Das Urteil über die »Juden«, um das Sie mich befragen, wird kein unbefangenes sein,
                        denn meine besten, meine liebsten Jugendfreunde sind Juden: 
Schnitzler, 
Beer-Hofmann, 
Salten, 
Hugo von Hofmannsthal sind Juden. »Minderwertig« kann man eine Rasse doch kaum nennen, die solche Früchte
                        zeitigt. Auch ich war in meiner Jugend gelegentlich Antisemit. 
Theodor Herzl war mir ein lieber Freund, wir wohnten eine Zeit lang einander nahe und gingen an
                        schönen Tagen gern stundenlang immer um die 
Votivkirche herum und stimmten darin überein, daß der Jude dem Arier unerträglich werden muß,
                        wenn Juden sich anmaßen, Deutsche zu sein oder gar Führer der Deutschen. 
Herzl gehörte in seiner Jugend derselben 
Burschenschaft an wie ich: ihr 
FührerIm Abschiedsbrief begründete Paul Porges von Portheim seinen Suizid damit, dass
                           ein erfolgreicher Abschluss des Studiums unwahrscheinlich geworden sei (ÖKeA 175–177). war Jude, doch dieser Jude setzte den Antrag durch, fortan Juden oder auch nur, wie
                        man das damals hieß: Judenstämmlingen, den Einlaß in unsere Burschenschaft zu verwehren.
                        Nachdem er das durchgesetzt hatte, war er konsequent genug und erschoß sich.
 
                     Von Ihren Fragen antworte ich auf die erste (»Sind die Juden eine minderwertige Rasse?«)
                        also: Minderwertig keineswegs; die zweite (»Sind die Juden Schädlinge der Wirtschaft?«)
                        entzieht sich meiner Erfahrung, ich verstehe von Wirtschaftsproblemen nichts. Daß
                        die Juden die 
deutsche Kultur zerstören sollen, scheint mir eine Beleidigung dieser Kultur, sie wird sich
                        in allen Gefahren behaupten. Daß Gestalten wie 
Heinrich Heine verächtlich sind, wird niemand leugnen, so wenig, wie die Reihe opferfreudiger hochgesinnter
                        Juden.