Ein gefälschter Brief Artur Schnitzlers, 16. 11. 1926

Ein gefälschter Brief Artur Schnitzlers.
Die abgelehnte Einladung nach Budapest.
Originalbericht des Neuen Wiener Journals
Artur Schnitzler ersucht uns um Aufnahme folgender Zeilen:
»Man sendet mir eine Anzahl ziemlich gleichlautender Zeitungsnotizen ein, in denen ein Brief mit meiner Unterschrift, den ich niemals geschrieben habe, vollinhaltlich – und da und dort sogar ›wörtlich‹ – zitiert wird. In diesem angeblich von mir geschriebenen Briefe motiviere ich die Ablehnung einer Einladung zur Abhaltung einer Vorlesung in Budapest damit, daß man mich dort als ›pornographischen Schriftsteller hingestellt habe‹. In Wahrheit verhält es sich so, daß die letzte an mich ergangene Einladung zu einer Vorlesung in Budapest wenige Tage vor der beabsichtigten Aufführung des ›Reigen‹ (es wird wohl ein Jahr seither her sein) mündlich erfolgte, und zwar, wenn ich mich recht erinnere, durch eine dem betreffenden Theater nahestehende Persönlichkeit, also zu einem Zeitpunkt, wo von einem Zensurverbot des ›Reigen‹ mir wenigstens noch nichts bekannt war. Ich habe diese Einladung (wie so manche vorher, sowohl aus Budapest wie aus anderen Städten) ohne Angabe bestimmter Gründe, in diesem Falle mündlich, in einem Gespräch von Angesicht zu Angesicht, abgelehnt. Jener veröffentlichte Brief stammt also nicht von meiner Hand, ist der Form und dem Inhalt nach apokryph und die in den mir vorliegenden Zeitungsnotizen nicht genannte Konzertagentur sollte wohl ein Interesse daran haben, den Hersteller der Fälschung zu ermitteln. Ich brauche nicht hinzuzufügen, daß mein inneres und äußeres Verhältnis zu irgendeiner Stadt durch die Auffassung oder Maßnahmen ihrer Behörden gegenüber mir und meinen Werken nicht im geringsten bestimmt werden könnte.  Artur Schnitzler