12 —
Freigeisterei und leicht're Sünden büßte,
Er noch ein Fant, doch schön und frech wie heut',
Ich von der Jugend letztem Glanz umsonnt, —
Schon damals maßen unsere Kräfte wir,
Und nicht am Spieltisch nur. Zehn Jahre sind’s
Noch steigt sein Stern, da meiner längst erblich
ANINA: Sie lieben ihn nicht sehr?
Und doch nicht wen’ger,
GUDAR:
Als meiner Jugend Bild ich lieben müßte,
Begegnet’s plötzlich mir im Licht des Tags.
Sie kannten ihn noch nicht?
Nur seinen Namen.
ANINA:
GUDAR: Sprach ihn Herr Bassi je vor Ihnen aus?
Die Gatten lieben seinen Namen nicht.
ANINA:Andrea Bassi ist mein Gatte nicht.
GUDAR: Noch nicht. Mag sein. Doch kenn’ ich
Menschen so,
Wie’s mir nach sechzig Jahren Weltfahrt ansteht,
So denk' ich, daß Herrn Bassis Bürgersinn
Der lieben Vettern Gunst so schwer entbehrt,
Als Ihre Frommheit, holde Frau Anina,
Der Kirche heil'gen Spruch und Ehesegen.
Und ist bei rauhem Wind in fremden Landen
Des Abenteuers Lust und Rausch verweht,
Das Kinder sich am sichern Herde träumten,
So kehren Sie, wie gern, zurück, wo längst
In trauter Heimat wohlumschlossnem Kreis
Mit offnen Armen die Verzeihung wartet.
ANINA: Mich dünkt die Luft hier eben lind genug,
Die Gegend lieblich, heiter die Gesellschaft,
Und wir behagen beid' uns hier aufs beste.
13
GUDAR: Doch ahnt' es Ihnen kaum vor wenig Wo¬
Daß Sie an einem Tisch mit solchem Volk — [chen,
ANINA: Mit solchem Volk?
Wie ich und meinesgleichen,
GUDAR:
Zu Abend essen, Tür an Türe wohnen,
Zu Lustpartien sich gesellen würden!
ANINA: Ich bin so kostbar nicht. Und niemand hat
Mir gegenüber Höflichkeit und Anstand —
Nicht Mann noch Frau — mit einem Wort verletzt.
Baron von Santis, wenn auch laut beim Trunk,
Bleibt stets galant. Flaminia losen Munds,
Das merkt' ich wohl, ist dennoch herzensgut.
(etwas stockend): Und Casanova — ist ein Edelmann
GUDAR: Wie Santis ein Baron, wie ich ein Fürst,
Und wie Flaminia etwa Nonne wäre —
ANINA: Und Casanova? —
Nun, was den betrifft,
GUDAR:
Wo man ihn findet, dort gehört er hin.
Und träf' ich übers Jahr als Exzellenz
In Spanien ihn; — in einer Diebsspelunke
Am Strand zu London — unter andern Strolchen;
Als Handelsmann mit Spitzen in Paris;
Als Dichter eines Schäferspiels in einem
Bretonschen Schloß; — als Polizeiagenten, —
Als Millionär, als Bettler, selbst als Bürger, —
Ich staunte nicht, so wenig als er selbst.
Und wenn er auch heut’ nacht verlor, — es kann
Doch sein, daß er mit falschen Karten spielte, —
So wie er oft mit wahren Worten lügt.
Dies ist Herr Casanova. Niemals war
Ein Gauner ehrlicher als er, und nie
Freigeisterei und leicht're Sünden büßte,
Er noch ein Fant, doch schön und frech wie heut',
Ich von der Jugend letztem Glanz umsonnt, —
Schon damals maßen unsere Kräfte wir,
Und nicht am Spieltisch nur. Zehn Jahre sind’s
Noch steigt sein Stern, da meiner längst erblich
ANINA: Sie lieben ihn nicht sehr?
Und doch nicht wen’ger,
GUDAR:
Als meiner Jugend Bild ich lieben müßte,
Begegnet’s plötzlich mir im Licht des Tags.
Sie kannten ihn noch nicht?
Nur seinen Namen.
ANINA:
GUDAR: Sprach ihn Herr Bassi je vor Ihnen aus?
Die Gatten lieben seinen Namen nicht.
ANINA:Andrea Bassi ist mein Gatte nicht.
GUDAR: Noch nicht. Mag sein. Doch kenn’ ich
Menschen so,
Wie’s mir nach sechzig Jahren Weltfahrt ansteht,
So denk' ich, daß Herrn Bassis Bürgersinn
Der lieben Vettern Gunst so schwer entbehrt,
Als Ihre Frommheit, holde Frau Anina,
Der Kirche heil'gen Spruch und Ehesegen.
Und ist bei rauhem Wind in fremden Landen
Des Abenteuers Lust und Rausch verweht,
Das Kinder sich am sichern Herde träumten,
So kehren Sie, wie gern, zurück, wo längst
In trauter Heimat wohlumschlossnem Kreis
Mit offnen Armen die Verzeihung wartet.
ANINA: Mich dünkt die Luft hier eben lind genug,
Die Gegend lieblich, heiter die Gesellschaft,
Und wir behagen beid' uns hier aufs beste.
13
GUDAR: Doch ahnt' es Ihnen kaum vor wenig Wo¬
Daß Sie an einem Tisch mit solchem Volk — [chen,
ANINA: Mit solchem Volk?
Wie ich und meinesgleichen,
GUDAR:
Zu Abend essen, Tür an Türe wohnen,
Zu Lustpartien sich gesellen würden!
ANINA: Ich bin so kostbar nicht. Und niemand hat
Mir gegenüber Höflichkeit und Anstand —
Nicht Mann noch Frau — mit einem Wort verletzt.
Baron von Santis, wenn auch laut beim Trunk,
Bleibt stets galant. Flaminia losen Munds,
Das merkt' ich wohl, ist dennoch herzensgut.
(etwas stockend): Und Casanova — ist ein Edelmann
GUDAR: Wie Santis ein Baron, wie ich ein Fürst,
Und wie Flaminia etwa Nonne wäre —
ANINA: Und Casanova? —
Nun, was den betrifft,
GUDAR:
Wo man ihn findet, dort gehört er hin.
Und träf' ich übers Jahr als Exzellenz
In Spanien ihn; — in einer Diebsspelunke
Am Strand zu London — unter andern Strolchen;
Als Handelsmann mit Spitzen in Paris;
Als Dichter eines Schäferspiels in einem
Bretonschen Schloß; — als Polizeiagenten, —
Als Millionär, als Bettler, selbst als Bürger, —
Ich staunte nicht, so wenig als er selbst.
Und wenn er auch heut’ nacht verlor, — es kann
Doch sein, daß er mit falschen Karten spielte, —
So wie er oft mit wahren Worten lügt.
Dies ist Herr Casanova. Niemals war
Ein Gauner ehrlicher als er, und nie