1.
Berlin, 4.10.1901.
Lieber Herr Schnitzler,
der Sendung sehe ich mit der Spannung eines Fiedelbo-
gens entgegen; nachdem ich sie erhalten haben werde,
kann man auch über den Aufführungstermin reden,vor-
her schwebt man zu sehr in der Luft. Sie versprachen
mir ge druckte Exemplare der ersten 3 Stücke,wie steht’s
damit? Und mit den kleinen Aenderungen, die Sie in Aus-
sicht stellten? „Anekdote“ scheint mir nicht sehr
charakteristisch, ich wünschte Sie finden ein Wort, das
den ganz eigenen Humor des Stückes in ähnlicher Weise
andeutete,wie beim „Kakadu“ die „Groteske“; derglei-
chen hilft den Dummen auf die Sprünge.
Aber werden 5 Stücke nicht zu viel sein für das mensch-
liche Fassungsvermögen? Ich habe Sie während der Ar-
beit mit dieser Erwägung nicht stören wollen, die ich
nun doch provisorisch aufwerfe, um event. nach Empfang
der beiden Restanten auf sie zurücknukommen.
Eilig treulich Ihr O.B.
Die Stücke ohne Untertitel zu lassen, halte ich nicht
für gut.
1
11
Berlin, 11.10.1901.
Lieber Herr Schnitzler,
die neuen Einakter habe ich gern erhalten und mich
bei beiden der feinen und nachdenklichen Poesie er-
freut, die aus Stoff und Durchführung spricht. Nur
scheint es mir, als hätten Sie aus ihnen noch mehr
herausholen können, die Gestalt des Ruppenspielers
runder anschauen lassen, dem Rademacher in der ent-
scheidenden Scene ein Mittel geben können, schauspie-
lerisch anzudeuten, was in ihm vorgeht. Ich theile näm-
lich Ihre Meinung über die Stärke der „Masken" deshalb
nicht, weil das, was in R. vorgeht, etwas Antidramatisches -
nicht nur Undramatisches ist: dass jemand das nicht
thut, schweigend,was er zu thun verhiess,muss auf der
Bühne fast stets enttäuschen, auch wenn es für den
Scharfsichtigenen, wie hier in der Probescene mit Flo-
rian,schon angedeutet scheint.
Stelle ich nun aber die Fünf in Gedanken nebeneinan-
der, so erscheint mir definitiv die grosse Zahl als sehr
Berlin, 4.10.1901.
Lieber Herr Schnitzler,
der Sendung sehe ich mit der Spannung eines Fiedelbo-
gens entgegen; nachdem ich sie erhalten haben werde,
kann man auch über den Aufführungstermin reden,vor-
her schwebt man zu sehr in der Luft. Sie versprachen
mir ge druckte Exemplare der ersten 3 Stücke,wie steht’s
damit? Und mit den kleinen Aenderungen, die Sie in Aus-
sicht stellten? „Anekdote“ scheint mir nicht sehr
charakteristisch, ich wünschte Sie finden ein Wort, das
den ganz eigenen Humor des Stückes in ähnlicher Weise
andeutete,wie beim „Kakadu“ die „Groteske“; derglei-
chen hilft den Dummen auf die Sprünge.
Aber werden 5 Stücke nicht zu viel sein für das mensch-
liche Fassungsvermögen? Ich habe Sie während der Ar-
beit mit dieser Erwägung nicht stören wollen, die ich
nun doch provisorisch aufwerfe, um event. nach Empfang
der beiden Restanten auf sie zurücknukommen.
Eilig treulich Ihr O.B.
Die Stücke ohne Untertitel zu lassen, halte ich nicht
für gut.
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Berlin, 11.10.1901.
Lieber Herr Schnitzler,
die neuen Einakter habe ich gern erhalten und mich
bei beiden der feinen und nachdenklichen Poesie er-
freut, die aus Stoff und Durchführung spricht. Nur
scheint es mir, als hätten Sie aus ihnen noch mehr
herausholen können, die Gestalt des Ruppenspielers
runder anschauen lassen, dem Rademacher in der ent-
scheidenden Scene ein Mittel geben können, schauspie-
lerisch anzudeuten, was in ihm vorgeht. Ich theile näm-
lich Ihre Meinung über die Stärke der „Masken" deshalb
nicht, weil das, was in R. vorgeht, etwas Antidramatisches -
nicht nur Undramatisches ist: dass jemand das nicht
thut, schweigend,was er zu thun verhiess,muss auf der
Bühne fast stets enttäuschen, auch wenn es für den
Scharfsichtigenen, wie hier in der Probescene mit Flo-
rian,schon angedeutet scheint.
Stelle ich nun aber die Fünf in Gedanken nebeneinan-
der, so erscheint mir definitiv die grosse Zahl als sehr