A128: Im Spiel der Sommerlüfte. In drei Aufzügen, Seite 16

FELIX. Wenn der Herr Kaplan erzählt hätte, daß
eine alte-Tant' heut zu Besuch kommt, hättest du
sicher nicht gefragt, wie lange sie dableiben wird.
GUSTI. Ja, ich bin offenbar eine ganz verworfene
Person.
FELIX. Das hab’ ich nicht gesagt. Aber weil wir
grad' davon reden
GUSTI. Von der Verworfenheit
FELIX. Du wirst mir zugeben, daß es nicht richtig
ist, wenn eine junge Dame einen jungen Mann aus
ihrem Glas trinken läßt.
GUSTI. Aber ich bitt' dich — Milch!
FELIX lacht unwillkürlich, wendet sich aber verdrossen ab.
GUSTI. Du solltest dich wirklich schämen, Felix.
Jetzt bist du gar auf den Buben eifersüchtig.
FELIX. Das hat mit Eifersucht gar nichts zu tun.
Das ist einfach eine Taktfrage. Im übrigen ist der
Eduard kein Bub. Stell’ dich nicht so, das weißt du sehr
gut. Und ich finde es höchst überflüssig, daß du mit
ihm deine Rollen studierst.
GUSTI. Aber ich studier' doch nicht mit ihm. Er
überhört mich einfach. Er bringt mir halt die Stich¬
wörter, so wie du es manchmal in Wien getan hast.
FELIX. „So wie ich“ — weißt du, daran hättest
du mich grad’ nicht erinnern sollen. Das ist nicht be-
sonders beruhigend.
GUSTI. Aber es ist auch etwas anderes. Sie küßt ihn
rasch.
FELIX weicht zurück.
GUSTI. Es hat’s niemand g'sehn.
FELIX. Es war nicht deswegen. Wie lauschend. Ich
glaub’
GUSTI. Das kann noch nicht der Omnibus sein.
Läuft nach rückwärts, siebt nach der Seite. Das ist der Wagen
vom Doktor.
FELIX auf die Ubr sebend. Aber in fünf Minuten ist
er da.
GUSTI. Leider.
Fischer-Verlag, Berlin
Im Spiel der Sommerlüfte
1. Fahnenkorr. am 19. 8. 29
Bibliographishes Institut, Leipzig