II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 699

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4.9. Anatol - Zyklus
reichen Burgtheater-Regissen). Des vorliegende Werk ist die
Neubearbeitung und Fortsetzung bis auf die jüngste Gegenwart
einer bereits 1899 aus der gleichen Feder entsprossenen Arbeit
zum selben Thema. Da blättern wir also in einem Standard¬
Work des Theaters, lesen über die Geschichte des Hauses, seine
Dramatiker, Direktoren, Regisseure, Mimen, deren meister Namen
Weltruf tragen und denen die Nachwelt wohl Kränze flicht, bis
zu den — Kritikern abwärts“. Das ist eine Fundgrube für jeden
Theaterbesessenen, falls es solche Individuen heute überhaupt
noch geben sollte. Spielpläne, Aufführungsziffern sind darin ver¬
zeichnet, so etwa Hofmannsthal mit 7 Werken und 132 Aufführun
gen, Arthur Schnitzler (dessen Einakter Der grüne Kakadu
Paracelsus, Die letzten Masken übrigens A xander Moissi ins
Italienische übersetzte und in diesen Tagen mit grösstem Erfolg
in Mailand spielt, mit 9 Werken in 500 Aufführungen
während etwa Gerhart Hauptmann mit der gleichen opus-Zif¬
fer nur 462 Aufführungen erzielte, wobei zu bemerken bleibt
dass Schnitzlers Einakter darunter einzeln genannt sind, sodass
wenn man sie zyklisch begreift, wie dies eigentlich der Fall sein
müsste, die Aufführungsziffer nach Abenden repartiert, im Durch¬
schnitt noch höher ausfiele, während das Burgtheater bis auf
den heutige Tag den Namen Frank Wedekind nicht zu kennen
scheint, dagegen um so besser G. B. Shaw (in freilich, weit
uns vor Augen gekommen, miserablen Aufführungen etwa: Der
Teufelsschüler und Candida, was leider auch z. B. von Ro¬
stands Cyrano mit Herrn Tressler gift). Doch wir wollen uns
nicht in gar zu weite Details aus jüngster Vergangenheit und Ge¬
genwart, als da heissen Röbbeling und Hanns Sassmann, verlie¬
ren, so sehr das schöne Buch zu Abschweifungen verleitet.
Sein nahezu auf den Tag 70jähriger Erzeuger, Librettist
von Tiefland, u. a. erfolgreicher Musikdramen Eugen d'Alberts,
so wie Clemens von Franckensteins, Paul Graners, der kürzlich,
noch den jungen Lernet-Holenia als Lustpiel-Kompagnon wählte¬
schrieb vor nunmehr 30 Jahren Innerhalb einer grösseren Novel¬
le: Septent, eines Satz, um dessentwillen wir ihn lieben müssen:
„Nicht das Bleibende.
Das Verwehende ist das Schönste im Leben"....
von ähnlicher Herzensreise, wie des alten Schnitzlers Spruch¬
weisheit aus dem Burgtheater-Verlustspiel: Die Schwestern oder
Casanova in Spa¬
„Die Treue ist die Wiederkehr
Neues Wilhelm Busch Album
Zugleich mit der kürzlich hier angezeigten Lustigen Wil¬
helm Busch-Sammlung (des Verlages Braun & Schneider-Mün¬
chen) erschien (bei Hermann Klemm. Berlin, Vertrieb. Gustav
Weise, Leipzig) das Neue Wilhelm Busch Album, eine Samm¬
lung lustiger Bildgeschichten im Umfang vor über 450 Seiten
mit 1600 Bildern klassischen, deutschen Welthamors. Gleich der
erstgenannten Sammlung wird auch das neue Album durch Max
und Moritz eingeleitet; es ist darüber hinaus jedoch nach Inhalt
und Format ungleich umfangreicher und umspannt sämtliche
Werke von Wilhelm Busch, die nicht im Bassermannschen Ver¬
lag erschienen sind, sodass es zugleich Ergänzung und Gegen¬
stück zum „Humoristischen Hausschatz darstellt. So finden wir
Schnaken und Schnurren, Busch-Bilderbogen, Kunterbunt,
Schein und Sein. Hernach, Biographisches aus der Feder der 3
Busch-Neffer, Otto, Adolf und Hermann Veldete, weite hin von
Verantwortlicher Redakteur: Dr. Alfred Gahk,
OBSERVER
I. österr., behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLEILE 1
TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt aus:
gra¬

FER
vom
letzten Schrei der Mode. Dies
raschender Deutlichkeit der Film
Mode von gestern — Politik
Daß Großmütterchen modern
von heute.
sicher mehr als Zufall, wie die
Der Winter hat seine große Verspätung, mit viel weniger als wir glauben
der er heuer gekommen ist, durch Unmassen von nialen Erfindergeistes eines
Schnee und durch grimmige Kälte wet zumachen der extravaganten Laune eines
gesucht und brachte nun ins winterliche Moden Hut oder neuestens Greta- or
bild der Großstadt auch eine Überraschung mit: Christine Kragen). Diese bestim¬
den Muff. Jahrelang ein verstoßenes Stiefkind, die zufälligen Einzelheiten; das
kehrt er nun als Favorit der Mode zurück. Er einer Mode ist aber stets irgend
feiert aber seine Auferstehung nicht in seiner letzten hang mit den kulturell=Münstler
Form, als jene übergroße, flache Pelztasche, in die einer Epoche
Die Gewänder einer nach
die Dame neben ihren Händen auch die vielen
tun wir ironisch als altmodis
kleinen Päckchen eines Nachmittagseinlaufes ver¬
senkte oder in der sie gegebenenfalls auch ihr einer länger vergangenen betra¬
Schoßhündchen spazieren trug, sondern als der furcht als „historische Kostüme
Mode wie in allen übrigen
kleine runde Muff, wie ihn unsere Mütter in
ihren Mädchentagen trugen. Manches alte Mütter, Streben nach Verbesserung auf
wir jede Neuerung gern als Fr.
chen, das auch in einer Zeit, in der es die Mode
über dem überwundenen Alten
anders vorschrieb, nicht von seinem Muff ließ
wird den treuen, von mancher Modedame spöttisch die nötige Distanz gewonnen ha¬
Rückschau uns erkennen, daß
belächelten Begleiter seiner winterlichen Spazier
gänge zum Modengegenstand erhoben sehen, den nach vorne auch zugleich ein Sch
sich nun alle Frauen so sehnlich wünschen wie die war. Und so erscheint uns man
todkranke Mimi in „Bohème", um das „eiskalte kämpfte als im Grund gar nich
wenn wir gar erkennen müssen,
kleine Händchen“ zu erwärmen
Aber nicht nur der Muff, auch die übrige Mode Irrtum befangen, in eine Sach
aus der wir nicht aus noch ein
zeigt deutlich Anlehnung an die Zeit der Groß
wir uns einfach zurück. So
mütter, so vor allem in den langen Abendkleider
mit den reichen Volants und Rüschen, in den für uns gekommen. Wir mußt
Krieg und die nachfolgende Re¬
engen kurzen Pelzjäckchen, den abendlichen Um
hängen und nicht zuletzt in den neuen Blusen, dem tisch, wirtschaftlich und kultur