Arthur Schnitzler
So dämmr' ich hin; — als aus des Gartens Stille
Verfänglich Rauschen an mein Ohr sich drängt; -
An Busch und Zweigen streift ein Mantel hin -
Und unter Flügelschritten knirscht der Kies.
Da schreck' ich auf. Wer kann es sein als du —
Zum Fenster hin. Ein Leuchten fällt ins Dunkel
Von meinem Leib. — Und fahl im Lichte steht
Ein Mann in meinem Blick, der du nicht bist.
Ich — und mir ist, als löscht' ich so mich aus
Enteile rückwärts in der Wände Schatten,
Er aber
Andrea: Casanova?
Casanova.
Anina:
Andrea: Den du in deines Leibes fahlem Glanz
Erkannt?
Anina: Er war’s. And eh’ die Lippen mir
Zu einem Schrei sich auftun, hat er über
Die Brüstung ins Gemach sich frech geschwungen,
Ist mir so nah, daß über meine Lider
Sein Atem weht, daß seiner Pulse Beben
Den meinen sich gesellt; — in seinem Hauch
Der kühl und heiß zugleich — kein Kuß, viel eher
Ein Flüstern ohne Wort, ein Flehn, ei Dann -
Doch endlich, ach, von meinem Mund ersehnt,
Zum Kusse wird — löst all mein Sein sich auf,
Und auf den Traumeswellen dieser Stunde,
Vergangner nicht, zukünft'ger nicht bewußt,
Treibt es, wie von sich selbst befreit, dahin.
(Pause.)
Als ich erwachte in des Morgens Grau'n
War ich allein und lag mit offnen Augen
Und wußte wohl: was diese Nacht geschah;
Nicht andern nur, mir selbst, Andrea, wär' es
Vor wenig Stunden noch wie schwerste Schuld
Und nicht nur wider dich als Schuld erschienen.
Und doch — war meine Seele leicht und froh
Dies aber ließ mich staunen mehr als schauern.
So ganz in dir beschlossen gestern abend,
Daß der Gedanke nur, ein andrer Mann
Berührte meine Hand unlautern Sinns
Mit Ekel mich erfüllt, — und morgens drauf
Aus eines Fremden wildester Amarmung
So reulos wie aus Kinderschlaf erwachtön!
Die Schwestern
Unfaßbar gestern noch — und heut erlebt?
Und fühle mich die gleiche, die ich war,
So unverwandelt und so unverwirrt
Und deiner Zärtlichkeit so wert, Andrea,
Als müßte, was ich grausam dir an Schmerzen,
Was du an Zorn mir vielfach wiedergibst,
Vor dem geheimnislosen Wort verwehn
Das dir bekennt, was man verschweigen konnte.
Andrea (Geste des Hobns).
Anina: Wie leicht ist Lüge, da sie doch willkommen.
Vergib, daß ich zu bieten sie verschmäht.
Andrea: Nun hört' ich dich. Und wieder frag’ ich nur,
Warum verweilst du noch?
Anina:
Weil nichts geschah.
Andrea: Hohn zum Beschluß
Anina:
Nur dir gehör' ich an.
Andrea: Doch warst du sein
Anina:
Die Stunde kehrt nicht wieder.
Andrea: Das ist der Stunden Art. Jedoch von jeder,
Gleich wie von jeder Herberg', drin du wohntest,
Und ging in Flammen hinter dir sie auf,
Trägst den Geruch du ewig in den Haaren.
Und jene Stunde war.
Anina: (sich ihm nähernd): Doch diese ist.
Andrea: Und andre werden kommen. Und in keiner
Und wären tausende mir zugemessen —
Vergäß' ich je, daß ich in einer dich
Und war sie auch halb Rausch, halb Überfall,
Und schwände sie durch Zauber deinen Sinnen
Daß ich in dieser einen dich verlor.
Was hilft's, daß du ihn eilig fortgeschickt?
Nimmt er nicht die Erinn’rung dieser Stunde,
Den Duft von deinem Leib, von deinen Küssen
Den Nachgeschmack, der Seufzer Monnehauch
Auf seine Reise mit — und führte sie
Ihn übers Meer und in die fernsten Lande —
Bist du seit heute nacht von all den Weibern,
Die er zur Lust sich nahm, nicht eine mehr —
Und wenn der holde Zug besiegter Schönen
Vor seinen Augen nackt vorüberschwebt,
Ist unter ihnen nicht Andreas Braut?
Und wenn zur Kurzweil trunkner Tischgenossen
Er schamlos schwätzt von seinen Abenteuern,
So dämmr' ich hin; — als aus des Gartens Stille
Verfänglich Rauschen an mein Ohr sich drängt; -
An Busch und Zweigen streift ein Mantel hin -
Und unter Flügelschritten knirscht der Kies.
Da schreck' ich auf. Wer kann es sein als du —
Zum Fenster hin. Ein Leuchten fällt ins Dunkel
Von meinem Leib. — Und fahl im Lichte steht
Ein Mann in meinem Blick, der du nicht bist.
Ich — und mir ist, als löscht' ich so mich aus
Enteile rückwärts in der Wände Schatten,
Er aber
Andrea: Casanova?
Casanova.
Anina:
Andrea: Den du in deines Leibes fahlem Glanz
Erkannt?
Anina: Er war’s. And eh’ die Lippen mir
Zu einem Schrei sich auftun, hat er über
Die Brüstung ins Gemach sich frech geschwungen,
Ist mir so nah, daß über meine Lider
Sein Atem weht, daß seiner Pulse Beben
Den meinen sich gesellt; — in seinem Hauch
Der kühl und heiß zugleich — kein Kuß, viel eher
Ein Flüstern ohne Wort, ein Flehn, ei Dann -
Doch endlich, ach, von meinem Mund ersehnt,
Zum Kusse wird — löst all mein Sein sich auf,
Und auf den Traumeswellen dieser Stunde,
Vergangner nicht, zukünft'ger nicht bewußt,
Treibt es, wie von sich selbst befreit, dahin.
(Pause.)
Als ich erwachte in des Morgens Grau'n
War ich allein und lag mit offnen Augen
Und wußte wohl: was diese Nacht geschah;
Nicht andern nur, mir selbst, Andrea, wär' es
Vor wenig Stunden noch wie schwerste Schuld
Und nicht nur wider dich als Schuld erschienen.
Und doch — war meine Seele leicht und froh
Dies aber ließ mich staunen mehr als schauern.
So ganz in dir beschlossen gestern abend,
Daß der Gedanke nur, ein andrer Mann
Berührte meine Hand unlautern Sinns
Mit Ekel mich erfüllt, — und morgens drauf
Aus eines Fremden wildester Amarmung
So reulos wie aus Kinderschlaf erwachtön!
Die Schwestern
Unfaßbar gestern noch — und heut erlebt?
Und fühle mich die gleiche, die ich war,
So unverwandelt und so unverwirrt
Und deiner Zärtlichkeit so wert, Andrea,
Als müßte, was ich grausam dir an Schmerzen,
Was du an Zorn mir vielfach wiedergibst,
Vor dem geheimnislosen Wort verwehn
Das dir bekennt, was man verschweigen konnte.
Andrea (Geste des Hobns).
Anina: Wie leicht ist Lüge, da sie doch willkommen.
Vergib, daß ich zu bieten sie verschmäht.
Andrea: Nun hört' ich dich. Und wieder frag’ ich nur,
Warum verweilst du noch?
Anina:
Weil nichts geschah.
Andrea: Hohn zum Beschluß
Anina:
Nur dir gehör' ich an.
Andrea: Doch warst du sein
Anina:
Die Stunde kehrt nicht wieder.
Andrea: Das ist der Stunden Art. Jedoch von jeder,
Gleich wie von jeder Herberg', drin du wohntest,
Und ging in Flammen hinter dir sie auf,
Trägst den Geruch du ewig in den Haaren.
Und jene Stunde war.
Anina: (sich ihm nähernd): Doch diese ist.
Andrea: Und andre werden kommen. Und in keiner
Und wären tausende mir zugemessen —
Vergäß' ich je, daß ich in einer dich
Und war sie auch halb Rausch, halb Überfall,
Und schwände sie durch Zauber deinen Sinnen
Daß ich in dieser einen dich verlor.
Was hilft's, daß du ihn eilig fortgeschickt?
Nimmt er nicht die Erinn’rung dieser Stunde,
Den Duft von deinem Leib, von deinen Küssen
Den Nachgeschmack, der Seufzer Monnehauch
Auf seine Reise mit — und führte sie
Ihn übers Meer und in die fernsten Lande —
Bist du seit heute nacht von all den Weibern,
Die er zur Lust sich nahm, nicht eine mehr —
Und wenn der holde Zug besiegter Schönen
Vor seinen Augen nackt vorüberschwebt,
Ist unter ihnen nicht Andreas Braut?
Und wenn zur Kurzweil trunkner Tischgenossen
Er schamlos schwätzt von seinen Abenteuern,