40 —
Agnes. Was haben sie Dir denn gesagt?
Lulu. Also, der Papa hat mir gesagt — (winkt sie näher)
der Hugo war mit ihr im Geheimen verheirathet. Jetzt frag
ich Dich, Agnes, warum erzählt man mir solche Geschichten
Agnes. Es ist doch dasselbe.
Lulu. Na eben. - Also, grüß' Dich Gott, Agnes
(Zurück.) Pah, Bubi - Adieu, Tante Toni... (Ab.)
3. Auftritt.
Toni. Kind. Agnes.
(Pause.)
Agnes (leise). Also hier wohnen Sie?
Toni. Wohnen — das eigentlich nicht. Dort (nach der
Thür rechts hinten weisend) ist unser Zimmer. Aber wir sind beinah
immer da.
Agnes. So.
Toni. Anfangs haben sie das Zimmer ganz absperren
wollen. Aber so ist es besser — glaub' ich.
Agnes (nickt, betrachtet das Kind). Ja. (Sie kniet, wie einen
plötzlichen Eingebung folgend, neben dem Kinde nieder und küßt es
mit Inbrunst.)
Toni (mild). Deswegen sind Sie heut gekommen.
Agnes. Ja... (Erhebt sich). Ich war schon ein paar
Mal auf dem Weg hierher; — aber ich hab mich nicht herauf
getraut. Es hat mich so schrecklich erschüttert. Wir waren
ja... so nahe verwandt. Es war beinah', als wenn ich
einen Bruder verloren hätte. (Sie ist ins Schluchzen gekommen und
fällt Toni in die Arme.)
Toni. Sie haben ihn — sehr lieb gehabt.
Agnes (aufschauend). Hat er's denn gewußt?
Toni. Er vielleicht nicht — Aber ich. — (Pause.)
Agnes. Hat er von mir gesprochen?
Toni. Natürlich. Er hat zu mir von allen Menschen
gesprochen, die er gekannt hat, das können Sie sich wohl
denken, Fräulein Agnes.
Agnes. Jetzt kann ich mir vieles denken. Und daß
Jemand auf der Welt sein muß, dem er Alles sagt — das
hab' ich schon lang gewußt. Wenn er zu Hause oder bei uns
war, hab’ ich oft genug gemerkt, daß er eigentlich lieber wo
anders sein möchte.
Toni (das Kind an sich drückend). Bei uns
Agnes (ausbrechend). Oh Gott, wie beneid' ich Sie!
Toni (schaut auf).
Agnes (wie beschämt). Sie haben ja... den
Toni (leise). Gott erhalte ihn mir.
Agnes. Sie müssen nicht böse sein, daß ich so rede.
Aber das Herz thut mir so weh, ich kann's gar nicht sagen
Toni (in tiefstem, aber unterdrücktem Schmerz). Liebes Fräulein
Agnes, mir auch!
Agnes. Fräulein Toni, ich möchte so gern Ihre
Freundin sein!
4. Auftritt.
Toni. Das Kind. Agnes. Emma (tritt ein, rechts vor).
Emma (lächelt leicht, wie sie Agnes sieht).
Agnes (ihr entgegen). Mama
Emma. Grüß' Sie Gott, Toni! Was macht denn der
Kleine?
Toni. Ich danke, gnädige Frau.
Emma. Blaß!
Toni. Ja, aber er hat nie viel Farbe gehabt.
Emma. Jedenfalls ist es gut, daß Sie bald aufs Land
gehen.
Toni. Freilich.
Emma. Auch für Sie!
Toni (abwehrend). Ach Gott
Emma (zu Agnes). Warst Du schon bei Tante Betty?
Agnes. Nein, Mama, ich will jetzt auch nicht. Ich bin
so. Ich geh' jetzt lieber nach Hause, Mama, wenn Du
erlaubst.
Emma. Wie Du willst, mein Kind.
Agnes (zu Toni). Jetzt werd' ich oft wiederkommen.
Jeden Tag will ich kommen, ja? Wir sind Freundinen,
Mama.
Emma. So?
Agnes (beugt sich und küßt die Haare des Kindes. Sie reicht Toni
die Hand und geht).
Als Manuscript gedruckt.
Agnes. Was haben sie Dir denn gesagt?
Lulu. Also, der Papa hat mir gesagt — (winkt sie näher)
der Hugo war mit ihr im Geheimen verheirathet. Jetzt frag
ich Dich, Agnes, warum erzählt man mir solche Geschichten
Agnes. Es ist doch dasselbe.
Lulu. Na eben. - Also, grüß' Dich Gott, Agnes
(Zurück.) Pah, Bubi - Adieu, Tante Toni... (Ab.)
3. Auftritt.
Toni. Kind. Agnes.
(Pause.)
Agnes (leise). Also hier wohnen Sie?
Toni. Wohnen — das eigentlich nicht. Dort (nach der
Thür rechts hinten weisend) ist unser Zimmer. Aber wir sind beinah
immer da.
Agnes. So.
Toni. Anfangs haben sie das Zimmer ganz absperren
wollen. Aber so ist es besser — glaub' ich.
Agnes (nickt, betrachtet das Kind). Ja. (Sie kniet, wie einen
plötzlichen Eingebung folgend, neben dem Kinde nieder und küßt es
mit Inbrunst.)
Toni (mild). Deswegen sind Sie heut gekommen.
Agnes. Ja... (Erhebt sich). Ich war schon ein paar
Mal auf dem Weg hierher; — aber ich hab mich nicht herauf
getraut. Es hat mich so schrecklich erschüttert. Wir waren
ja... so nahe verwandt. Es war beinah', als wenn ich
einen Bruder verloren hätte. (Sie ist ins Schluchzen gekommen und
fällt Toni in die Arme.)
Toni. Sie haben ihn — sehr lieb gehabt.
Agnes (aufschauend). Hat er's denn gewußt?
Toni. Er vielleicht nicht — Aber ich. — (Pause.)
Agnes. Hat er von mir gesprochen?
Toni. Natürlich. Er hat zu mir von allen Menschen
gesprochen, die er gekannt hat, das können Sie sich wohl
denken, Fräulein Agnes.
Agnes. Jetzt kann ich mir vieles denken. Und daß
Jemand auf der Welt sein muß, dem er Alles sagt — das
hab' ich schon lang gewußt. Wenn er zu Hause oder bei uns
war, hab’ ich oft genug gemerkt, daß er eigentlich lieber wo
anders sein möchte.
Toni (das Kind an sich drückend). Bei uns
Agnes (ausbrechend). Oh Gott, wie beneid' ich Sie!
Toni (schaut auf).
Agnes (wie beschämt). Sie haben ja... den
Toni (leise). Gott erhalte ihn mir.
Agnes. Sie müssen nicht böse sein, daß ich so rede.
Aber das Herz thut mir so weh, ich kann's gar nicht sagen
Toni (in tiefstem, aber unterdrücktem Schmerz). Liebes Fräulein
Agnes, mir auch!
Agnes. Fräulein Toni, ich möchte so gern Ihre
Freundin sein!
4. Auftritt.
Toni. Das Kind. Agnes. Emma (tritt ein, rechts vor).
Emma (lächelt leicht, wie sie Agnes sieht).
Agnes (ihr entgegen). Mama
Emma. Grüß' Sie Gott, Toni! Was macht denn der
Kleine?
Toni. Ich danke, gnädige Frau.
Emma. Blaß!
Toni. Ja, aber er hat nie viel Farbe gehabt.
Emma. Jedenfalls ist es gut, daß Sie bald aufs Land
gehen.
Toni. Freilich.
Emma. Auch für Sie!
Toni (abwehrend). Ach Gott
Emma (zu Agnes). Warst Du schon bei Tante Betty?
Agnes. Nein, Mama, ich will jetzt auch nicht. Ich bin
so. Ich geh' jetzt lieber nach Hause, Mama, wenn Du
erlaubst.
Emma. Wie Du willst, mein Kind.
Agnes (zu Toni). Jetzt werd' ich oft wiederkommen.
Jeden Tag will ich kommen, ja? Wir sind Freundinen,
Mama.
Emma. So?
Agnes (beugt sich und küßt die Haare des Kindes. Sie reicht Toni
die Hand und geht).
Als Manuscript gedruckt.