B5: Bahr, Hermann_1 Schnitzler an Bahr, Typoskript, Seite 59

Salzburg, Hotel Oesterr,
Hof
115)
16. Dezember 1921.
Sehr verehrter lieber Herr Bahr,
schon längst wollt ich mich wieder bei Ihnen melden. Aber ich hatte Be¬
such, und nun seh ich wieder Gesichter auftauchen und da denk ich
Wiener.
werden keine ruhigen Tage haben,- und sage schon gar nichts für me
zu erbitten.
Dem Arthur hab ich von den beiden Spaziergängen mit Ihnen berichtet, da
raufhin schrieb er mir neulich eine Menge schöner Dinge über Sie und nun
fragt er immer nach Ihnen,- ich wünschte so sehr- er würde Ihren ein-
mal in einer guten Stunde begegnen. Von allen Menschen, die ich kenne,
glaub ich, sind Sie der Einzige, der befreiend auf ihn wirken könnte.
Meine Kinder kommen zu Weihnachten hieher zu mir. Ich wünsche Ihnen
gute und frohe Tage!
Von Herzen ergeben
Ihre
Olga Schnitzl-er
116)
Wien, 6.6.22.
Mein lieber Hermann,
lass Dir vorläufig auf diesem Weg für die ausführlichen, freundschaftlichen
marnherzigen Grüsse danken, die Du mit durch die Zeitungen zu meinem Ge-
burtstag gesandt hast. In diesem Sommer hoff ich zuversichtlich Dir end-
lich wieder die Hand drücken zu können. Ich nehme an, du bleibst vorläufig
in München, ich komme wohl durch und darf Dich aufsuchen! Mit tausend
Grüssen Dein getreuer
Arthur
117)
Wien 16.2.1930.
Mein lieber Hermann,
nach so langer Zeit höre ich wieder was von Dir - und da verleihst Du
mir gleich den Nobelpreis!
Ich fühle ganz wie Du: dass Hugo derjenige gewesen ist, der ihn hätte
bekommen müssen. Leider konnte ich diesmal nicht wieder aussprechen
wie seinerzeit, als ich (noch dazu für das Zwischenspiel!) dem Grill-
parzer-Preis erhielt, dass xxxx der eigentlich Hofmannsthal ge
bühre. Auch damit hast Du recht: melden werde ich mich nicht, vielleicht
weniger aus Bescheidenheit, als xxxx aus Bequemlichkeit, und einer
immer wachsenden Gleichgüligkeit gegen alle Arten von äussern "Ehrungen"
und was man so nenntif.
Dein Tagebuch lese ich natürlich immer - so bedürfte es also kann einer
freundlichen persönlichen Bemerkungen und umso mehr danke ich Dir. Ich
weiss nicht, ob Du meinen kleinen Bücher "Geist in Worten und in der Tat“
und mein Buch der Sprüche und Bedenken erhalten hast - ich würde sie Dir
gern schicken, auf die Gefahr hin, dass Du mit vielem nicht einverstanden
sein wirst.
Es wäre schön, wenn man einander wieder sähe. Einer von uns wird
einmal bedauern. wie Hugo immer sagte.— Ich grüsse Dich herzlich in aus
ter Freundschaft Dein Arthur.