es geht nicht auf Theilnahmslosigkeit Deiner Person gegenüber oder mangelndem Interesse
                        für Deine Producte zurück, wenn ich erst Dir heute zum erstenmal im neuen Jahr schreibe.
                     Bald nach Neujahr ist Etwas vorgefallen, was meine Existenz vollständig 
verwirrt hat, ein Ereignis das mich in die größte Besorgnis gestürzt hat, mich gezwungen hat,
                        auf 4 Wochen nach 
Italien zu gehn, und was mir wahrscheinlich sehr viel Geld kosten wird; daß es mir durch
                        einen sogenannten 
Scandal d. h. ein augenblickliches allgemeines, im Munde der Leute sein, meine 
Exis österreichische Existenz kosten wird, ist nicht mehr sehr wahrscheinlich. Ob es mir aber nicht 
meine ohne Scandal den von mir ergriffenen Beruf und dadurch wohl auch includiert die Existenz in 
Österreich, unmöglich machen wird, darüber bin ich im Unklaren. 
 
                      .  .  .  Ich werde Dir, sobald wir uns sehn, Die Sache erzählen, bitte Dich aber, 
Niemandem gegenüber ein Wort darüber zu äußern, daß ich Dir diesbezüglich Etwas mitgetheilt habe. Die Angelegenheit, obwohl über das unangenehmste
                        Stadium hinaus, hat noch im Lauf der letzten Zeit, oft in sehr indirectem Zusammenhang
                        mit ihr stehende, Schritte nothwendig gemacht – so habe ich auch auf Deine 
zweite Arbeit nur telegraphisch geantwortet.
 
                     Beide 
Arbeiten gefallen mir sehr gut und 
scheinen mir verschieden zu zeigen, 
daß Du unwahrscheinlich begabt bist zwar 
wirken sie auf mich auf eine Art, die vielleicht die natürlichste ist. Ich fange an zu lesen, werde
                        interessirt, von dem was geschieht, und im allgemeinen schlägt jede Wortkombination
                        (Substantiv-Adjectiv) bei mir ein, macht mir einen Eindruck, während gleichtzeitig meine Theilnahme für die Personen von denen
                        Du sprichst wächst.
 
                     Beide Male war ich ergriffen und nah dem Weinen bei den traurigen Stellen der Geschichte.
                        (Ich habe hier im 
Ministerium, wo ich schreibe die Manuscripte nicht bei der Hand, das erschwert diesen Brief.) Ich möchte Dir nämlich paar Worte über die Fehler sagen.
                        Bei der 
ersten Geschichte, die mir trotz des ersten starken Eindrucks, die viel schwächere scheint und die
                        weniger wirkungsvolle, unterscheide ich zwei Arten von Fehlern. Die erste, 
uncorrigirbare Art von Fehlern, ein Fehler eigentlich, uncorrigirbar aber gewissermaßen nur negativ
                        und mir nicht so unsympathisch besteht (für mich) darin, daß weder die drei Musikanten
                        für unsre Seele plastisch, wirklich, im Relief herauskommen, noch auch der Lieutenant, der die Geschichte schreibt,
                        noch auch endlich ein prägnantes Erlebnis, im Vorgang, bei dem uns eventuell direct
                        die ganzen Seelen der Handelnd
nen enthüllt werden bräuchte, aber soviel davon in einem solchen Licht, daß wir uns
                        sagen müssen, hier ist durch das Eingreifen des Lieut X – die Existenz von drei Menschen
                        ganz anders gestaltet worden. Auch das ist nicht der Fall – als Erzählung ist das Ganze wohl mislungen – auch nichts zum Drucken, glaube ich, – es sind angeschlagene,
                        angenehme Tonreihen, keine Musik. Was nun trotzdem mir das Ganze erfreulich und schön
                        macht, und mir bei einem Urtheil über den Dichter das Günstig entscheidende zu sein
                        scheint, ist folgendes: – der 
Grun Inhalt der Geschichte, das seelische Erlebnis ist interessant wie (was meinem Gefühl
                        die Hauptsache ist) die Reihe der Bilder die uns 
Stückw unter dieses Erlebnis vorgeführt werden sind interessant, weil das Gewebe der Worte im 
Großen und Ganzen gut ist, d. h. wie die Worte 
und Sätze und Wortverbindungen 
meistens die äußeren Vorgänge, Dinge und Personen (und die nehmen den Hauptraum in der Erzählung
                        ein) ernst, objectiv und anschaulich wiedergeben und auch insofern vorsichtig gewählt
                        sind, als sie das von den Objecten nehmen, was an ihnen entweder 
im ganzen characteristisch 
ist (z. B. die dicken Mauern des Türkenhauses) oder für das Verhältnis zum Hautvorgang
                        (der Lieuten. und zwei Türkenbuben) wichtig ist. (z. B. alles über die militärischen Vorgänge.) 
Meistens leider nicht immer! Die geschwätzigen, 
und f gewöhnlichen, und für mein Gefühl gemeinen Stellen der 
Erzählung (ich habe sie bevor ich das Manuscript den 
Schriftstellern vorlas
, möglichst umgeändert) stören mich vielmehr in meiner Wertschätzung von Dir, als, daß »das Ganze« verpatzt ist.
 
                     Ich habe diese erste 
Geschichte vor 
Bahr, 
Schnitzler, 
Hirschfeld, 
Servaes, 
Gold, (
Hugo war krank) 
vorgelesen. 
Hirschfeld hat gesagt die 
Erzählung habe ihn sehr ergriffen; die andern haben manches ausgesetzt, vorausgesetzt wie sie
                        sagten, daß es sich um eine Arbeit von einer gewissen Höhe des Niveaus handle; daß
                        Du auf dieser Höhe stehst (dieses  Höhe des Niveaus ist es auch, die ich als das Erfreuliche an der Arbeit bezeichnete,)
                        schienen sie bei Dir nach dem 
Osmanbegovic für selbstverständlich zu halten.