13. Oktober. Gestern, im »
Zwischenspiel«, halb amüsiert und doch wütend über die hochachtungsvolle Freude, die die Juden
                        im Parkett und in den Logen, gerade sie, an 
Schnitzlers jungem Fürsten haben, vor Wonne wedelnd und nass. Merkwürdig. Gerade sie, die doch
                        unseren Adel kennen. Hier diese Frau, die einmal, aus Snobismus, mit einem Grafen
                        geschlafen hat und doch wissen muss, wenn sie mit sich allein und halbwegs ehrlich
                        gegen sich ist, dass jeder »
Bocher« im Erotischen delikater, oder sagen wir: weniger primitiv ist. Und daneben ihr Mann,
                        der mit Fürsten in einer Verwaltung sitzt, wo man sie ja für anrüchige Geschäfte braucht,
                        und daher doch wissen muss, wie moralisch ahnungslos sie sind. Warum fröstelt sie
                        also vor Ehrfurcht, wenn ein Aristokrat auf die Bühne kommt? Warum verachten sie sich
                        so? – Mir fällt da wieder jene Geschichte ein. Ein Dichter, der Jude ist, schreibt
                        ein Stück. Es missfällt einem Kritiker, der Jude ist; er verreisst es. Das erbittert
                        einen anderen Dichter, der Jude ist. Und er tröstet den ersten, indem er an ihn über
                        den Kritiker schreibt, es sei von diesem nichts anderes zu erwarten gewesen: denn »Ihr so herrliches
                        Werk wird kein Jude je verstehen«. – Mir ist nur um die Kinder dieser durch Reichtum
                        verdorbenen Juden bang. Bang und leid. Und 
Herzl ist tot.