(Wien) 29.7.25.
(Postkarte)
Herzlichen Dank führe liebe Karte. Ihre Bitte es niemandem zu sagen,
dass die Menscheit eine abscheuliche Bande, kommt leider verspätet. Weiss
der Teufel durch welche Indiskretion- die Sache hat sich herumgesprochen!-
Ich bin noch in Wien, arbeite allerlei, denke Ihrer in aller inniger Freund-
schaft und bitte Sie, mich und dieses Haus in gütiger Erinnerung zu be-
halten.
Mit tausend Grüssen Ihr getreuer
Arthur Schnitzler
Wien, 3.I.926.
V. F.C.P.
Mein verehrter und lieber Freund,
Ihr Neujahrsgruss hat mich beschämt. Was konnt ich in Wien besondres
für Sie thun- die höchst bescheidene Gastfreundschaft die ich Ihnen und
Frau Rung erweisen durfte, bedeutete mir mindestens so viel Freude als Ihnen-
und wie wenig war es in jedem Fall im Verhältnis zu der tiefen Dankbarkeit
und Liebe, die ich für Sie empfinde. Und ich halte Sie immer zumindest
geistig in meiner Nähe: kaum ein Abend ist im Lauf des letzten oder der
letzten Jahre vergangen, ohne dass ich ein paar und öfters recht viele
Seiten von ihnen gelesen. Und in Ihnen ist eine so wunderbare Identiät des
Menschen und des Schriftstellers, dass man immer mit Ihnen ist, wenn man Sie
liest.
Die "Frau des Richters" war zuerst in der Vossischen gedruckt- und
eigentlich als Einakter intendiert. Das Stück wollte mir nicht gelingen, so
hab ich die Handlung zu erzählen versucht. Mein Herz hängt nicht an dieser
kleinen Geschichte. Viele Jahre aber hat mich ein fünfactiges Versdprema
"Der Gang zum Weiher" begleitet, das schon im Druck ist und das ich Ihnen
hoffentlich bald schicken kann, ebenso wie eine grössere "Traumnovelle"
(die eben in Fortsetzungen in der Dame erscheint) Und ganz besonders be-
schäftigt mich - auch seit Jahren schon- allerleiöphoristisch-fragmentis-
tisches,- worunter vielleicht zwei Diogramme. "Der Geist im Wort" und "der
Geist in der Tat", philosophische Spielereien nicht ohne tieferen Sinn, Sie
unterhalten werden.
Ich hoffe Sie sind so wohl und gesund als Ihre jungen und festen
Schriftzüge vermuten lassen. Darf ich Sie bitten, der liebenswürdigen Frau
Gertrud Rung meine herzlichsten Gegengrüsse zu bestellen?
Und an Sie, mein lieber und wahrhaft verehrter Freund, gehen meine
innigsten Wünsche Tag für Tag.
Auf Wiedersehen, Ihr getreuer
Arthur Schnitzler
(Postkarte)
Herzlichen Dank führe liebe Karte. Ihre Bitte es niemandem zu sagen,
dass die Menscheit eine abscheuliche Bande, kommt leider verspätet. Weiss
der Teufel durch welche Indiskretion- die Sache hat sich herumgesprochen!-
Ich bin noch in Wien, arbeite allerlei, denke Ihrer in aller inniger Freund-
schaft und bitte Sie, mich und dieses Haus in gütiger Erinnerung zu be-
halten.
Mit tausend Grüssen Ihr getreuer
Arthur Schnitzler
Wien, 3.I.926.
V. F.C.P.
Mein verehrter und lieber Freund,
Ihr Neujahrsgruss hat mich beschämt. Was konnt ich in Wien besondres
für Sie thun- die höchst bescheidene Gastfreundschaft die ich Ihnen und
Frau Rung erweisen durfte, bedeutete mir mindestens so viel Freude als Ihnen-
und wie wenig war es in jedem Fall im Verhältnis zu der tiefen Dankbarkeit
und Liebe, die ich für Sie empfinde. Und ich halte Sie immer zumindest
geistig in meiner Nähe: kaum ein Abend ist im Lauf des letzten oder der
letzten Jahre vergangen, ohne dass ich ein paar und öfters recht viele
Seiten von ihnen gelesen. Und in Ihnen ist eine so wunderbare Identiät des
Menschen und des Schriftstellers, dass man immer mit Ihnen ist, wenn man Sie
liest.
Die "Frau des Richters" war zuerst in der Vossischen gedruckt- und
eigentlich als Einakter intendiert. Das Stück wollte mir nicht gelingen, so
hab ich die Handlung zu erzählen versucht. Mein Herz hängt nicht an dieser
kleinen Geschichte. Viele Jahre aber hat mich ein fünfactiges Versdprema
"Der Gang zum Weiher" begleitet, das schon im Druck ist und das ich Ihnen
hoffentlich bald schicken kann, ebenso wie eine grössere "Traumnovelle"
(die eben in Fortsetzungen in der Dame erscheint) Und ganz besonders be-
schäftigt mich - auch seit Jahren schon- allerleiöphoristisch-fragmentis-
tisches,- worunter vielleicht zwei Diogramme. "Der Geist im Wort" und "der
Geist in der Tat", philosophische Spielereien nicht ohne tieferen Sinn, Sie
unterhalten werden.
Ich hoffe Sie sind so wohl und gesund als Ihre jungen und festen
Schriftzüge vermuten lassen. Darf ich Sie bitten, der liebenswürdigen Frau
Gertrud Rung meine herzlichsten Gegengrüsse zu bestellen?
Und an Sie, mein lieber und wahrhaft verehrter Freund, gehen meine
innigsten Wünsche Tag für Tag.
Auf Wiedersehen, Ihr getreuer
Arthur Schnitzler