II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 266

4.9. A
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Zyklus
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„OBSER

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apolis, New-York, Paris, Rom, San Francisco,
Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus:
9. M. 1911
vom Rheinisch,
.
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erhalt. zu einem heißt es: „Wenn Sie nicht Ihr lasterhaftes
Tanzen einstellen wollen, so hoffe ich, daß Sie Gott auf der
Bühne vom Schlage rühren lassen wird!“ In einer anderen hoff
Kunst und Wissenschaft.
nungsvollen Epistel sagt der Schreiber: „Die Zeit kommt noch
wo der Applaus aufhört, wo es keine Blumenkörbe mehr gibt
und wo Ihre Verdammung ausgesprochen wird, weil Sie Gottes
Londoner Theater.
Worten nicht gehorcht haben.
Auch das ernste Drama ist in den letzten Tagen hier mehr
London, Anfang März.
zu Worte gekommen, als es sonst der Fall in London ist. An
Die Aufführung der letzten Szene aus Arthu
Court Theatre wurden zwei „Privat=Aufführungen von Osca
Schnitzlers „Anatol-Zyklus „Anatols Hoch¬
Wildes „Salome" veranstaltet, die Lob verdienen. Bekannt
zeitsmorgen der ausgezeichneten englischen Uebertra¬
lich gestattet die hiesige Zensur die „öffentliche Aufführung des
gung Granville Barkers: „Anatol's Wedding Morning") hatte verfehmten Werkes nicht (der Autor ist hier womöglich noch ver
in der brillanten Wiedergabe am Palace-Variété einen Erfolg
fehmter, man wird bei seiner bloßen Namensnennung schon bla¬
der den der beiden früher gebrachten Szenen „Die Frage an das und nervös!). Die „Privat-Aufführungen werden nur für „
Schicksal und „Abschieds=Souper bei weitem übertraf. So matt ladene Gäste" gegeben — so schreibt es das Gesetz vor.
die Darstellung von „Abschieds=Souper in der vergangenen Wirklichkeit können auch „nicht geladene Gäste Zutritt sich ve¬
Woche gewesen war, so flott und glänzend gestaltete sich das Zu¬
schaffen, wenn sie vorher Karten erstanden haben. So bekan
sammenspiel beim „Hochzeitsmorgen". Die Inszenierung, die
man jetzt wenigstens eine „reine Salome ohne die Verbal
wir Granville Barker zu danken haben, war höchst stilvoll, Barker hornung seitens der Zensur zu sehen, durch die sich der Lor
selbst gab den „Helden" launisch und mehr wienerisch leicht¬
Chamberlain in den November= und Dezember-Aufführungen an
lebig als vorher, und der ausgezeichnete Komiker Nigel Playfair, der Covent Garden=Oper unter Thomas Beecham für alle Zeit
der in Maxens Uniform famos aussah, rief eine Lachsalve nach alter unsterblich gemacht hat,
der anderen hervor. Entzückend war die hochbegabte Alice Craw¬
Einen der allerbedeutendsten Autoren des modernen Eng
ford in der dankbaren Rolle der Lona. Die junge Künstlerin ließ land, den eigentlichen Begründer des realistischen Dra
uns London, das Palace-Variété und sein rauchendes Publikum
mas hier zu Lande, John Galsworthy, bekamen wir an
vergessen und am Schlusse glaubten wir wahrhaftig, einer
Coronet Theater in dem packenden Sauspiel „The Silver Bor
deutschen Vorstellung beigewohnt zu haben. Es bedeutet für
(Die Silberdose) zu hören. Das Werk wurde von einem Ensembl
uns eine freudige Ueberraschung, daß der „Hochzeitsmorgen" mit aus Manchester prächtig gespielt. Mit furchtbarer Fronie kon
seinen für den hiesigen Geschmack gewagten Situationen und dem
trastiert der außerordentlich begabte Dichter darin die hoffnungs¬
satirischen Beigeschmack so stark eingeschlagen und gezündet hat
lose Armut und den Alles kaufenden Reichtum Thomsebabels
danach zu schließen, dürfte das mutige Unternehmen Barkers Er liebt sein Volk und darum geißelt er es blutig. Schon lange
für die hiesige Variété-Bühne noch wichtige Folgen zeitigen.
hat man nicht so rechte, erschütternde und dabei von Humor
Auch der sich stetig steigernde Erfolg von Friedrich Freksas sprühende Szenen auf der hiesigen Bühne erlebt. Galsworthy hat
„Sumurun" am Coliseum ist recht erfreulich. Das riesige Haus
sich in Deutschland bereits vorteilhaft mit seinem gewaltigen
ist Abend für Abend ausverkauft und die hiesige Presse wird gar¬ Streikdrama „Strife" („Kampf", Ur-Aufführung in Köln,
nicht müde, das Werk und die Darstellung zu preisen. Sehr be¬ngeführt
merkenswert nach dieser Richtung hin ist ein langer Artikel in
Wie jetzt offiziell verlautet, findet im kommenden Herbst eine
der „Times", wo es unter anderem heißt: „Ein ähnliches
deutsche Opern-Saison am Covent Garden, Theater
Wunder ist sicherlich noch nicht zuvor in London gesehen
(wohl als Entschädigung für den gänzlichen Ausfall der deutschen
worden!... Sumurun gibt uns nicht allein eine Groteske, es
Oper während der Krönungs=Saison) statt, während welcher der
erfüllt uns nicht allein mit Vergnügen — nein, es übt einen
wahren Zauber aus." Wie es heißt, soll sich Max Rein= ande Ring=Zyklus zweimal zur Darstellung kommt.
hardt mit Plänen tragen, später noch andere Werke nach London
zu bringen und sein Ensemble darin glänzen zu lassen.
Mit außerordentlichem Erfolg setzt Mand Allan ihr Gast
spiel am Palace-Variété fort und tanzt jetzt ein neues Reper¬
toire zu Kompositionen von Chopin, Grieg, Schubert und —
Johann Strauß! Ihre Wiedergabe des „Blauen Donauwalzers
gehört wohl zu dem Besten, was sie uns hier beschert hat. Köstlich
sind die Briefe, welche die ideale Tänzerin von religiösen
Wahnsinnigen, die in Londen besonders zahlreich sind,