Emma (sich auf den Divan setzend). Da ist es wenigstens
kühl und dämmerig. Es ist unangenehm, daß die Häuser Euch
gegenüber so weiß sind. Man ist ganz geblendet
Betty. Lulu, geh' hinein und leiste den Damen Ge-
sellschaft.
Lulu. Das ist so fad.
Emma (lacht).
Betty. Außerdem steht noch Dein Gefrorenes drin
Lulu. Richtig. (Läuft ab.)
4. Auftritt.
Betty. Emma.
Emma. Ich überlege eben, ob ich nicht doch endlich meine
Wohnung kündigen und auch in eine so belebte Straße ziehen
soll wie Ihr.
Betty. Weshalb? Du liebst ja den Lärm nicht.
Emma. Es hat doch manches für sich. Ich würde ja
höher wohnen, wo man durch den Lärm wenig gestört wird,
aber ich möchte auf ein bischen Leben hinab schauen können.
(Lächelnd.) Das ist offenbar das Alter, das sich meldet.
Betty. Du sprichst auch schon vom Alter?
Emma. Ach ja — ich hab ein gewisses Recht dazu.
Ich fange an, mich recht allein zu fühlen.
Betty. Wie kannst Du das sagen? Hast Du nicht Agnes?
Emma. Nein, ich hab' sie nicht.
Betty (ganz erstaunt). Wie?
Emma. Ach Gott wir haben doch überhaupt unsere
Kinder nicht, wenn sie in ein gewisses Alter kommen. Wenn
man ihr heute sagte, daß sie entweder auf mich — oder auf
ihn verzichten müsse: - wen würde sie aufgeben, was meinst Du
Betty. Auf wen verzichten? — Meinst Du Hugo?
Emma. Freilich mein ich Hugo.
Betty. Unter uns — ich glaube nicht, daß das etwas
Ernsthaftes ist. — Schwärmerei
Emma. Das ist ganz schön. Ich hätte garnichts da-
gegen. Einer wird sie mir doch wegnehmen: Hugo ist, jeden¬
falls der Beste. Es ist ganz merkwürdig, wie er mich manch¬
mal, besonders in seiner Art zu schauen und zu lächeln, au
meinen armen Mann erinnert.
Betty. Ja, Du hast recht.
Emma (steht auf). Ach Gott, Betty, ist das nicht die
dümmste Lüge, die es giebt, daß die Zeit vergessen macht? —
An manchem Tag ist's mir doch, als ob ich ihn gestern ver-
loren hätte! — Und es sind vierzehn Jahre! Vierzehn Jahre!
Nein es wird nicht besser!
Betty. Man wird älter. Das ist auch schon ein Glück!
Emma. Du findest, daß das ein Glück ist?
Betty. Oh ja, man kommt über vieles weg. Ich
möchte nicht wieder jung sein.
Emma. So?
Betty. Ich denke an die Jugend eigentlich wie an eine
schreckliche Verwirrung zurück — ich erinnere mich kaum deut-
lich — nur die Zeiten, in denen die Kinder kamen, erscheinen
mir wie etwas sehr Ruhiges und Schönes
Emma. Das ist ganz natürlich, wenn man zu seinem
Manne in keinen wirklichen Beziehungen steht.
Betty (Bewegung).
Du leidest heute doch
Emma. Es ist ja vorüber.
nicht mehr im geringsten darunter.
Betty. Ich habe nie gelitten, (Pause.) Wollen wir
wieder zu den Kindern?
Emma (sich erhebend). Ja... Wie kommt's denn, daß
der Doctor Schmidt noch nicht da ist?
Betty. Er hat jetzt ziemlich viel zu thun.
Emma. Nun —
Betty. Was denn?
Emma. Wann wird er Dir denn Deine Franziska davon-
führen?
Betty (lächelnd). Du hast eine komische Art, von solchen
Dingen zu reden.
Emma. Da paßt's ganz gut. Der wird sie weit
davonführen.
Betty. Wenn ich das glaubte, würde ich sie ihm nicht
geben. — Ich begreife auch nicht ganz, wie Du das meinst.
Ich denke, gerade bei einem Menschen, der doch seit vielen
Jahren im Hause ein- und ausgeht, wäre das, was Du
„Davonführen" nennst, beinahe ausgeschlossen.
Als Manuscript gedruckt.
kühl und dämmerig. Es ist unangenehm, daß die Häuser Euch
gegenüber so weiß sind. Man ist ganz geblendet
Betty. Lulu, geh' hinein und leiste den Damen Ge-
sellschaft.
Lulu. Das ist so fad.
Emma (lacht).
Betty. Außerdem steht noch Dein Gefrorenes drin
Lulu. Richtig. (Läuft ab.)
4. Auftritt.
Betty. Emma.
Emma. Ich überlege eben, ob ich nicht doch endlich meine
Wohnung kündigen und auch in eine so belebte Straße ziehen
soll wie Ihr.
Betty. Weshalb? Du liebst ja den Lärm nicht.
Emma. Es hat doch manches für sich. Ich würde ja
höher wohnen, wo man durch den Lärm wenig gestört wird,
aber ich möchte auf ein bischen Leben hinab schauen können.
(Lächelnd.) Das ist offenbar das Alter, das sich meldet.
Betty. Du sprichst auch schon vom Alter?
Emma. Ach ja — ich hab ein gewisses Recht dazu.
Ich fange an, mich recht allein zu fühlen.
Betty. Wie kannst Du das sagen? Hast Du nicht Agnes?
Emma. Nein, ich hab' sie nicht.
Betty (ganz erstaunt). Wie?
Emma. Ach Gott wir haben doch überhaupt unsere
Kinder nicht, wenn sie in ein gewisses Alter kommen. Wenn
man ihr heute sagte, daß sie entweder auf mich — oder auf
ihn verzichten müsse: - wen würde sie aufgeben, was meinst Du
Betty. Auf wen verzichten? — Meinst Du Hugo?
Emma. Freilich mein ich Hugo.
Betty. Unter uns — ich glaube nicht, daß das etwas
Ernsthaftes ist. — Schwärmerei
Emma. Das ist ganz schön. Ich hätte garnichts da-
gegen. Einer wird sie mir doch wegnehmen: Hugo ist, jeden¬
falls der Beste. Es ist ganz merkwürdig, wie er mich manch¬
mal, besonders in seiner Art zu schauen und zu lächeln, au
meinen armen Mann erinnert.
Betty. Ja, Du hast recht.
Emma (steht auf). Ach Gott, Betty, ist das nicht die
dümmste Lüge, die es giebt, daß die Zeit vergessen macht? —
An manchem Tag ist's mir doch, als ob ich ihn gestern ver-
loren hätte! — Und es sind vierzehn Jahre! Vierzehn Jahre!
Nein es wird nicht besser!
Betty. Man wird älter. Das ist auch schon ein Glück!
Emma. Du findest, daß das ein Glück ist?
Betty. Oh ja, man kommt über vieles weg. Ich
möchte nicht wieder jung sein.
Emma. So?
Betty. Ich denke an die Jugend eigentlich wie an eine
schreckliche Verwirrung zurück — ich erinnere mich kaum deut-
lich — nur die Zeiten, in denen die Kinder kamen, erscheinen
mir wie etwas sehr Ruhiges und Schönes
Emma. Das ist ganz natürlich, wenn man zu seinem
Manne in keinen wirklichen Beziehungen steht.
Betty (Bewegung).
Du leidest heute doch
Emma. Es ist ja vorüber.
nicht mehr im geringsten darunter.
Betty. Ich habe nie gelitten, (Pause.) Wollen wir
wieder zu den Kindern?
Emma (sich erhebend). Ja... Wie kommt's denn, daß
der Doctor Schmidt noch nicht da ist?
Betty. Er hat jetzt ziemlich viel zu thun.
Emma. Nun —
Betty. Was denn?
Emma. Wann wird er Dir denn Deine Franziska davon-
führen?
Betty (lächelnd). Du hast eine komische Art, von solchen
Dingen zu reden.
Emma. Da paßt's ganz gut. Der wird sie weit
davonführen.
Betty. Wenn ich das glaubte, würde ich sie ihm nicht
geben. — Ich begreife auch nicht ganz, wie Du das meinst.
Ich denke, gerade bei einem Menschen, der doch seit vielen
Jahren im Hause ein- und ausgeht, wäre das, was Du
„Davonführen" nennst, beinahe ausgeschlossen.
Als Manuscript gedruckt.