II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1618

an
55
Liebelei
box 13/8
aen. dun a — I. an a
weit — viel weiter als für einen Ankömmling überhaupt
ßeren Essay seine dichterische
nöthig ist. Auf der Schwelle stand ein blonder Jüngling,
hn würdigen. Ich hätte ja
der durch seine Brille gar zornig auf uns blickte. Das
folgt. — auch sei ich einer
focht uns nur wenig an, und insbesondere ich war wenig
und seine Natur verstünden.
„geneigt, meine Vermummung abzulegen. Da trat der
he Arbeit gesprochen, wenn
Fremde denn verdrießlich näher. Es war eine geichzeitig
eundetem Kreise miteinander
hagere und derbe Gestalt, die ihren Schritt mit einer viel¬
n Straßen der Stadt schrit¬
leicht nicht ganz unabsichtlichen Wucht auf den Dielen hal¬
raus geworden. Aus kurio¬
len ließ. Wir wurden einander vorgestellt. David war der
id nur loben. Es will mir
leibliche Vetter der Hausfrau. Damals der verbummelte
de, die ich gegen ihn auf
Student wie er im Buche steht, befaßte er sich damit,
ckzudrängen. So wollte ich
Lektionen zu geben und Gedichte zu machen. Unwirsch
doch die Distanz nicht, um
schob er einen Stuhl herbei. Das bot mir Gelegenheit,
heile zu umfassen. Wäre es
auch ihm mit vieler Grazie den Vesperimbiß zu reichen.
so auf die Leinwand zu
Inzwischen wurde ihm erzählt, daß ich in der Redaktion
mir zu verlangen pflegte,
eines hervorragenden Wiener Blattes als Leitartikler wirke.
efangen genug, es auch
Das ärgerte ihn neuerdings. Erstlich, weil er überhaupt
ünschen entspreche. Mir ist,
geneigt war, Alles übelzunehmen — sodann aber auch,
r Wahrheit, wenn ich nicht
wid denke. Und ich scheine
weil er, mit mir gleichaltrig, zu arm war, um seinen
wenn ich an die dämme¬
Studien einen Abschluß bieten zu können und nun vor
die das lebendige Leben mit
mir die Ungunst seines Schicksals doppelt empfand. In
erbinden.
seinen Augen war ich das Kind, das auf der Sonnen¬
seite des Lebens aufgewachsen war. Mit Ingrimm nahm
ewöhnliche Art kennen ge¬
ternachmittage. Ich saß mit s er den Teller aus meiner Hand und fragte unvermittelt:
geistvollen Dame, die heute
„Sie sind Doktor?“
ist. Wir tranken Thee und
Ich bejahte seine Frage.
es nicht mehr. Wir wären
„Was haben Sie denn studirt?“
100
ten uns wahrscheinlich dar¬
„Ich bin Jurist.“
res Lebens standen, daß die
„Und da wollen Sie Schriftsteller werden? polterte
„Ein Jurist! Lächerlich! Solche Leute haben in der
itze an uns herantrat, daß
er.
„Literatur nichts zu suchen.“
us lag. Und so geschah es,
Tröpfchen berauschenden Ge¬
„Sie mögen Recht haben,“ entgegnete ich. „Aber das
bald in eine fröhliche Stim¬
ändert nichts an der Thatsache, daß Goethe, Heine, Hoff¬
sehr durch den Umstand ge¬
mann und Immermann Juristen waren. Ich will mich
sicherlich mit Keinem von ihnen vergleichen. Aber jedenfalls
mit einem seidenen Schlaf¬
wird durch diese Beispiele deutlich, daß Ihre Behauptung
und ihrer Herrin mittheilte,
stellte Kleidungsstück. Lothar
irrig ist.“
„Sie sollten sich das Lehrgeld für Ihre literatur¬
htig zu wissen, wie ich mich
geschichtlichen Kenntnisse zurückgeben lassen,“ höhnte er.
knehme. Und ehe ich mich
hatte mir der Bösewicht das
Nun ging ich in die Offensive über.
geworfen. Ich machte gute
„Was studiren Sie?“ fragte ich kalt.
„Ich bin Germanist,“ brummte der Andere.
nd spielle munter die Frau
bermüthigen Paare mit allem
„Schade!“ meinte ich. „Unter den großen deutschen
des, über den ich gebot, die
Dichtern gibt es gar keinen Germanisten — höchstens
enblicke öffnete sich die Thüre Gustav Freytag.“
W
Ich wußte sehr gut, daß das ganze Gespräch thöricht
war. Wenn die Musen Einen, der in der Glückshaut ge¬
boren ist, küssen wollen, dann fragen sie nicht danach,
was er gebüffelt hat. Sie haben einen englischen Hand¬
schuhmacher auf den Thron erhoben — sie haben einen
russischen Landstreicher mit der größten Auszeichnung be¬
handelt — sie haben einen steiermärkischen Schneider #it
Wohlwollen behandelt; dagegen wollten sie von Grafen
und Fürsten nur selten etwas wissen, und die gelehrten
Leute waren ihnen nie recht willkommen. David hatte sich
aber in seine These, daß dem Juristen das Paradies der
Poesie verschlossen werden müsse, förmlich verbissen. Er¬
bekam einen rothen Kopf. Die Dante des Hauses winkse
mir, daß ich den Cousin nicht in Harnisch bringen möge.
Sie lenkte die Unterredung auf ein anderes Gebiet. Mir¬
aber war die gute Laune abhanden gekommen. Ich
entledigte mich des bunten Schlafrockes und empfahl
mich.
Am anderen Tage begegne ich David auf dem B##
platze. Ganz plötzlich steht er vor mir und fragt mich in
herausforderndem Tone:
„Herr Doktor, können Sie fechten?“
„So ziemlich,“ entgegne ich.
Schon machte ich mich auf eine Forderung gefaßt.
„Kein Zweifel,“ sagte ich mir, „dieser Mannt wilt sich mit
Dir schlagen, weil Du behanptet hast, daß Goethe, zin
15
Jurist gewesen ist.“

22
Es kam aber anders.
„Ich will Ihnen eine Proposition machen, mente
David nach einigem Zögern. „Sie sind mir außerordentlich
unsympathisch. Kennen wir einander nicht mehr.“
„Nach Belieben!“
Wir lüfteten die Hüte und — kannten uns nicht
mehr. Aber dieses unerfreuliche Verhältniß war nicht von
langer Dauer. Das Schicksal hatte sich förmlich gegen uns
verschworen. Fast jede Woche geschah es, daß wir neuer¬
dings einander vorgestellt wurden. Vier= oder fünfmal
thaten wir nichts dergleichen. Aber endlich wurden wir
mürbe und fügten uns. Nach ein paar Monaten gehörten
wir einer gemeinsamen Tafelrunde an. Wir waren eine
Reihe von jungen Schriftstellern. Die Gesellschaft kam jeden
Tag im Café Ruthmayr zusammen: Dr. Theodor Heigl,
Dr. Heinrich Kana, Oswald Boxer, Dr. J. J. David —
und ich. Sie haben Alle ihres Lebens Bahn durchmessen
bis auf
sie schlummern Alle den ewigen Schlaf
FutiA