II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1574

Liebelei
box 13/8
ee eeteeeenen
rh
Herr Franz Servaes aus Berlin über das junge Wien.
Artikel des Berliner Kritikers feiert Herrn Hermann Bahr¬
den „Schöpfer“ der jungen Wiener Bewegung: Bevor Herr Bahr¬
nach Wien kam. war es dort öde und leer. Kaum hatte er####
seine Wirksamkeit in der österreichischen Hauptstadt begonnen, so
sprossen dort auf allen Seiten die Talente empor. Arthur Schnitz¬
ler, Hugo v. Hoffmannsthal (Loris) 2c. wurden von Herrn##
Bahr entdeckt und gleichsam zur Welt gebracht, ganz abgesehen
davon, daß Herr Bahr durch seine Uebersiedelung nach Wien das
Geistesleben dieser S#och durch sein eigenes Talent bereicherte.
Es ist begreiflich, daß errn Servaes, der von Berlin aus nur
einen unvollkommenen Ueberblick über die Wiener Literaturbewegung
der letzten Jahre haben kann, bei Beurtheilung dieser Bewegung
allerlei Irrthümer unterlaufen. Weniger begreiflich ist, daß Herr
Hermann Bahr, dessen Bescheidenheit und Gewissenhaftigkeit be¬
kannt sind, in der von ihm selbst herausgegebenen Zeitschrift einen
Artikel abdruckt, worin ihm in Ueberfülle ein Lob gespendet wird,
das, wie er wohl genau weiß, unverdient ist. Die „Entbinder¬“
Fähigkeiten und Fertigkeiten des Herrn Bahr, von denen Herr
Servaes spricht, sind gewiß sehr bedeutend; aber gerade in Wien
hat Herr Bahr wenig Gelegenheit gesunden, seine Accoucheur¬
Künste zu entfallen. Diejenigen Talente, die den Ruf und das An¬
sehen der jungen Wiener Bewegung begründet haben, sind nämlich
bereits dagewesen, ehe Herr Bahr nach Wien kam. Es waren
lebenskräftige Talente, die keiner Beihilfe bedurften, um zum Da¬
sein zu gelangen und sich zu behaupten. Nur ein publicistisches
Organ war vonnöthen, um ihr Vorhandensein dem Publikum
kundzuthun. Dieser Aufgabe unterzog sich, lange vor Herrn
Bahr, die damals in Wien erscheinende Halbmonatsschrift:
„An der schönen blauen Donau“. In letzterem
Blatte, nicht aber in der „Zeit", sind die ersten Novellen
und dramatischen Dialoge von A
ur Schnitzler erschienen:
in diesem Blatte hat Hugo'v. Hofsiannsthal seine ersten Verse ver¬
öffentlicht, und von der Mitarbeiterschaft an der „Schönen blauen
Donau“ her hat er den Dichternamen Loris unter dem er, wie
Herr Servaes mittheilt, den Berlinert
raut ist. Ja, man könnte
sagen, daß fast alle jungen Talen
eichs, die seither zu
Ruf gelangt sind, in der „Schönen b
tan, diesem von der
Mißgunst der Verhältnisse viel zu fri
ckten Blatte, debütirt
haben. Als Herr Bahr nach Wien kam.
war „Jung=Wien“ be¬
reits zum größten Theil vorhanden; er hat die Bewegung nicht ge¬
schaffen, er ist ihr nicht vorangegangen, ja er ist ihr nicht einmal
immer mit dem nöthigen Verständniß gefolgt: zum Beispiel nach
Kleines Feuilleton.
der ersten Aufführung von Schnitzler's „L## Wiener
Frankfurt a. M., 6. Januar.
Burgtheater schrieb Herr Bahr in der „Zeit“ eine Kritik, die nicht
= [„Jung=Wien.“] Wir erhalten folgende Zuschrift:
wenige hämische und herabwürdigende Bemerkungen über das
Herr Redakteur! Ihr geschätztes Blatt wird mir gewiß seinen
schöne Stück enthielt, das doch eine der glänzendsten Thaten von
Beistand nicht versagen zur Berichtigung eines kleinen literatur¬
Jung=Wien war. Ich will die Beweisführung nicht ungebührlich
geschichtlichen Lapfus, der sich in der letzten Nummer der sonst so
ausdehnen, und ich denke, Herr Redakteur, daß diese wenigen
trefflich und sorgfältig redigirten Wiener Wochenschrift „Die
Zeilen bereits zur Steuer der Wahrheit genügen werden. Ergebenst
Zieit vorfindet. In der betrefsenden Nummer berichtet nämlich 1 Ein alter Jung=Wiener.“
27