A98: Komtesse Mizzi oder: Der Familientag, Seite 44

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Philipp (nimmt). Danke sehr.
Fürst. Aber Philipp! So eine Riesenzigarre vor
dem Frühstück!
Graf. Ausgezeichnet. Ist das allerg'sündeste. Sie
gefallen mir sehr gut. Wollen wir uns nicht setzen?
(Fürst, Graf, Philipp setzen sich. Komtesse, Lolo
stehen ganz nahe.)
Graf. Also morgen reisen Sie ab mit dem Papa?
Philipp. Ja, Herr Graf. Ich freu' mich schon
kolossal.
Graf. Bleibt's Ihr lang weg?
Fürst. Das hängt von verschiedenen Umständen ab.
Philipp. Am 1. Oktober muß ich einrücken.
Fürst. Und ich werde dann möglicherweise tiefer in
den Süden gehen.
Graf. Das ist aber das Allerneueste. Wohin denn?
Fürst (Blick auf Komtesse). Aegypten, dann vielleicht
noch in den Sudan, bissel jagen.
Komtesse (zu Lolo). Ich werde Ihnen den Park
zeigen, Fräulein.
Lolo. Ja, der ist prachtvoll. Da kann sich unser-
einer freilich nicht messen. (Sie kommen nach links vorn.)
Komtesse. Sie haben auch einen Garten beim
Haus?
Lolo. Natürlich. Wir haben ja auch ein Ahnen-
in Ottakring. Schon der Urgroßvater vom
schloß
Wasner ist Fiaker gewesen. Nein, ist das schön! Wie da
die Blumen herunterhängen. So was werd' ich mir auch
einrichten.
Graf (beunruhigt). Warum absentieren sich die
Damen?
Komtesse. Laß nur, Papa, ich erkläre dem
Fräulein die Facade von unserm Schlössel.
Philipp. Kommen öfters Damen vom Theater
zu Ihnen ins Haus, Herr Graf?
Graf. Nein, das ist mehr ein Zufall! (Sprechen weiter.)
Komtesse (zu Lolo). Wie sonderbar, daß ich
heute zum allererstenmal Gelegenheit habe, Sie zu
sprechen, Fräulein. Ich freue mich sehr.
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Lolo (mit einem dankbaren Blick). Und ich erst,
Gräfin. Ich kenn' Sie natürlich schon lang vom Sehen.
Ich hab' oft in die Loge hinaufgeschaut.
Komtesse. Aber nicht zu mir.
Lolo. Ja, das ist jetzt vorbei.
Komtesse. Wissen Sie, Fräulein, daß ich
eigentlich ein bißel gekränkt bin... für ihn.
Lolo. Gekränkt?
Komtesse. Es wird ein harter Schlag für ihn
sein. Ich weiß am besten, wie sehr er an Ihnen ge¬
hangen ist. Wenn er mir auch nie was davon gesagt hat.
Lolo. Ja, glauben Sie nicht, Gräfin, daß es mir
auch schwer ankommt? Aber ich bitt' Sie, Gräfin, was
bleibt einem schließlich übrig? Ich bin auch nicht mehr
die Jüngste, nicht wahr? Und man will doch endlich
in geordnete Verhältnisse kommen. So lang ich einen
Beruf gehabt hab', da hab' ich mir erlauben können
wie sagt man das nur — freieren Anschauungen zu
huldigen. Es hat gewissermaßen mit zu meiner Stellung
gehört. Aber jetzt, wo ich mich ins Privatleben zurück¬
zieh', wie schauet denn das aus?
Komtesse. Ja, das seh' ich vollkommen ein.
Aber was wird er jetzt anfangen?
Lolo. Vielleicht, daß er doch auch heiratet. Ich
sag' Ihnen, Gräfin, da gibt's noch viele, die sich alle
fünf Finger... glauben Sie nicht, Gräfin, daß es
für mich auch ein schwerer Entschluß war?
Komtesse. Wissen Sie, was ich manchmal gedacht
habe? Ob er nicht vielleicht die Idee hat, Sie zu
seiner Gattin zu machen?
Lolo. Ja, er hat schon wollen. Gräfin.
Komtesse. Wie?
Lolo. Wissen Sie, wann er mich das letztemal
gefragt hat, Gräfin? Es sind noch keine vier Wochen her.
Komtesse. Und Sie haben Nein gesagt?
Lolo. Ich hab' Nein g'sagt. Es hätt' kein Gut
getan. Ich als Frau Gräfin! Können Sie sich das vor¬
stellen. Ich als Ihre Stiefmama, Komtesse.... Nie
hätten wir so gemütlich miteinander geplaudert.