die angestrebte
Schlichtheit der Künstlerin leicht verengt, ganz zu vermeiden.
Immerhin milderte ihre klare, einfach: Linie die Süßlichkeit des
Stückes, schuf eine lebenswarme und überzeugende Figur. Der leh¬,
hafte Beifall galt ihr und ihren Mitspielern, die sich erfolgreich um¬
den Rahmen der Darstellung bemühten
Dr. Max Goldschmidt
Büro für Zeitungsausschnitte
Teleion: Norden 3051
BBRLIN N4
Ausschnitt aus
Prager Presse, Prag
1. Mallver
„Liebelei“ uls Oper.“
Tschechisches Nationaltheater in Brünn.
Schnitzlers „Liebelei“, von Fr. Neumann veriont,
gelangte in Brünn, nach einer Reihe deutscher In¬
und Auslandsaufführungen, zur tschechischen Erstauf¬
führung. Neumann hat hier sein Bestes gegeben.
alle seine Vorzüge spiegeln sich in dieser Opernmusik
wider. Allerdings ist die unvermeidliche Wiener
Mitzi und der alte Wienerwalzer stark verblaßt und
durch moderne Erscheinungen abgelöst worden. Im¬
merhin, das Stück gefällt noch heute, der tanzartige
Rhyihmus und die dramatischen Effekte sind dem Li¬
bretto vorzüglich angepaßt. Das Orchester weint,
lacht, tanzt, man sieht deutlich: hier ist eine sehr ge¬
schickte Hand am Werke, viel Routine und eigene In¬
vention. Das nette Vorspiel des letzten Aktes reka¬
pituliert alle musikalischen Geschehnisse und sagt
Trübes voraus. Im Duett des Fritz mit Christa ist
die musikalische Peripetie erreicht, der tragische Aus¬
gang der harmlos begonnenen Liebelei wirkt auch im
Orchester.
Ausstaitung und Regie hatten hier keine Probleme
zu lösen. Architekt Cermäk schuf ein gemütliches
Junggesellenheim, wo alles echt und üppig wirkte.
Die Aufführung hatte ohne Zweisel einen mehr als
ireundlichen Erfolg, denn das Orchester und die
Bühne erreichten in allen drei Akten ein tadelloses
Zusammenspiel und recht lebhaften Gang der Hand¬
lung. Im Mitielpunkte der Oper stand Frau Tichä,
die mit der ihr natürlichen Anmut und lyrisch=weichen
Stimme ein richtiges Wiener Kind verkörperte,
Otava als Freund Theodor präsentierte eine voll
klingende Stimme und viel Humor. Fritz und Mitzi
(Pelc und Matesovä) waren eher schauspielerisch als
musikalisch einzuschätzen. Es ist selbstverständlich,
daß das Orchester unter der Leitung des Autor=Di¬
#rigenten, prüchtig spielle. Direkior Neumann
wurde oft gerufen und die Stimmung war eine ganz
vorzügliche.
Außer dieser Neuaufführung waren aber auch
einige Reprisen von Inieresse. „Carmen“ wurde
in einer Neubesetzung von Frl. Hlouskovä mit echt¬
südlichem Temperament und sehr schmiegsamer, in
allen gefährlichen He#en reiner Stimme gesungen
Dafür geriet das Orchester in eine etwas nerbös
Stimmung. Gutes ist von der 50. Vorstellung de
papulären „Rusalka“ zu berichten. Eine Neu
besetzung war notwendig, die junge Sängerin Rotz
zumovä ist eine liebliche Wassernixe mit guten
Stimmitteln. Die Tempi sollten freilich etwas fri¬
J. R.
scher sein.