II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 203

4.9. An

box 8/6
lu¬
de
tol-

in der
aus. Der Bund der

herr aufgegangen ist, sich zu stärkerem
vorgeführt wird, ist typisch für die Wiener Litera¬
falten sollte, in Karl Schönherr, dem
tur bis in die jüngste Zeit; gerade so wie die
Feuilleton.
„Sonnwendtag“ und „Glaube und
Schnitzlerschen süßen Wiener Mädels, die in der
mit dem für die Wiener Literatur
Stadt geliebt und in der Vorstadt geheiratet wer¬
den, die aber doch eine etwas gesundere. Blut¬ rot einer Zeit aufzusteigen scheint, ein
Stadttheater.
die aus dem Volk und seiner Geschich
mischung aufweisen als ihr männliches Gegen¬
Schnitzlers „Anatol.
die wenigstens gesund ist in ihrem
stück, weil ihnen die Melancholie wenigstens das
Temperament nicht ganz getötet hat, wenn sie auch ihr auch vorläufig noch Schlacken gen
t. Nürnberg, 18. Sept. Beinahe 20 Jahre
Wenn man den Schnitzlerschen E
sind es her, daß Arthur Schnitzler seinen Einakter=
aus einem Holz gemacht sind, aus dem sich keine
Noras, keine Ibsenschen Frauengestalten schnitzen als ganzes Werk erst jetzt auf die Büh
Zyklus „Anatol“ geschrieben hat. Im vorigen
hat, so liegt das einerseits wohl an de
des
Winter erst ist dieser mit seinen 5 Akten in Wien
lassen. Und hier liegt der wunde
keit unserer dramatischen Literatur
Nend¬
Wiener Literaten- und Wienertums.
und Berlin als „Novität“ über die Bühne ge¬
Jahren, andererseits in dem Werke,
eine markige Figur, nirgends ein Mann oder eine
gangen und am Samstag abend als solche und
betrachtet, selber. Denn zu der durch
auch in unserem Stadttheater vorgeführt worden
fordern
Frau, die das Schicksal in die Schranken
nirgends ein Wesen, das zur tragischen Helden der Einakter bedingten Zerrissenheit de
Aber auch ohne den jetzigen Bühnenerfolg hat
kommt die Episodenhaftigkeit der
nur semi¬
figur emporgehoben werden könnte
Schnitzlers „Anatol“ längst seine große Bedeu¬
nistische Männer und nette kleine Mädchen. Dieser denen z. T. auch das echte dramatisch
tung gehabt; er ist direkt typisch geworden für die
fehlt — alles Mängel, die bei einer
für das
ganze Wiener Literatur der letzten Jahrzehnte, krankhafte Zug, der charakteristisch
auf der Bühne viel klarer zu Tage tre
ganze Wienertum, zu dem es auch im politischen
Der müde Anatol, dieser unmännliche Weiber-
Parallele
Lesen des Buchdramas
held, der die Wahrheit flieht, weil er in ihr das Leben des österreichischen Volkes eine
Der hiesigen Aufführung gelang
seinen
gibt, hat seinen prägnantesten Ausdruck
Unglück fürchtet, der zweifelt an der Treue der Ge¬
Einakter gleichmäßig gut. Den An¬
literarischen Niederschlag in Schnitzlers
Anatol.
liebten und doch zurückscheut vor der Frage an
Herr Hardel, sein gesunderes, aber
gefunden. Und darin liegt die kulturgeschichtliche
das Schicksal, der leichtsinnige und doch so feier
denhaftes Gegenstück Max Herr v.
Dichtung
liche Melancholiker, dem jede neue Stimmung das Bedeutung dieser dramatischen
Eine umgekehrte Besetzung hätte ich
ganze Leben verändert, der alle paar Wochen ein
Schnitzlers.
Soviel Kritik die obigen Ausführungen auch hafter gehalten um der äußerlichen
neues Leben beginnt, eine neue Episode, der
willen; den kraft und saftlosen mi
selber belügt und an diese Lüge wie an eine hei¬ enthalten —, die letzte Feststellung allein ist Be¬
hätte Herr v. Falkenhausen äußerl
weis genug, daß sie keine Verkleinerung Schnitz¬
lige Wahrheit glaubt, der skrupellos genug ist
treffender verkörpern können als
lers als Dichter in sich schließen. Arthur Schnitz¬
seine Braut in der Nacht vor dem Hochzeitstage
ler, der Führer des einstigen „Jung=Wien“, das dessen Anatol körperlich nach meinem
zu betrügen und zu belügen, und nicht mutig
genug, seiner Geliebten die Wahrheit zu bekennen heute auch schon alt geworden, ist immer noch der bei aller Eleganz einen zu gesunde
geistreichste und witzigste unter allen seinen Wiener machte. Sonst spielten beide vor¬
— dieser prahlende, tatenlose Anatol, dieses
Cora des Frin. Koch im ersten Ein¬
Zeitgenossen. Sein Name wird auch dann als
Männchen ohne Rückgrat, wie es uns in den fünf
glänzender Stern am literarischen Himmel Wiens wünschen übrig, der somnambule Tor
Episoden des Einakterzyklus in seinem innersten
Wesen immer als derselbe charakterlose Charakter leuchten, wenn der neue Stern, der in Karl Schön der Dame nicht recht getroffen. In