A53: Der Geist im Wort und der Geist in der Tat, Seite 14

mal nicht ganz bewußt, aus egoistischen Mo¬
tiven.
Für den Politiker wie für den Pfaffen, ja
für alle Typen des negativen Gebiets, gilt als
Lebensregel jener bekannte Spruch, daß der
Zweck die Mittel heilige. Im positiven Ge-
biet gilt dagegen das Wort, daß niedrige Mittel
imstande wären auch den edelsten Zweck zu ent-
is a 3
heiligen.
Dem Staatsmann ist das Wohl seines
Staates oberstes Gesetz. Doch als Staatsmann
in höchsten Sinne müßte derjenige gelten, dem
das Wohl der Menschheit höher stünde als
das seines eigenen Staates. So wird es immer wie-
der geschehen, daß gerade die echtesten Reprä
sentanten dieses Typus in ihrem eigenen Lande
als Hochverräter gelten so wie die edelsten
Priester als Ketzer verfolgt, gekreuzigt und ver-
brannt wurden.
Hier zeigt es sich am eindringlichsten, daß ein
Repräsentant des positiven Typus tragi-
schen Konflikten um so eher gegenüber-
gestellt sein wird, in jevollendeterem Maße
er den Urtypus repräsentiert.
Der Philosoph im eigentlichen Wortsinn be-
deutet: einen Freund der Weisheit.
Als Typus im Diogramm bedeutet er den
Denker schlechtweg, einen Menschen, dem der
Drang, der Zwang, die Leidenschaft des Denkens
angeboren ist. Der Sprachgebrauch bezeichnet
manche Leute als Philosphen, nicht weil sie ge-
borene Denker sind, sondern weil sie tempera-
mentlos oder mit Resignation Menschen, Dinge
und Zustände betrachten;feine Einstellung zur
Welt und zum Leben, die an sich mit Philosophie
nicht das Geringste zu tun hat.
Dem Philosphen als Typus dieses Dia¬
gramms ist keineswegs der Wunsch eigen zu einer
sogenannten „Abgeklärtheit“, sondern vor allem
der, zu einer inneren Klarheit zu gelangen; sein
Drang ist es, den Weg zur Wahrheit zu finden,
auch wenn er überzeugt ist, daß das Ziel un-
erreichbar bleiben muß.
Dem Sophisten, dem negativen Gegen-
typus des Philosphen ist das Denken nicht
Drang und Leidenschaft, sondern Spiel, das frei¬
lich wieder als solches zur Leidenschaft werden
kann. Er ist nicht a priori ein Feind der Wahr-
heit, aber auch wenn er sie für erreichbar hielte,
würde sie nicht das erstrebenswerte Endziel für
ihn bedeuten. Es käme ihm nur darauf an, auf
dem Wege dahin sich und andre zu unterhalten;
— zu wirken und zu blinden. Das schillernde
Paradoxon gehört ihm vor allem zu, und für seine
Zwecke bedeuten Wahrheit und Lüge durchaus
gleichwertige Elemente.
+ ja für sein Leben
befuhl