lieber, ich danke Ihnen für Ihre Nachrichten, lassen Sie uns jetzt nur bald hören, daß Ihre
                        
Frau sich vollkommen erholt hat. Dem 
Buben geht’s wohl schon wieder ganz gut? 
Wir sind nun einen vollen Monat da und werden wahrscheinlich bis nach dem 20. bleiben.
                        Heute kommt meine 
Mama an, vielleicht nimmt sie 
Heini mit nach 
Wien; dann wollen wir, 
Olga und ich noch südlicher, vielleicht, u theilweise zu Fuß, über die neue Dolomitenstraße,
                        nach 
Bozen. In 
Meran oder am Gardasee denken wir eine Weile zu rasten und dann, in den ersten Septembertagen, in 
Wien einzutreffen. Möglich, daß wir irgendwo mit 
Richard und 
Paula Zusammentreffen. Sie wollen im September eine Meerfahrt unternehmen? Thäts der Gardasee
                        nicht auch? Mein Rad hab ich nicht mit, bedaure es auch nicht sehr, da meine Zeit
                        reichlich ausgefüllt ist. Vormittag Waldwanderungen, allein, oder mit 
Olga; Nachmittag 2–6 etwa arbeit ich; dann spazieren; dann Nachtmahl und Platformwandelei.
                        Tennis haben wir erst einmal gespielt – der Platz lächerlich; unsre Partnerin war
                        eine sehr charmante junge Frau 
Epstein (geborne Mizzi Hudetz), Schwägerin der 
Anna Epstein-Loeb. Ferner befinden sich hier die 
Schwestern der Frau 
Auernheimer, mit allerlei Ascendenz u Descendenz zum Theil gutes u. vorzügliches Menschenmaterial.
                        Der Mann der verheirateten Schwester, 
Frankfurter mit Namen, Direktor des 
oesterr Lloyd, scheint was nicht gewöhnliches zu sein. – Daß 
Bahr Sie gegen 
Pötzl – wie soll man da sagen – in Schmutz nehmen? – mußte, hat uns sehr amusirt. Wenn
                        sowohl Ihren 
Morgenruf als 
Pötzl’s 
Lobeshymne zu lesen kommen könnte, wär ich Ihnen herzlich verbunden. (Daß Sie mir die berühmte
                        Sammlung der 12 
Berl. Feuilletons noch immer nicht gegeben haben, nur nebenbei.) Wie stehts im übrigen
                        mit Ihren Arbeiten? In welcher stecken Sie am tiefsten? – Ich schreibe hier nur an
                        dem 
Roman, letzte, zum Theil wohl vorletzte Feile; habe ein wunderschönes Zimmer, in das vom
                        Hoteltrubel nichts dringt, mit einem guten Blick üper Wiesen und Wald ins Thal; vorgebauter
                        Balkon; oberster Stock. – (Das idealste Arbeitszimmer – ohne dieses, glaub ich, hielt
                        es mich doch nicht so lang hier). An 
Lienz vorüberfahrend und an 
Dölsach (so heißts doch) blieb ich nicht ungerührt – »
wie war ich jung« heißt es in der schönsten Scene die ich je geschrieben habe (aber es stehen auch
                        originellere Sachen drin). – Lese hauptsächlich 
Bülow (Hans v) Briefe, jetzt den letzten, 5. Band. Die 
Mannschen Zwei Racen mit Bewunderung und mit leisem Widerstand gegen allerlei menschliches in 
Heinrichs Seele.
 
                     Es wäre lieb von Ihnen, wenn Sie nächstens etwas mehr von sich vernehmen ließen, und
                        besonders wünscht ich zu wissen, welcher Ihrer Stoffe Sie jetzt am stärksten bewegt
                        und welchen Sie »zunächst« (ein scheußliches 
Berliner Wort) in Bewegung zu setzen gedenken. Dann Ihr Befinden, kurz u gut, was Sie mir
                        zu sagen haben. Schöner wärs natürlich, wenn man an irgend einem Ufer gemeinsam wandelte,
                        wo sich »denn« u. s. w.