Liebe Else, es scheint, Sie haben einen natürlichen Geschmack für gute Bilder, denn die Sie nannten,
                        soweit ich sie aus Ihren kurzen Bezeichnungen wiedererkennen konnte, gehören zum großen
                        Theil zu den besten in der 
Ausstellung. Nun ich freue mich sehr, mit Ihnen zwischen den Farben hinundherzuspazieren. – Welches
                        abstoßende Bild Sie in der Nähe des Eingangs meinen, weiß ich nicht recht. Vielleicht
                        das von 
L. v. Hofmann, das so gobelinartig aussieht? »
Frühling« heißt es. Als Gobelin gesehen wirkt es – als Bild will ich es auch nicht. Es ist
                        so trocken, gar kein Duft drauf. Der hagere Reiter über die Leichen – das ist das
                        berühmteste Bild der 
Ausstellung – 
Stuck’s »
Krieg«. »
Das Alter« ist fast mein Liebling. Darin liegt der dumpfe Schmerz, daß man hinunter muß, in
                        diese blöde, tiefe, stumme Erde – darin liegt der Abschied von dem Himmel (»in den
                        man kommt«!! haha) – – und das traurige Warten liegt darin (da man ja nicht davonlaufen
                        kann. –) – Es ist richtig, daß vor solche Bilder Leute, die dumme Witze machen, nicht
                        hingehören. Man braucht nicht idealistisch zu sein, um das zu empfinden, sondern nur
                        geschmackvoll. Geschmack – vielleicht ist das der Idealismus in der Kunst –? Drum
                        gibt es auch realistische Kunstwerke, die sehr idealistisch sind. Darüber aber müßte
                        gesprochen werden. – Was Ihren Gedanken anbelangt: »Der das geschrieben etc hat sein
                        Innerstes etc hineingelegt« – so überschätzen Sie wohl die Mehrzahl der Schriftsteller
                        und Maler. Manche schaffen einfach wie man ein Butterbrod aufstreicht – oder gar ein
                        Schmalzbrod. – Es gibt Bilder und gibt Bücher, vor denen der schlechteste die erbärmlichsten
                        Witze machen darf. Auch seine Andacht soll man nicht misbrauchen, und wer z. B. bei
                        der 
Entsagung »des«
1 Karczag aufmerksam zuhört, benimmt sich grad so gotteslästerlich wie einer, der bei 
Maria Stuart oder 
Faust nicht zuhört. – 
 
                     Schreiben Sie, liebe Else, nur meinen wirklichen, echten Vornamen auf die Couverts.
                        Ich bin 
nicht Anatol. Ich hab wohl auch manches von ihm – gottlob auch manches andre, und von ihm gottlob
                        (ich mein’ aber nicht Jehovah, wenn ich gottlob sag und auch nicht den heiligen Geist,
                        kaum Buddha, vielleicht Brahma) nicht alles. – Telephoniren –? bitte, sehr gern. Nur
                        nicht in der früh, bis ½ 11, da schlaf’ ich nemlich; – meistens.
 
                     – Leben Sie wohl, schreiben Sie mir bald und seien Sie herzlich gegrüßt.
Arth
                      
                     Daß ich mich sehr gefreut habe, wie ich Sie heute sah – und mich sehr geärgert hab,
                        nur zwei Worte mit Ihnen sprechen zu können, faut il le dire?