B5: Bahr, Hermann_1 Schnitzler an Bahr, Typoskript, Seite 56

22.4.1913.
107)
Lieber Hermann,
ich habe nun Altenborg, seinen Bruder und seinen Arzt gesprochen u
glaube ein klares Bild von der ganzen Sache zu haben. Altenberg
vor cirka 485 Monaten wegen eines akuten alkoholischen Irreseine
reideen etc.
Steinhof gebracht worden. Die schweren Erscheinungen, Verfolgung
die, erst in der Anstalt selbst auftraten, dürften (was mir arstlich
allerdings nicht gesagt wurde) auf die plötzliche vollkommene Abstine
zurückzuführen gewesen sein (die man jetzt, ich weiss nicht recht warum,
statt der früher geübten allmählichen Entwöhnung in vielen Fällen anven-
det). Ich habe Altenberg geistig frischer gefunden als seit langer Zeit,
nur eben sehr erregt, weil erschon gerne auf den Semmering möchte. Brei-
lich besteht die Gefahr, besser die Sicherheit, dass er ohne ärztliche
Aufsicht sofort wieder zu trinken und bald auch weder alkoholisch zu
expedieren anfängt. Diese Gefahr wird aber gerade so wie heute in acht Ta-
gen, in vier Wochen und in einem halben Jahr bestehen. Dazu kommt, dass
seine steigende Erregung wegen der internierung in Steinhof seinem allge-
meinen Zustand kaum förderlich sein dürfte. Dies alles habe ich auch Peter
Altenbergs Bruder gesagt, und da der Chefarzt gegen P.A.'s Entlassung
nichts einzuwenden hat, wenn der Bruder die Verantwortung übernimmt, man
muss allerdings fragen, wofür?), so dürfte P.A. in wenigen Tagen die Reise
auf den Semmering antreten können. Der Bruder möchte nun was ich sehr ver¬
nünftig finde, dass P.A. wenigstens anfänglich nicht im Hotel, sondern im
Kurhaus, also unter recht bescheidener ärztlicher Aufsicht wohne. Für den
Fall, dass sich das nicht durchführen liesse, wäre auch die Begleitung durch
einen Närter in Erwägung zu ziehen. P.A.möchte selbst sehr gern seinen
Wärter aus dem Sanatorium für ein paar Tage mitnehmen, wenn den nicht,
wie es den Anschein hat, von Seiten der Anstalt Schwierigkeiten entgegen-
gesetzt würden. Es hat meiner Ansicht nach wirklich keinen Sinn Peter
Altenberg länger in Steinhof zu halten, wenn auch kaum zu bezweiflen ist.
dass nach einigen Zeit ihm ein neues Delirium und wahrscheinlich eine neu-
erliche Innernierung, die ja dann der Umgebung wegen nicht zu vermeiden
ist, bevorstehen dürfte. Von den Degenerationserscheinungen, die man nach
allerlei Gerüchten hätte befürchten können habe ich bei Altenberg nicht
das Geringste bemerkt, und ich glaube, wenn auch vielleicht die plötzliche
Abstinenz zu Beginn der Anstaltsbehandlung nicht ausschliesalich von Vor-
teil für ihn gewesen ist - die geänderte Lebenweise im weiteren Verlauf
und alles was damit zusammenhängt hat ihm sicher nur gut getan. Was no
verlängern.
lt
türlich kein Anlass ist den Aufenthalt ohne Notwand
Herzlichen Gruss
Herrn Hermann Bahr, Salzburg.
108)
G.C.F.P.
Lieber Hermann.
G.C.H.F.P.S.
für heute nur die Mitteilung,
Semmering, zuerst zu Hansy, hinaus
ck. Wann wir nach Sal
lich noch in diesem Jahr. Zu veleh
Auf Wiedersehen und alles Gute von 1