A85: Das Vermächtnis. Schauspiel in drei Akten, Seite 103

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Betty. Doctor, er war nicht voreilig. Er (auf den Kranken
weisend) fühlte es und ich fühle es auch.
Ferdinand. Darauf ist durchaus nichts zu geben.
Hrn... Ist es nicht sonderbar! — Daß gerade die besten Reiter —
Ich kenne einen Fall; das war im vorigen Jahr, — auch zu
der Saison etwa — da stürzte ein
Betty (sieht ihn groß an, so daß er für einen Augenblick verwirrt
schweigt. Sie geht langsam zu dem Kranken).
Adolf. Doctor, was glauben Sie?
Ferdinand. Ja... jedenfalls ist es eine schwere Er¬
schütterung gewesen... wir werden ja weiter sehen.
Adolf. Mein lieber Doctor, das ist ja entsetzlich! Was
sollen wir thun?
Ferdinand. Mein verehrter Herr Professor
heutigen Abend habe ich mir allerdings anders vorgestellt.
Franziska (plötzlich, als wenn sie jetzt erst zum Bewußtsein des
Schrecklichen käme). Herr Doctor, retten Sie ihn
Ferdinand. Wir können — nun ja, es ist eine Phrose
aber sie ist wahr — wir können nur die Natur unterstützen.
Franziska (nimmt Ferdinand bei der Hand). Das glaub
ich nicht. Sehen Sie doch — jetzt lebt er... und athmet
sein Herz schlägt. Wie wenn er schliefe, sieht er aus.
Und da kann man nichts aufhalten, da muß man es so ruhig
gehen lassen, ohne eine Hand zu rühren... muß sich er
geben...
Ferdinand. Warten, nicht ergeben
Franziska. Fällt Ihnen denn gar kein Mittel ein?
Ferdinand. Es giebt keines.
Franziska. So erfinden Sie eines. In welchem
Augenblick soll man eines erfinden, wenn nicht in diesem. Ich
bin überzeugt, wenn ich Arzt wäre, jetzt fiele mir etwas ein,
was retten müßte.
Ferdinand (Franziska's Hand fassend). Mein liebes Fräu¬
lein, wäre es so, so wären wir mehr als gewöhnliche
Menschen.
Betty (sieht ihn angstvoll an, wendet sich an Adolf). Adolf!
Adolf. Nun?... Sehen Sie, Doctor, so ein Gesicht
macht sie.“ Ist das nothwendig? Ich will ja niemandem
einen Vorwurf machen — es wird sich alles — so Gott
will - zum Besten wenden — aber nicht von mir ist die
Idee ausgegangen, daß der Junge sein Freiwilligenjahr bei
der Cavallerie abdient.
Betty. Er ist doch früher auch schon geritten
Adolf. Gewitz, gewiß, aber auf Pferden aus der Reit¬
schule. Nun ja — es war sein eigener Wunsch — und
ich bin eben immer ein zu nachgiebiger Vater gewesen. Nun,
hoffentlich wird es ihm zur Lehre dienen, und er wird sich
abgewöhnen, Remonten in den Prater zu reiten.
Franziska. Papa, Papa, siehst Du denn nicht?
Betty. Doctor! Doctor!
Adolf. Nun?.. Jetzt stöhnt er. Ich bin zwar kein
Arzt; aber das ist ein gutes Zeichen.
Betty. Hat er Schmerzen?
Ferdinand. Das sind Laute, die nichts mit dem Be¬
wußtsein zu thun haben.
16. Auftritt.
Hugo. Adolf. Betty. Franziska. Ferdinand.
Arzt (kommt ziemlich rasch).
Betty (rasch auf). O, Gott sei Dank!
Ferdinand (gleichfalls auf ihn zu, stellt sich vor). Doctor
Schmidt.
Arzt (sich vorstellend). Bernstein. Nun, wie steht's?
Ferdinand. Ich bin vor einigen Minuten gekommen,
ich fand ihn bewußtlos... Puls
Arzt (hört nicht besonders auf ihn, geht schnell zum Divan, be¬
trachtet den Kranken).
Ferdinand (hat ihm unzufrieden nachgesehen und folgt ihm
dann).
17. Auftritt.
Hugo. Adolf. Betty. Franziska. Ferdinand. Arzt.
Toni (und) ihr Kind (kommen herein).
Ich bitte
Ferdinand (rasch hin). Was soll das sein?
Toni (mit dem Kinde rasch zum Divan. Plötzlich fast schreiend).
Er ist ja todt.
Als Manuscript gedruckt.