11. bis 20. Durch diesen blöden Journalistencongreß verloren. Ich mache die Sitzungen mit, gehe
                        (am 12.) für zwanzig Minuten zum Empfang beim 
Körber, bleibe demonstrativ dem Empfang im 
Rathaus bei 
Lueger fern (wie übrigens auch 
Oscar Blumenthal und 
Ludwig Fulda; während unsere scheußlichen 
Wiener Juden mit Begeisterung hinstürzen), fahre noch mit nach dem 
Semmering und über 
Gmunden nach 
Salzburg und werde durch zwei frohe Stunden bei 
Burckhard in 
Lueg und anderthalb sehr vergnügte Tage mit 
Richard Artur und 
Olga in 
Salzburg belohnt.
 
                     Ich spreche am 12. bei der Debatte über die »Würde der Presse«, indem ich darauf hinweise,
                        wie wichtig es für die Journalisten wäre, sich an den Setzern ein Beispiel zu nehmen
                        und wie sie zu organisieren. Die Schilderung, wie ich immer aufatme, wenn ich aus
                        einer Redaction, wo allen die Unsicherheit, der Neid, die Sorge auf den Stirnen steht,
                        in den Setzersaal trete, wo jeder sich am anderen und durch den anderen stark weiß,
                        wird von den Hörem stürmisch aufgenommen, im offiziellen Bericht aber natürlich unterschlagen. Ebenso die Angriffe auf die Unternehmer.
                     Ebenso spreche ich in 
Salzburg am 18. abends vor dem 
Mozartdenkmal einen Kranz niederlegend, 
Mozart als wahren »Zukunftsmusiker« seiner Zeit feiernd, den unsere Generation erst, die
                        durch 
Wagner, 
Bruckner, 
Hugo Wolf und 
Richard Strauß hindurch gegangen ist, ganz zu empfinden und ganz zu genießen weiß. Dabei Allusion
                        darauf, wie man 
Mozart gegen die Jugend ausgespielt: »Denn für gewisse Leute scheinen die alten Meister
                        nur da zu sein, um mit ihnen die jungen Meister todtzuschlagen.« Auch dieser ganze
                        Gedankengang wird im Bericht des 
Neuen Wiener Tagblatt unterschlagen. Echt ist, daß 
Singer selbst, der mich noch Mittwoch früh feierlich beschworen hatte, ihm zu Liebe zum
                        Lueger zu gehen es mir nicht übel nahm, daß ich es ihm verweigerte. Aber die Juden
                        in der Redaction, die überall laut jammerten, welche Schmach es sei, daß man sie zwinge,
                        ins verhaßte 
Rathaus zu gehen, sind wütend auf mich, weil ich ihnen die Ausrede genommen und bewiesen habe, daß es nur ihre Feigheit, kein Zwang war, wenn sie ihm huldigten.
                        Singer selbst scheint sich jetzt sogar darüber zu amüsieren, daß ich durch meine beim
                        blinden Gehorsam der anderen ja ganz unschädliche Unbotmäßigkeit bewiesen habe, daß
                        er kein Tyrann ist, sondern seinen Redacteuren alle Freiheit läßt.
 
                     Unvergeßlich die Stimmung, wie wir Samstag abends auf zwei Dampfern (jedem mit einer
                        Musikkapelle) über den Traunsee fuhren und uns 
Ebenhoch auf einem winzigen rot beleuchteten Propeller, der einem Torpedoboot glich, entgegenkam,
                        um »auf hoher See« vom Schiff aus eine nach meinem Geschmack allerdings unerträglich
                        devote Rede zu halten.
 
                     Lustig, wie wir Samstag 18. abends um halb sieben in 
Salzburg ankommen und 
Singer, der durchaus noch vor dem 
Denkmal der Kaiserin patriotisch und vor dem 
Mozart künstlerisch demonstrieren will, den Leuten, um sie beisammen zu halten, keine billets de logement gibt, sondern sie, die glauben, die Einquartierung werde
                        anderswo ausgeteilt, durch die ganze Stadt führt, mancher sein Köfferchen in der Hand.
                        Als sie die 
××× vor dem 
Mozart erblicken, glauben sie erfreut, hier habe das Wohnungscomité sein Bureau aufgeschlagen
                        und wissen gar nicht, warum ich nun plötzlich feierlich zu reden beginne. Ein 
Franzose hat sich müde hinter mir auf sein Köfferchen gesetzt, merkt, daß hier etwas anderes
                        vorgeht, versteht kein Wort, starrt die schwarze Figur des 
Mozart an und fragt verzweifelt einen Kameraden neben ihm: Mais dites donc, qui est-ce?