A47: Schulaufsätze, Seite 144

Worauf beruht unser Interesse
an tragischen Conflicten, wie
siez.B. in der Antigone des
Sophokles Dargestellt erscheinen.
Wenn wir ein menschliches Wesen sehen, das
zwei Gefüllen zu gleicher Zeit unterworfen¬
und auf gleiche Weise von den beiden hinunge
beregt dennoch gedrungen ist, einem
von beide zu folgen und diesem einem
Gefühle sich völlig hinzugeben.
wenn wir zu gleich sehen, daß xxx die Entschei¬
dung, seineige sich nach dieser oder
nach jenes Seite, unabänderlich den
Untergang des schwankenden Individu¬
ums herauf beschwört, ja daß die Ent¬
zur Folge hat,
scheidung nur deshalb horasch getroffen
wird, damit der entsetzliche Zustande
des Zweifels zu Ende gehe und der Unterganz
des Tod sein versöhnendes Amt über - da
fühlen wir unser Herz nicht allein
von Mitgefühl für das bemitleidenswerte
Wesen bewegt - nein wir empfinden in
V die Fürst
unsern Inern auch xxx Furcht, daß
nämlich, daß
wir im Widerstreite zweier Pflichten, die
beide auf die selbe Weise Erfüllung fodern,
der notwendigen Entscheidung zum Opfer
fallen.
Wir bemitleiden das Schicksal des Anti¬
gone, die
Gefühle der Bruderliebe gedrängt wird,
Bruder
den todten zu begraben, und dennoch dem Gebote
des tyraunischen Kreon gehorchen sollte, der welcher
es den mit der Todesstrafe bedroht, der
eswagte, dem Polyningkes, dem Feinde
der Stadt, die letzte Ehre zu erweisen. Unti¬
gone zweifelt aber gar nicht mehr, welcher
Pflicht sie folgen solle, - sie stellt das
menschlichen Re göttliche Recht weit
über die Gesetze, die des Mund eines
Sterblichen ausspricht, und gar eines
Sterblichen, der so ganz und gar von mensch¬
lichen teiderschaften bestimmt wird wie
eben Kreon.