54)
Wien 22.2.904.
Mein lieber Hermann,
wir waren eben in Hitzing, mit Hugo's und Richard's und Karg zusammen,
und da hab ich mit grosser Freude gehört, dass Du Dich viel wohler be-
findest. Nun möchte ich aber gern recht bald ein Wort von Dir selbst ver-
nehmen, und wissen, wienes mit Deinen Plänen für die nächste Zeit steht.
Ich bin seit Freitag Abend wieder in Wien-, Wir (Olga und ich) waren auf
der Rückreise einen Tag in Dresden und haben allzu kurze Stunden in der
Galerie verbracht.
Ueber den Einsamen Weg hast Du wohl, soweit es sich um den äusserlichen
Verlauf des ersten Abends handelt, das Wesentliche gelesen. Es war ein
leidlichen Abfall, Husten und Unruhe von Anbeginn, matter Beifall nach
2. und 3. Akt mit Widerspruch.. Gelächter und starker Beifall nach dem
4. Akt, Viel Applaus und viel Zischen am Schluss. Der 2.Abend, ausverkauft,
ging beträchtlich besser - und nun scheint sich, wie ich aus Berlin höre,
das Stück, das bei einem Teil der Kritik sehr lebhafte Anerkennung fand,
doch einige Zeit halten zu wollen. In Wien war eigentlich nur das Gold-
mann'sohe Telegramm wirklich schlecht - was er mir persönlich über das
Stück zu sagen wusste, waren nur die folgenden Worte, als ich ihn ein paar
Tage nach der Premiere zum Abschied besuchte: “Ich schreibe eben das
Feuilleton über den E.W.- Du wirst keine Freude davon haben".-Die Fehler
der Stücks spür ich jetzt wie mir vorkommt sehr genaujdas Verhältnis
zwischen Sala und Johanna müsste schon zu Beginn völlig deklariert sein
das ist ein technischer Fehler, den gutzumachen in meinen Kräften stände.
Anderes aber dürfte in den Mängeln meiner Begabung begründet sein - so
insbesondere eine gewisse Steifigkeit im Wesen Julians. Immerhin bleibt
es eine schwierige Sache von einer Person die Meinung verbreiten zu wol-
len - sie sei einmal ein Genie gewesen. Ja wenn man das Bild ins Foyer
hängen könnte, dass Julian vor 25 Jahren gemalt und das ihn berühmt ge-
macht hat! Uebrigens - vielleicht wäre es auch im Augenblick vergessen.
da man sich wieder ins Parkett begibt.
Was ich selbst von dem Stück wirklich liebe, ist der 5.Akt und die Ge-
stalt des Sala, der gegenüber ich mich, eigentlich das erste Mal in meinen
Leben als eine Art von Schöpfer fühle. Und der 5.Akt bedeutet mir zu-
weilen etwas mehr als den Abschluss dines Dramas - ja nicht viel weniger
als den Abschluss von 42 selbstgelebten Jahren. Nun seh ich mancherlei
vor mir, was mir, wenn ich etwas weniger faul, etwas weiniger zerstreut,
und mit wahrer Intensität begabt wäre, nach dem sonstigen Stande meines
Inneren, eigentlich gelingen müsste.
-Wir haben in Berlin oft von Dir gesprochen und alle Leute, die Dich
kennen, lassen Dich grüssen. Meine sizilianischen und korfiotischen
Pläne weben weiter - wirst Du auch südlicher wandern und werden wir uns
sehen? Meine Frau grüsst Dich herzlich, ich desgleichen und wir wären
sehr froh, wenn wir bald noch Besseres, ganz Gutes von Dir hörten.
Dein Arthur
Wien 22.2.904.
Mein lieber Hermann,
wir waren eben in Hitzing, mit Hugo's und Richard's und Karg zusammen,
und da hab ich mit grosser Freude gehört, dass Du Dich viel wohler be-
findest. Nun möchte ich aber gern recht bald ein Wort von Dir selbst ver-
nehmen, und wissen, wienes mit Deinen Plänen für die nächste Zeit steht.
Ich bin seit Freitag Abend wieder in Wien-, Wir (Olga und ich) waren auf
der Rückreise einen Tag in Dresden und haben allzu kurze Stunden in der
Galerie verbracht.
Ueber den Einsamen Weg hast Du wohl, soweit es sich um den äusserlichen
Verlauf des ersten Abends handelt, das Wesentliche gelesen. Es war ein
leidlichen Abfall, Husten und Unruhe von Anbeginn, matter Beifall nach
2. und 3. Akt mit Widerspruch.. Gelächter und starker Beifall nach dem
4. Akt, Viel Applaus und viel Zischen am Schluss. Der 2.Abend, ausverkauft,
ging beträchtlich besser - und nun scheint sich, wie ich aus Berlin höre,
das Stück, das bei einem Teil der Kritik sehr lebhafte Anerkennung fand,
doch einige Zeit halten zu wollen. In Wien war eigentlich nur das Gold-
mann'sohe Telegramm wirklich schlecht - was er mir persönlich über das
Stück zu sagen wusste, waren nur die folgenden Worte, als ich ihn ein paar
Tage nach der Premiere zum Abschied besuchte: “Ich schreibe eben das
Feuilleton über den E.W.- Du wirst keine Freude davon haben".-Die Fehler
der Stücks spür ich jetzt wie mir vorkommt sehr genaujdas Verhältnis
zwischen Sala und Johanna müsste schon zu Beginn völlig deklariert sein
das ist ein technischer Fehler, den gutzumachen in meinen Kräften stände.
Anderes aber dürfte in den Mängeln meiner Begabung begründet sein - so
insbesondere eine gewisse Steifigkeit im Wesen Julians. Immerhin bleibt
es eine schwierige Sache von einer Person die Meinung verbreiten zu wol-
len - sie sei einmal ein Genie gewesen. Ja wenn man das Bild ins Foyer
hängen könnte, dass Julian vor 25 Jahren gemalt und das ihn berühmt ge-
macht hat! Uebrigens - vielleicht wäre es auch im Augenblick vergessen.
da man sich wieder ins Parkett begibt.
Was ich selbst von dem Stück wirklich liebe, ist der 5.Akt und die Ge-
stalt des Sala, der gegenüber ich mich, eigentlich das erste Mal in meinen
Leben als eine Art von Schöpfer fühle. Und der 5.Akt bedeutet mir zu-
weilen etwas mehr als den Abschluss dines Dramas - ja nicht viel weniger
als den Abschluss von 42 selbstgelebten Jahren. Nun seh ich mancherlei
vor mir, was mir, wenn ich etwas weniger faul, etwas weiniger zerstreut,
und mit wahrer Intensität begabt wäre, nach dem sonstigen Stande meines
Inneren, eigentlich gelingen müsste.
-Wir haben in Berlin oft von Dir gesprochen und alle Leute, die Dich
kennen, lassen Dich grüssen. Meine sizilianischen und korfiotischen
Pläne weben weiter - wirst Du auch südlicher wandern und werden wir uns
sehen? Meine Frau grüsst Dich herzlich, ich desgleichen und wir wären
sehr froh, wenn wir bald noch Besseres, ganz Gutes von Dir hörten.
Dein Arthur