II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 38

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4.9. Anatol - Zyklus
Telephon 12.801.
4.
-
OBSER
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Ausschnitte und Bibliographie.
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New-York, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
gelangt dann die
Ausschnitt aus der
en

unter
Berliner Premieren.
Berlin, 3. Dez. (Privattel.) Arthur Schnitzler
bekannte Szenenreihe „Anatol, die mit elegante
Ironie psychologische Bildchen aus dem wechsel¬
wollen Liebesleben eines Wiener Lebemannes und
Stimmungskünstlers festhält, wurde im Lessing
heater in 5 Akten zum ersten Male gegeben.
Dabei erwiesen sich Teile „Frage an das Schick¬
sal und Abschiedssouper wieder als die bühnen¬
wirksamsten. Auch der Schluß gefiel. Im übri¬
gen zeigte sich daß diese kleinen feinen Scherze
doch zu zart sind, um auf der Bühne in größerer
Anzahl hintereinander sich behaupten zu können.
Im ganzen wurde eine freundliche Aufnahme er¬
zielt.

Das Neue Schauspielhaus führte
ne
Ausschnitt aus:
vom
4-OUEN. 1916
Theater und Musik.
J. K. Das Lessing=Theater brachte gestern
Sonnabend) zum erstenmal Arthur
bekannten Anatolius
führung jene vor etwa 17 Jahren, zu Beginn
der schriftstellerischen Laufbahn des Dichters er¬
schienenen dramatischen Skizzen, in denen er mit
Geist und Grazie Liebesfreud und leid de¬
„leichtsinnigen Melancholikers Anatol schildert.
Dem Publikum bereiteten die mehr oder minder
olligen Abenteuer des tragikomischen Helden
der Dekadenz lebhaftes Vergnügen, die reizvollen
Pointen des Dialogs fanden vollstes Verständ¬
nis; es war ein ungetrübt heiterer Abend, den
schon deswegen kein Mißton störte, weil Mon¬
sieur Anatol ja ein guter, alter Bekannter war.
den man nicht mit kritischen Augen zu betrachten
brauchte. Den herzhaftesten Beifall fand die be¬
kannteste der Szenen, das vielgegebene Ab¬
schieds souper; sehr belustigend wirkte
„Anatols Hoheitsmorgen, der so
drastisch den Schwerenter in schwerer Not
darob zeigt, wie er einer eben wiedergefundenen
rabiaten Freundin entkommen soll, um seinen
hochzeitlichen Verpflichtungen nachzugehen, und
einen recht anheimelnden Eindruck machte die in
feinerem Ton gehaltene Skizze: „Weihnachts¬
einkäufe, die an Anatols vergebenes
Liebeswerben um die Gunst einer schönen Frau
erinnert, die nicht den Mut hat, so glücklich
mit ihm zu sein, wie sein süßes Mädel aus der
Vorstadt. Ziemlich matt wirkte die „Episode".
deren inhaltlicher Reiz für die Bühne gar zu
kärglich ist, und die „Frage an das
Schicksal nahm man als niedliche Ein¬
leitung zu den weiteren Heldentaten Ana¬
ängstlich davor zurückscheut, sich
tols, der
von der hypnolisierten Geliebten die Frage
nach ihrer Treue beantworten zu lassen, in
endlich abwartender Laune hin. Heinz Mon¬
nand gab den Anatol mit trefflicher Charakteristik
und einer Fülle natürlichen, liebenswürdigen
Humors, der auch die bedenklichsten Seiten des
schwächlichen Weiberhelden versöhnlich über¬
strahlte. Das war kein schablonisierter Witzblatt¬
trottel, keine kecke Schwankfigur, sondern ein
Mensch, der überraschend echte Typ all der Ano¬
tols, die Schnitzler hier getreu nach dem Leben
geschildert hat. Reicher als Freund Max sekun¬
dierte mit der ihm eigenen Bonhomnie und abge¬
klärte Ruhe, wenn es gilt, den Ueberlegenen
spielen. Die verschiedenen Freundinnen Ana¬
Vor
tols waren ihres Helden würdig.
allem Irene Triesch, die durch Tempe¬
rament und Liebe dem Bedrängten den
Gang zur Hochzeit außerordentlich belustigend er¬
schwerte, und Mathilde Sussin, deren Annie im
„Abschiedssouper die Begabung der Darstellerin
von einer neuen Seite zeigte. Sehr fein spielte
Lina Lossen die junge Frau, die nicht den Mut
zum Glück findet; Hilde Herterich und Paula
Somary fanden sich mit ihren weniger dankbaren
Aufgaben in bester Laune ab. Lessings Inszenie¬
rung hatte in jeder der Szenen für einen stim¬
mungsvollen Rahmen gesorgt, und es ist anzu¬
nehmen, daß der alte Anatol die Mühe, die man
an seine dramatische Verjüngung gewendet,
lohnen wird.