II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 442

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Zyklus
4.9. Anatol

Reiche Anzeiger, Berli¬
Theater und Musik.
Schillertheater (Charlottenburg).
Das Schillertheater hat am Sonnabend vier bekannte Stücke
ans Arthur Schnitzlers Einakterreihe „Anatol in seinen
pielplan aufgenommen. Die sich aus dem Stofflichen der einzelnen
einen Lebensausschnitte ergebende heitere Wirkung auf das
un blieb auch hier nicht aus, obwohl das Schiller
über gerignete Darsteller für das von Schnitzler ge¬
rie Wienertum nicht verfügt. Georg Paeschte konnte als
mit dem Versuch, sich wienerisch zu geben, durchaus nicht über¬
„ und Heinz Senger gab sich als Max gar nicht erst Mühe,
orddeutsches Wesen zu verleugnen. Dadurch kam ein falscher
in das Ganze. Aufgeführt wurden die Einakter: „Frage an
Schicksal, „Abschiedsouper, „Episode" und „Anatols Hochzeits¬
e. Die weiblichen Rollen lagen in den Händen der Damen
Wasa und Kriß, von denen die zuletzt genannte als Annie im
hiedssouper eine durch Humor und Temperament gleich aus¬
hnete Leistung bot.
1
Die Welt am Monta, Raa-
Schnitzer: „Anatol.
(Charlottenburger Schiller=Theater.)
Schnitzers „Anatol-Zyklus von dessen sieben
Pikanterien man vier gewählt hat („Die Frage an das
und
„Episode
Schicksal, „Abschieds souper
„Anatols Hochzeit morgen atmet unverfälsche
Wiener Luft. Das Schiller-Theater verfügt nicht über die ge¬

en se de de des Wien, die es bei uns la se¬
bar machen können. Miten se sich mit den hinten ende
doch von sich die es ihnen die Wiener Lebenden
pen und gebilde. Man nach auch an de Wiener Be¬
denen, an wird man sich mit der von Draht von der
seien aufführung sieben eben kommen. Eine besse¬
sie die die Kuchel, der in eit. Eine nur ein be¬
lichen bei bei der Patschte ein Ge¬
me die Wasa, on, Claire de los con la de¬
n.
und Stephan it has ante sind auch
. .
Leistungen.
Mai 1879 — Besitzerheilung Afrikas 1881-1865. Ein ernstes, die jenes, aber
von 187. — Bismarck und seine Erben 81384 nendes Werk, das in die Bibli
objektiv von der Warte des
rialis no in Südafrika, Auypten und im dan.
lisch-französischen Rivallat 1896-199 — Deutsch
u. Haager Friedenskonferent. Der Burck eignisse der letzten 30 Jahre
Balkan und Oesterreich-Ungarn 1887-1904. — Italien Die jahrzehntelange publiziste
ständigung 1904. — Der russisch-japanische Krieg des Verfasser zu den police
und Parteien ge¬
eme monatliche Teilzahlungen von Mk. 4
ung R. Max Lippold, Leipzig, Kö¬
Monatlich nur ein. 4.
Berliner Zeitung am Mittag, Berlin
and in Galla=Theater.
tol, der verwöhnte Anatol, haust in Him¬
tern, die vom provinziellsten Theatergeschmack
bekoriert sind, und führt im Abschiedssouper
eine Annie ins Restaurant, deren äußere Auf¬
machung den Genußmenschen und sein verzär¬
teltes Aesthetentum totsicher an jedem Anfangs¬
souper gehindert hätte.
Anatol (Georg Paesche) ist ein gutgenährter
Phlegmatiker, den seine Anenturen innerlich
seelenruhig lassen, der cher Schnitzlerg Pointen,
die Max, sein Gegenspieler Heinz Senger)
schonungslos banalisiert, von dem vorschrifts
mäßigen müden Lächeln begleitet, zielsicher ab¬
schnellt. Von den vier süßen Mädeln, die in
Anatols Schillertheaterlaufbahn in die Erschei¬
nung treten, bleiben Lora und Blanca, von
Claire Selo dargestellt, tenhafte Lebe¬
wesen, Annie, das Luberchen in Abschiedsouper,
plauscht herzig ordinär, Steph nie Kritz be¬
kleidet sie aber mit einer schlecht dings unmög¬
lichen Toilette. An Anatols Hochzeitsmorgen
zeigt sich Else Wasa als Ilona, bringt aber
leider von all ihren guten Eigenschaften nur die
Routine mit.
E. M.
381919
tische Allgemeine Zeitung.
Berlin.
Schulers „Anatol¬
Im Programm heft des Schiller¬
theaters zur Erstaufführung der Anatolzenen von Schnitzler stehen
die Verse aus Hofmannstals Vorwort zur Buchhausgabe des Zyklus
Also spielen wir Theater
Spielen unsre eignen Stücke,
Früh gereift und zart und traurig,
die Komödie unsrer Seele.
Unsres Fühlens heut und gestern.
Was das Schillertheater uns aber vorführte, war weder „früh¬
gereift und zart, noch traurig". Wien war nach Berlin
verlegt worden. Doch die Umkehrung war so vollkommen durch¬
geführt, daß doch wieder etwas Ganzes dabei herauskam und das
Publikum fühlte sich sehr wohl dabei, viel wohler und viel mehr
zu Hause, als es wahrscheinlich beim echten Schnitzler der Fall
gewesen wäre. Anatol, der dekadente und genießende Aesthet aus
der Vorkriegszeit, wo das Leben so wenig erbarmungslos harte, aber
so viele selbstquälerische Probleme hatte, war in der Gestalt
Paschkes auferstanden als ein wohllebiger, unkomplizierten
Mensch, der bei seinen Liebesabenteuern eine komische Rolle spiel¬
Und Cora, Anni und Bianca, die Wienerinnen, denen die Natur
zu ihrem leichten Temperament Grazie und Geschmack verliehen
hat, sie wurden zu ziemlich gemeinen, recht geschäftstüchtigen Ge¬
schöpfen. Die feinen Abstufungen der Dialoge gingen in der pro¬
vozierten Komik der Situationen unter. Allein der überlegene Kri¬
tiker und Lebenskener Max, vorzüglich dargestellt von Heinz
Senger, blieb eine Schnitzlersche Gestalt, ohne aus dem neuen
Rahmen zu fallen. Am radikalsten war der Einakter „Das Ab¬
schiebssouper verwandelt. Man könnte es ganz gut als moderni¬
siert bezeichnen. Anni (Stephanie Kriß) fühlte sich trotz reich¬
lich fließenden Sekt offenbar wie in einem Bierkabarett, und
ihr schrilles Lachen beherrschte die Atmosphäre. Ihr wienerischer
Dialekt konnte sich nicht gegen den Berliner behaupten. — Aber es
wurde mit Tempo und Vergnügen gespielt. Nur muß man sich
nicht einbilden, Schnitzler gesehen zu haben.
K. M.