yklus
4.9. Anatol
OBSERVER
I. österr. behördl.
konzessionirtes
Bureau
für Zeitungsnachrichten
Wien, I.
Konkordiaplatz 4
WIENER ZEITUNG
4. 1910
Heute abend wurde der „Anatole-Zyklus
fünf Einakter — von Artur
chnitzlei
das Jugendwerk, in dem so viel ge¬
und schon der ganze Schnitzer ist aufgeführt.
die ersten Ersche. Wir sahen, die Frage
an das Schicksal, „Weihnachtsein¬
kaufe, Abschiedssouper, Episode¬
und Anatols Hochzeitsmorgen. Die
Darstellung war auf den her erforderten leichte¬
sten von den und in der vorge¬
Die Herren Kramer Anatol und Lackner,
waren das Bleibende im reizvollen Wechsel, in holden
Reigen der süßen Schnitzer Mädeln: Cor
Erl. Hannemann), Gabriele (Frl. Reina,
Annie Frau Glöckner), Biana Erl, Müller
und Flona (Frau Calafrés). Von einzelne wird
noch einzelnes zu berichten sein.
„OBSERVER
1. österr. behördl.
konzessionirtes
Bureau
für Leitungsnachrichten
Wien, I.
Konkordiaplatz 4
rager Tag
Anatol im Wiener Volkstheater.
Wien, 3. Dez. (Priv.) Im Deutschen Volks¬
theater wurde heute der „Anatol“=Zyklus von
Artur Schnitzler zum erstenmale aufgeführt.
Die fünf einzelnen Einakter hatte man bisher
an verschiedenen Bühnen gesehen. Diesmal sah
man den Zyklus zusammen. Für Dichter und
Darsteller gab es lebhaften, großen Beifall.
box 8/4
-
Den. konz. Unter
Ausschnitte und Bibliographie.
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Brüssel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-York, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus: Illustriertes Wie
12. 1910
Wien
um
Deutsches Volkstheater. Ein sehr glücklicher
Gedanke, gerade jetzt den „Anatol“ von Artur
Schnitzler die fünf Einakter, zusammen herauszu¬
bringen. Von „Anatol“ zu „Medardus — ein weiter,
aber geräder Weg. Den Literaturprofessoren der Zu¬
kunft bleibe es vorbehalten, im „Anatol“ die Keime
und Spuren des „Medardus, nachzuweisen und im
„Medardus die Rudimente und Verkümmerungen
des seligen Anatol. Für heute genüge es, den
schönen Erfolg festzustellen und vor allem zu sagen,
daß sich die Leute auf geistreiche Weise amüsiert
fühlten und daß die Anatoliaden noch lange
nicht verstaubt und verblüht anmuten. Sie sind noch
duftiger Blumengarten und keineswegs Herbarium,
Und es sind doch immerhin schon einige Jährchen,
seit Schnitzler das süße Mädel entdeckt oder erfunden
hat. Unser Deutsches Volkstheater — welche andere
Bühne wäre so reich an anmutigen, jungen und ver¬
anlagten Künstlerinnen — ist in der angenehmen
Lage, fünf süße Mädchen ins Liebesfeuer schicken zu
können — und sogar die „zweite Garnitur, könnte
noch an anderen guten Theatern Figur machen.
Anatol war natürlich Herr Kramer. Wer sonst
auch Nummer Eins: „Die Frage an das Schicksal.
Man hat das feine Stückchen in letzter Zeit öfters
gesehen. Hier hatte es Duft und Stimmungsreiz
und die ironischen Pointen wurden nicht unter¬
strichen. Herr Lackner war der Stichworte bringende,
das Hölzel werfende Freund. Er hat jetzt einen an¬
genehmen Konversationston. Fräulein Hannemann
träumte die Cora sehr lieblich. In den „Weihnachts¬
einkäufen", Straßenszene im Schneegestöber, plauderte
das entzückende Fräulein Reinau sehr graziös mit
Herrn Kramer, der hier eine flüchtige Aehnlichkeit mit
dem Pfarrer von Kirchfeld aufwies. Dafür war
Herr Kramer im „Abschiedssouper von geradezu ent¬
fernt an Hartmann anklingender Eleganz der Rede,
auch der Bewegung. Frau Glöckner stellte als
Annie ein fesches Wiener Ballettmädel hin, die sich
auskennt. In „Episode sahen wir Paula Müller,
Zirkusdame ohne Liebesgedächtnis. Es war ganz
besonders reizend. Wieder waren Kramer und Lackner
ein glücklich auf einander eingestimmtes Freundes¬
paar. In „Anatols Hochzeitsmorgen" trat Frau
Galafrés als temperamentvolle erregte Ilona ins
Vordertreffen und siegte gewohntermaßen. Artur
Schnitzler wurde nach jedem der drei letzten Stücke
wiederholt und lebhaft gerufen. Die fünf liebens¬
würdigen Stückchen wirkten wie eine gute Novität.
ist echte poetische Heiterkeit in ihnen und
echte Jugend. Und man ersieht wieder einmal, daß
von allen Deutschen die Wiener von den Franzosen
am meisten profitiert haben, profitieren konnten. Seit
den Proverbes von Musset — die man gelegentlich
wieder einmal versuchen könnte. — ist nichts in dieser
Art erschienen, das an Schnitzler reichte. Ja, wenn die
Dichter von der Liebe plaudern und von den ach so
süßen Mädeln, dann werden auch die Grämlichsten
und moralisch Verdrossensten wieder jung und leicht¬
sinnig — wenigstens für so lange, als sie ihnen
lauschen.
4.9. Anatol
OBSERVER
I. österr. behördl.
konzessionirtes
Bureau
für Zeitungsnachrichten
Wien, I.
Konkordiaplatz 4
WIENER ZEITUNG
4. 1910
Heute abend wurde der „Anatole-Zyklus
fünf Einakter — von Artur
chnitzlei
das Jugendwerk, in dem so viel ge¬
und schon der ganze Schnitzer ist aufgeführt.
die ersten Ersche. Wir sahen, die Frage
an das Schicksal, „Weihnachtsein¬
kaufe, Abschiedssouper, Episode¬
und Anatols Hochzeitsmorgen. Die
Darstellung war auf den her erforderten leichte¬
sten von den und in der vorge¬
Die Herren Kramer Anatol und Lackner,
waren das Bleibende im reizvollen Wechsel, in holden
Reigen der süßen Schnitzer Mädeln: Cor
Erl. Hannemann), Gabriele (Frl. Reina,
Annie Frau Glöckner), Biana Erl, Müller
und Flona (Frau Calafrés). Von einzelne wird
noch einzelnes zu berichten sein.
„OBSERVER
1. österr. behördl.
konzessionirtes
Bureau
für Leitungsnachrichten
Wien, I.
Konkordiaplatz 4
rager Tag
Anatol im Wiener Volkstheater.
Wien, 3. Dez. (Priv.) Im Deutschen Volks¬
theater wurde heute der „Anatol“=Zyklus von
Artur Schnitzler zum erstenmale aufgeführt.
Die fünf einzelnen Einakter hatte man bisher
an verschiedenen Bühnen gesehen. Diesmal sah
man den Zyklus zusammen. Für Dichter und
Darsteller gab es lebhaften, großen Beifall.
box 8/4
-
Den. konz. Unter
Ausschnitte und Bibliographie.
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Brüssel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-York, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus: Illustriertes Wie
12. 1910
Wien
um
Deutsches Volkstheater. Ein sehr glücklicher
Gedanke, gerade jetzt den „Anatol“ von Artur
Schnitzler die fünf Einakter, zusammen herauszu¬
bringen. Von „Anatol“ zu „Medardus — ein weiter,
aber geräder Weg. Den Literaturprofessoren der Zu¬
kunft bleibe es vorbehalten, im „Anatol“ die Keime
und Spuren des „Medardus, nachzuweisen und im
„Medardus die Rudimente und Verkümmerungen
des seligen Anatol. Für heute genüge es, den
schönen Erfolg festzustellen und vor allem zu sagen,
daß sich die Leute auf geistreiche Weise amüsiert
fühlten und daß die Anatoliaden noch lange
nicht verstaubt und verblüht anmuten. Sie sind noch
duftiger Blumengarten und keineswegs Herbarium,
Und es sind doch immerhin schon einige Jährchen,
seit Schnitzler das süße Mädel entdeckt oder erfunden
hat. Unser Deutsches Volkstheater — welche andere
Bühne wäre so reich an anmutigen, jungen und ver¬
anlagten Künstlerinnen — ist in der angenehmen
Lage, fünf süße Mädchen ins Liebesfeuer schicken zu
können — und sogar die „zweite Garnitur, könnte
noch an anderen guten Theatern Figur machen.
Anatol war natürlich Herr Kramer. Wer sonst
auch Nummer Eins: „Die Frage an das Schicksal.
Man hat das feine Stückchen in letzter Zeit öfters
gesehen. Hier hatte es Duft und Stimmungsreiz
und die ironischen Pointen wurden nicht unter¬
strichen. Herr Lackner war der Stichworte bringende,
das Hölzel werfende Freund. Er hat jetzt einen an¬
genehmen Konversationston. Fräulein Hannemann
träumte die Cora sehr lieblich. In den „Weihnachts¬
einkäufen", Straßenszene im Schneegestöber, plauderte
das entzückende Fräulein Reinau sehr graziös mit
Herrn Kramer, der hier eine flüchtige Aehnlichkeit mit
dem Pfarrer von Kirchfeld aufwies. Dafür war
Herr Kramer im „Abschiedssouper von geradezu ent¬
fernt an Hartmann anklingender Eleganz der Rede,
auch der Bewegung. Frau Glöckner stellte als
Annie ein fesches Wiener Ballettmädel hin, die sich
auskennt. In „Episode sahen wir Paula Müller,
Zirkusdame ohne Liebesgedächtnis. Es war ganz
besonders reizend. Wieder waren Kramer und Lackner
ein glücklich auf einander eingestimmtes Freundes¬
paar. In „Anatols Hochzeitsmorgen" trat Frau
Galafrés als temperamentvolle erregte Ilona ins
Vordertreffen und siegte gewohntermaßen. Artur
Schnitzler wurde nach jedem der drei letzten Stücke
wiederholt und lebhaft gerufen. Die fünf liebens¬
würdigen Stückchen wirkten wie eine gute Novität.
ist echte poetische Heiterkeit in ihnen und
echte Jugend. Und man ersieht wieder einmal, daß
von allen Deutschen die Wiener von den Franzosen
am meisten profitiert haben, profitieren konnten. Seit
den Proverbes von Musset — die man gelegentlich
wieder einmal versuchen könnte. — ist nichts in dieser
Art erschienen, das an Schnitzler reichte. Ja, wenn die
Dichter von der Liebe plaudern und von den ach so
süßen Mädeln, dann werden auch die Grämlichsten
und moralisch Verdrossensten wieder jung und leicht¬
sinnig — wenigstens für so lange, als sie ihnen
lauschen.