196
A.S. an H.v.H.
127
wirken in anständiger französischer Uebertragung
besser als in meinem Deutsch. Die reine Tendenz des
Erzählens ist dem romanischen Sprachgeist eingebo-
ren, während er im deutschen gleichsam wie gegen die
Natur wirkt, wenn die Mitteilung von Tatsachen der
Seele und Menschlichkeit entbehrt. Die umgekehrte
Probe kann man machen, wenn man irgendeine kurze Mau-
passant-Geschichte, die französisch noch lange nicht
schwach wirkt, in deutscher Uebersetzung liest.
-Immerhin habe ich die Empfindung, dass meine Techn-
nik der inneren Entwicklung meiner Produktion noch
nicht nachgekommen ist-was mir übrigens nicht bange
macht. Es ist jetzt in mir wieder so eine Neigung
Sachen nur anzufangen und zu skizzieren,wie in der
Zeit, die der Anatol-Epoche vorherging. Am meisten
beschäftige ich mich jetzt mit einer Art von Komödie
und bin innerlich am meisten von dem Roman erfüllt,
den ich im Frühjahr begonnen, den aber fortzusetzen
ich nicht in genügend reiner Stimmung mich befinde.
197
A.S. an H.v.H.
130 127
In Concerte gehen wir nicht selten, ins Theater
beinahe nie, aus persönlichen Gründen waren wir
bei der Hovelle d’Andrea- und ich habe es nicht
ohne Bitterkeit empfunden, dass ich den Kainz nie
werde den Sala spielen sehen.Denn das Burgtheater,
wie Herr Schlenther an Fischer geschrieben,“re-
flaktiert nicht" auf dieses Stück. Brahm gegenüber
(was Sie ja wohl wissen dürften) hat sich Schl.über
das Stück sehr missfällig geäussert; scheint es aber,
wie Brahm sagt, ganz oberflächlich-und wie ich über-
zeugt bin-mit bösem Willen gelesen zu haben.
Und nun, wann sieht man sich wieder? Wie wär es,
Montag oder Mittwoch Abend in dem Hietzinger Re-
staurant? Schreiben Sie mir, wann es Ihnen besser
passt und ob auch Ihre Frau mitkommt. Und Richard?
Ich höre und sehe nichts von ihm.- Sobald das Wet-
ter ein dischen angenehmer wird, kommen wir gern
nach Rodaun.-Das andere, das ich bald bekomme, ist
wohl das Gerettete Venedig?-Leben Sie wohl, herz-
lichst
Ihr
A.S. an H.v.H.
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wirken in anständiger französischer Uebertragung
besser als in meinem Deutsch. Die reine Tendenz des
Erzählens ist dem romanischen Sprachgeist eingebo-
ren, während er im deutschen gleichsam wie gegen die
Natur wirkt, wenn die Mitteilung von Tatsachen der
Seele und Menschlichkeit entbehrt. Die umgekehrte
Probe kann man machen, wenn man irgendeine kurze Mau-
passant-Geschichte, die französisch noch lange nicht
schwach wirkt, in deutscher Uebersetzung liest.
-Immerhin habe ich die Empfindung, dass meine Techn-
nik der inneren Entwicklung meiner Produktion noch
nicht nachgekommen ist-was mir übrigens nicht bange
macht. Es ist jetzt in mir wieder so eine Neigung
Sachen nur anzufangen und zu skizzieren,wie in der
Zeit, die der Anatol-Epoche vorherging. Am meisten
beschäftige ich mich jetzt mit einer Art von Komödie
und bin innerlich am meisten von dem Roman erfüllt,
den ich im Frühjahr begonnen, den aber fortzusetzen
ich nicht in genügend reiner Stimmung mich befinde.
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A.S. an H.v.H.
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In Concerte gehen wir nicht selten, ins Theater
beinahe nie, aus persönlichen Gründen waren wir
bei der Hovelle d’Andrea- und ich habe es nicht
ohne Bitterkeit empfunden, dass ich den Kainz nie
werde den Sala spielen sehen.Denn das Burgtheater,
wie Herr Schlenther an Fischer geschrieben,“re-
flaktiert nicht" auf dieses Stück. Brahm gegenüber
(was Sie ja wohl wissen dürften) hat sich Schl.über
das Stück sehr missfällig geäussert; scheint es aber,
wie Brahm sagt, ganz oberflächlich-und wie ich über-
zeugt bin-mit bösem Willen gelesen zu haben.
Und nun, wann sieht man sich wieder? Wie wär es,
Montag oder Mittwoch Abend in dem Hietzinger Re-
staurant? Schreiben Sie mir, wann es Ihnen besser
passt und ob auch Ihre Frau mitkommt. Und Richard?
Ich höre und sehe nichts von ihm.- Sobald das Wet-
ter ein dischen angenehmer wird, kommen wir gern
nach Rodaun.-Das andere, das ich bald bekomme, ist
wohl das Gerettete Venedig?-Leben Sie wohl, herz-
lichst
Ihr