II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 199

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4.9. Anatol
Zyklu-
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Unternehmen für
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Cleveland, Christiania,
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Gewähr).
sche Landes Zeitun¬
Mannheim

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Aber der muß glücklich sein dabei und glücklich machen, sonst der Anatol, Herr Kökert der Max. Herrn Kökerts Heimat
kann er nicht lieben. Unglückliche Liebe kennt er nicht. Denn war Mitteldeutschland, Herrn Rotmunds Wiege schien in
ton.
jede Liebe bedeutet ihm ja etwas, wenn nicht mehr in der Königsberg gestanden zu haben. Herr Kökert war also
Wien bedeutend näher. Herr Normund kam an die Ge¬
Wirklichkeit, so doch in der Erinnerung. Auch Enttäuschungen
stalt, die wir als Anatol kennen, erst heran, als sie zer¬
naltheater.
bereichern, und haben sogar als Reminiscenzen einen größe¬
bröckelte, im „Hochzeitsmorgen". Vorher war er zu deut¬
ren Stimmungswert als Beglückungen. Anatol, ob er von
thur Schnitzler.
lich, zu eruptiv, zu gemacht. Dieses letztere Wort stammt
einem Mädel verlassen wird oder es selbst verlassen muß, hat
nicht von mir, sondern von einem meiner Nachbarn, der
uhrung.
immer Mitleid mit sich. Er leidet unter dem Verlassen und
anerkennend schmunzelte: ein gemachter junger Mann. Ja¬
Verlassenwerden gleichermaßen. Die Melancholie hängt über
gestern und heute die Liebe,
wohl, das war Rormunds Anatol! Herr Kökert bringt mehr
seinen glücklichsten, leichtsinnigsten Stunden. Hinge sie nicht
Dichter. Gestern Ho¬
selbstverständliche Ruhe mit. Er bat ja auch mehr Kopf
darüber, wären ihm die Stunden weniger wertvoll. Die
heute Schnitzlers „Ana¬
als Herz zu sein, darf also manch „machen", was der
Liebe ist ihm alles, die Geliebte scheint ihm alles. Jede Frau
örtliche Grundstimmung hat
Anatol nicht darf.
hält er für die letzte, solange und weil er von der nächsten
eines Landes, einer Stadt.
Und die Damen? Da war eine einzige, die mir ein
hundert getrennt! Aber dieses noch nichts weiß. Er ist zu einem Teil ein Künstler der Liebe,
neues Bild einer alten Rolle gab: Frl. Orska als Bianca.
denn er geht in ihr auf, und zum anderen Teil bleibt er in
nicht geändert, sondern nur
Die Künstlerin gab ein paar überraschende Bewegungen und
auch Hofmannsthal im Jahre dieser seiner Kunst Dilettant, weil er ihre Mittel mehr liebt
auch ein Ganzes, das wirklich nach Liebe aus dem Zirkus
nen Prolog dichten, der zur als ihren Zweck und daher ihre Mittel handhabt, ohne ihren
ausfah, allwo sie durch Reisen springt. Frl. Weißen¬
Zweck zu erreichen. Er steht also zwischen Künstler= und
Rosenkavalier.
bacher betätigte sich wiederum als sympathische und ge¬
ser Dichtung, die man lieben Dilettantentum, d. h. er ist der Aesthet der Liebe.
wandte Dilettantin. So wie Frl. Rub das Ballettmädel
Neben ihm Max, der ältere Freund... Alfred Kerr
Strauß nur achtet, trat man
im „Abschiedssouper spielte, hat man es schon oft gesehen,
hat diesen behäbigen, kugen Genießer endgiltig benamst:
lles klarer, aber auch kühler,
manchmal besser, manchmal schlechter, aber selten so breit
der Betrachterich! Er sieht alles, erkennt einiges und be¬
Im „Rosenkavalier" erleben
und schwer. Auch Fr. Blankenfeld war mir als
schwatzt vieles. Er hält sich zu sehr an die einzelne Frau.
„Anatole erkennen wir ihre
Ilona zu massiv und kämpferisch, zu wenig lieb und spiele¬
Er ist der Nüchterne, denn er geht von dem Einzelfalle aus
er schildert die Liebe, der
risch. Fri. Hummel begann diskret und zart, wie es
Er hat nicht die Kraft zur Deduktion. Die Liebe zerfällt ihm
Das ist der Unterschied
ihre Art ist, wurde aber ebenfalls zu deutlich. Die Stim¬
in Gelegenheiten, die man suchen und nutzen muß.
keiner Frau, sondern allen
mung, die Stimmung des Ganzen fehlte.
Um Max und Anatol die Frauen. Ueber sie ist
eine Frau mit lebemännischer
Die Inszenierung poussierie die Eleganz der 80er und
nichts zu sagen. Sie gleichen sich alle oder gleichen sie
samtheit der Frauen wird er
90er Jahre. Die Szene der „Weihnachtseinkäufe" war sehr
das immer wieder verloren und auch nicht, tun alle dasselbe oder tun auch nicht dasselbe
H. S.
glücklich im Bilde, aber zu belebt.
jeder erobert wird. Der arme was weiß ich und was wißt ihr? Wir wissen alle nichts.
Wir fühlen ihre Launen und vermuten dahinter einen Willen
te, die schnell fertig mit dem
Wer weß, was von beidem das Wirkliche, das Existente ist.
der Jungen!) betrifft, nennen
Um alle, um Anatol und Max, um Cora, Gabriele
er aber gar nicht. Der Don
Bianca, Annie und Ilona webt die Luft der einen Stadt
Nachfahren in Dichtung und
Wien, dieser Stadt mit den vielen idyllischen Vororten, die
s Weib, wie ein Jäger sein
— ohne Hast und
aber selber nur ein idyllischer Vorort ist
uan liebt die Jagd — auf das
Unrast, mit dem Gemüt und der Gemütlichkeit altfränkischer
Er ist zu sehr Aesthet, um ein
Kleinstädte. Nur hier kann Anatol viele, viele lieben, ohne
Erobern und eine so hastige
ein Schürzenjäger zu sein, nur hier kann er viele Herzen
sieht — ja, wen liebt er eigent¬
kann nur eines, ein einziges beglücken, ohne eines zu brechen. Denn hier gibt es keine
Katastrophen. Die Luft ist zu weich dazu und der Himmel
Nun denn er liebt die Liebe
zu blau und das Wort zu kosend und sein Sinn zu flüch¬
als Lebensinhalt, als seelische
tig... Diese untragische Stimmung ist das köstlichste an
seministenz, kurzum, als eine
„Anatol“ und das feinste an der manchmal noch zu thea¬
atol liebt sich und darum die
tralischen Kunst dieser Dialoge. Alles, alles vergeht. Aber
einem historischen Vorbild für
das Vergehen ist schön, so schön.
Don Juan, sondern nur auf
Der Aufführung im Hoftheater merkte man nicht an,
dar der Feind, Casanova der
lebte als Philosoph und starb daß Herr Reiter, der die Regie führte, ein Wiener ist.
Nichts von jener melancholischen Gelassenheit, die über die
Worte: J'ai vécu en philo¬
sieben Dialoge fließt wie Sonnenglanz über den Fluß, war
kr beging tausend schöne Sün¬
der sterben zu müssen. Er in der Darstellung. Man pointierte, man unterstrich, man
war lustig, weil es der Dichter will, und man war schwer¬
sicht zu fürchten.
blieben, sonst lebt er nicht fällig, trotzdem er es nicht will. Herr Rotmund war