B5: Bahr, Hermann_3 Bahr an Schnitzler, Typoskript, Seite 67

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23.12.1907 53
Lieber Arthur!
Danke schön für Deinen Brief. Ich möchte nicht, dass Du
falsch deutest, was ich über Reinhardts Verhältnis zu Deinen Werken
schrieb. Er bemüht sich sehr, ihnen gerecht zu sein, aber ich habe immer
das Gefühl, dass ihm das innere Verstehen dafür fehlt, und es ist schon
sehr bös.wenn einer sich erst bemühen muss. Aber am guten Willen fehlts
ihm sicher nicht. Nur dass dieser dabei leider schliesslich gar nichts
nützt. - Der Ritschernüsste gesagt werden, dass sie Anfang Mai oder im
September hier sein soll. Die Mildenburg hat einem erkwürdige Macht über
sie, sodassie nicht blos aus ihr heraus holen, sondern sogar bis zu ei-
nem gewissen Grad in sie hinein pumpen kann. Ihr würde ich das Darstel-
lerische ganz überlassen, ohne selbst dreinzureden; bei zweien kommt
nichts heraus. Ich abwr würde mit grosser Passion den Strakosch machen
und dem Mädel den Rhythmus der Verse einbläuen, wovon ich aus Erfahrung
weiss, dass ichs kann. Wenn es trotzdem schliesslich scheusslich wird,
können wir nichts dafür. Garantieren könnte ich für die Höflich ja auch
nicht, die freilich einen vagen Schimmer von Seele oder Poesie oder wie
man xx das nennt für die Rolle hätte, den das Chactische, das die Ritscher
sehr stark hat, vielleicht nicht völlig ersetzen kann.
G.H.F.P
Ich selbst habe vor Ansteckungen gar keine Furcht,
muss aber auf meine Frauen Rücksicht nehmen, hoffe jedoch, dass ich frühes-
tens erst am 15.Januar zu Reinhardt zurückkehre, dass Deine liebe Frau,
der ich das Allerbeste wünsche, noch vorher so weit sein wird, dass ich
zu Euch kann, was ich Dich bitte, mich gleich wissen zu lassen.
Herzlichst mit den wärmstenWeihnachtswünschen
Dein