II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 64

box 8/5
al
4.9.
Zyklu-
Telephon 12.801.
OBSER
1. österr. beh. konz. Unternehmen für Zeitungs¬
Ausschnitte und Bibliographie.
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Brüssel, Budapest, Chicago, Cleveland. Christiania
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-York, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters
burg, Toronto.
(Quellenangabe ohne Gewähr.
Helena Salon
Ausschnitt aus:
Garten
41
Direktor Brahm hat mit dem Schnitzler=Abend im Lessing¬
Theater sein Publikum in die angeregte erkeit versetzt. Die
fünf Anatol-Einakter, von denen das „Abschiedssouper der bekannteste
und auch wirkungskräftigste ist, weckten die wohligste und behaglichste
Stimmung. Heinz Monnard, Emanuel Reicher, sowie die Damen
Triesch, Herterich, Sussin, Lossen und Somary spielten die liebens¬
würdigen Plaudereien in bester Laune.
Mit Nestroys alter Posse „Der Zerrissene" hat das Neue
Schauspielhaus einen so fröhlichen Erfolg errungen, daß Direktor
Halm davon wohl selbst überrascht gewesen sein mag. Das aus¬
gelassen lustige und dabei doch auch nachdenkliche Werk wurde be¬
sonders von Ida Wüst, Emil Lind und Eugen Burg ganz aus¬
gezeichnet gespielt.
Episode als die Zirkusdame Bianca, die
Anatols Hochzeitsmorgen. Die
niedliche Szene: „Die Frageandas Schick ihre Verehrer ein so kurzes Gedächtnis hat.
„Anatols Hochzeitsmorgen endlich verkörper¬
Feuilleton.
sal konnte trotz des mageren dramatischen Ge¬
Irene Triesch die temperamentvolle Ilona, die
halts als Ouvertüre zum ganzen Zyklus angehen

dem hoffnungsvollen Bräutigam vor seiner Trau¬

so daß eigentlich nur der vierte der fünf Einakter
ung mit Skandal droht und sich erst beim Ge¬
die „Episode", wirklich abfiel.
Berliner Theater.
danken an ihren künftigen Triumph über die
Den echt wienerischen Helden dieser fün
Gattin Anatols beruhigt. Aber selbst dieser an¬
Berlin, 5. Dez. Austern und Kaviar sin
Stücke, den „leichtsinnigen Melancholiker Anatol
mutige Frauenreigen der verschiedenen „Einzig
gewiß schöne Dinge; aber in fünf Gängen hinter
gab Heinz Monnard, trotzdem ihn seine äußere
geliebten Anatols vermochte den Eindruck nicht
Erscheinung wenig zu dieser Rolle prädestinierte
einander serviert, werden sie denn doch zu einen
recht glaubwürdig in seinem trottelhaften und wesentlich abzuschwächen, daß diese geistreichen
etwas fragwürdigen Genuß.
doch nie unliebenswürdigen Weiberheldentum. Variationen über das Thema „Weib etwas mit
Diese Betrachtung drängte sich gestern den
Vorsicht genossen sein wollen, wenn sie sich nicht
Besucher des Lessing=Theaters auf, wo Sein Gegenstück, der skeptische Freund Max, fand
in Emanuel Reicher eine bis auf wenige Züge gegenseitig in der Wirkung beeinträchtigen
Artur Schnitzlers bekannter Einakterzyklus
sollen.
„Anar verhältnismäßig späten entsprechende Verkörperung. In den Damen
Liegt nicht eine tiefere Bedeutung in dem Um¬
rollen hatten fast sämtliche weiblichen Hauptkräfte
Erstaufführung — das Werk ist nämlich bereit¬
des Lessing=Theaters Gelegenheit, irgend einen stand, daß im Neuen Schauspielhaus am
17 Jahre alt — dem Berliner Publikum vorge
Nollendorf=Platz, wo vor einer Woche die Neu¬
führt wurde. Aber nicht das Alter hat diesen Sondertypus des Wiener „Süßen Mädels" au
einstudierung von Hebbels „Genoveva“ kühl ab¬
die Bühne zu stellen. So war Paula Somar
graziösen Stücken geschadet — sie wirken vielmehr
gelehnt worden ist, acht Tage später die vieraktige
im ersten Stück eine so allerliebste Cora, daß man
heute noch so frisch wie am ersten Tag —, sondern
Posse „Der Zerrissene von Johann
ihr eigener delikater Gehalt, der gewissermaßen es dem verliebten Anatol beinahe nachfühlen
Nestroy einen großen Heiterkeitserfolg erlebte
konnte, wenn er es nicht wagt, seiner hypnotisier¬
löffelweise genossen werden will und in der An¬
— von demselben Nestroy, der schon zu Lebzeiten
häufung nur abgeschwächt wird. Dazu kommt, ten Geliebten gegenüber „die Frage an das Schick¬
Hebbels auf dessen Kosten die Lacher auf seiner
sal", das heißt die Frage nach ihrer Treue, zu
daß einzelne dieser Einakter, vor allem die etwas
stellen. Lina Lossen gab in den „Weihnachtsein¬ Seite hatte. Da es nun aber einmal so ist und
stilleren „Weihnachtseinkäufe, sich am
käufen die elegante Mondäne Gabriele, die nicht wohl auch so bleiben wird, daß das Publikum
besten zur Lektüre eignen und durch eine Verkör
lieber lacht, als daß es zum ernsten Denken an¬
den Mut hat, so zu lieben wie ihre Geschlechts¬
perung auf der Bühne, selbst bei einer so dezenten
geregt wird, so kann man der Direktion des Neuen
genossinnen in der kleinen Welt, von der Anato
Darstellung, wie sie ihnen im Lessing=Theater zu
teil wurde, nicht gewinnen können, sondern eher ihr vorschwärmt. Die dankbare Rolle der Annie Schauspielhauses bei dem jetzigen Stand der
Lustspiel- und Schwankliteratur gewiß keine
vom Ballett im „Abschiedsfouper, das un¬
vergröbert werden. Uniso stärker wirkten andere
Vorwurf daraus machen, wenn es zu diesem alten
wie das „Abschieds souper, das der Dar¬ Anatol so köstlich in der Situation des betrogener
Betrügers zeigt, fiel Mathilde Sussin zu, die man Stück zurückgreift, das seine Zugkraft bereits vor
stellerin der Heldin die dankbare Gelegenheit gibt
auf graziöse Art einen Schwips zu mimen, und bisher hauptsächlich als Darstellerin schwerblütiger ein paar Jahren wieder in Berlin bewährt hat
Und es scheint auch diesmal in seiner neuen Aus
Ibsenscher Frauentypen gekannt hat. Eine weni
deshalb sehr beliebt ist, oder das bei der Auffüh¬
run getwas aufs Derbe gestimmte Schlußstück: ger lohnende Aufgabe hatte Hilde Herterich in der staffierung das Neue Schauspielhaus