1e à 2e
Wien, 17.3.1930.
118)
Mein lieber Hermann,
Dein Heimweh nach Wien und das Deiner verehrten Gattin hat auch mir ans
Herz gegriffen, und der Hofrätin, mit der ich neulich davon sprach. Aber
so wenig wie ich den Kobelpreis kriegen werde, so wenige habe ich in Oes-
terreich zu sagen, sonst hätte ich Dich längst wieder ans Burgtheater ge-
rufen, (auf die Gefahr hin, dass Du mich wieder nicht aufführst, auch
ohne Poldi) - und wie erst Frau Mildenburg in die Oper oder wohin sie sonn
möchte, - und in der Musik geht ja meine Objektivität noch weiter als in
der Literatur. Aber je weniger man versteht und je mehr man liebt, umso
gerechter ist man.
Aber Scherz beiseite, was bindet Dich eigentlich an München? Ich habe das
Gefühl, dass Deine Leiden und - entschuldige - Deine Hypochondrien sich
hier zumindest lindern würden. Es würde viele freuen, auch manche, die
nicht in allem Deines Sinnes sind, Dich wieder hier zu wissen. Denn
wissen wir überhaupt welchen Sinnes wir sind. Kaum welchen Herzens. Be-
ziehungen auch unterbrochene, auch gestörte, sind das einzige Reale in
der seelischen Oekonomie. Wenn mir meine Vergangenheit erscheint, bist
Du mir immer einer der Nächsten, und so kann es auch in der Gegenwart nicht
anders sein.
Klingt das nicht ein bisschen nach fünften Akt erste Szene? Sagen wir:
vierter, - vorletzte. Wir wollen nicht sentimental werden. Ich bemerke
mit angemessener Kühle: Hoffentlich sieht man sich einmal wieder. Es
wäre schön.
Arthur.
Von Herzen Bein
5.9.1931.
119)
Lieber Hermann,
ich lese, dass Dein "Konzert" jetzt als Tonfilm erscheint, nachdem es
vorher, so weit ich mich erinnere, auch schon als stummer Firm zu sehen
war. Ich möchte nun gern wissen - falls es Dirn nicht unbequem ist mir
darauf zu antworten - ob, resp. welche Ansprüche die seiner-
zeitigen Verfertiger des stummen Filme an Dich gestellt haben. Ich erlebe
es in jedem einzelnen Fall, so mit "Liebelei", "Anatol", "Fräulein Else"
dass sich die seinerzeitigen Verfertiger der stummen Fassung freundlich
erpresserisch gebärden, in welcher Haltung die Leute durch allerlei Ge-
setze, Auffassungen, Bestimmungen - auch insoweit sie nicht vorhanden
sind - mehr oder weniger unterstützt werden.
Wolltest Du mir bei dieser Gelegenheit auch sonst ein Wort über Dich und
Dein Befinden sagen, so wird es mich herzlich freuen,
Mit vielen Grüssen und der Bitte mich Deiner verehrten Gattin zu
Dein
empfehlen
Arthur-
Herrn Hermann Bahr
München.
Wien, 17.3.1930.
118)
Mein lieber Hermann,
Dein Heimweh nach Wien und das Deiner verehrten Gattin hat auch mir ans
Herz gegriffen, und der Hofrätin, mit der ich neulich davon sprach. Aber
so wenig wie ich den Kobelpreis kriegen werde, so wenige habe ich in Oes-
terreich zu sagen, sonst hätte ich Dich längst wieder ans Burgtheater ge-
rufen, (auf die Gefahr hin, dass Du mich wieder nicht aufführst, auch
ohne Poldi) - und wie erst Frau Mildenburg in die Oper oder wohin sie sonn
möchte, - und in der Musik geht ja meine Objektivität noch weiter als in
der Literatur. Aber je weniger man versteht und je mehr man liebt, umso
gerechter ist man.
Aber Scherz beiseite, was bindet Dich eigentlich an München? Ich habe das
Gefühl, dass Deine Leiden und - entschuldige - Deine Hypochondrien sich
hier zumindest lindern würden. Es würde viele freuen, auch manche, die
nicht in allem Deines Sinnes sind, Dich wieder hier zu wissen. Denn
wissen wir überhaupt welchen Sinnes wir sind. Kaum welchen Herzens. Be-
ziehungen auch unterbrochene, auch gestörte, sind das einzige Reale in
der seelischen Oekonomie. Wenn mir meine Vergangenheit erscheint, bist
Du mir immer einer der Nächsten, und so kann es auch in der Gegenwart nicht
anders sein.
Klingt das nicht ein bisschen nach fünften Akt erste Szene? Sagen wir:
vierter, - vorletzte. Wir wollen nicht sentimental werden. Ich bemerke
mit angemessener Kühle: Hoffentlich sieht man sich einmal wieder. Es
wäre schön.
Arthur.
Von Herzen Bein
5.9.1931.
119)
Lieber Hermann,
ich lese, dass Dein "Konzert" jetzt als Tonfilm erscheint, nachdem es
vorher, so weit ich mich erinnere, auch schon als stummer Firm zu sehen
war. Ich möchte nun gern wissen - falls es Dirn nicht unbequem ist mir
darauf zu antworten - ob, resp. welche Ansprüche die seiner-
zeitigen Verfertiger des stummen Filme an Dich gestellt haben. Ich erlebe
es in jedem einzelnen Fall, so mit "Liebelei", "Anatol", "Fräulein Else"
dass sich die seinerzeitigen Verfertiger der stummen Fassung freundlich
erpresserisch gebärden, in welcher Haltung die Leute durch allerlei Ge-
setze, Auffassungen, Bestimmungen - auch insoweit sie nicht vorhanden
sind - mehr oder weniger unterstützt werden.
Wolltest Du mir bei dieser Gelegenheit auch sonst ein Wort über Dich und
Dein Befinden sagen, so wird es mich herzlich freuen,
Mit vielen Grüssen und der Bitte mich Deiner verehrten Gattin zu
Dein
empfehlen
Arthur-
Herrn Hermann Bahr
München.