A128: Im Spiel der Sommerlüfte. In drei Aufzügen, Seite 24

GUSTI. So ein verrückter Bub. Sie deklamiert weiter.
„O Glück, ein jeder nennt dich unbeständig;
Wenn du es bist, was tust du mit dem Treuen?
Sei unbeständig, Glück! Dann hältst du ihn
Nicht lange, hoff' ich, sendest ihn zurück.
Sie wiederbolt die beiden letzten Verse mit besserem Ausdruck.
Indessen, schon kurz nach dem Verschwinden Eduards, ist am Zaun
vorübergebend ein junger Offizier von rechts her erschienen, sieben-
geblieben und ruft jetzt.
Offiziek. Bravo! Bravo!
GUSTI wendet sieb um, erblickt ibn, schaut ibn nur an.
Offiziek. Bravo!
GUSTI. Wie bitte?
OffiziER. Bitte tausendmal um Entschuldigung,
gnädiges Fräulein, da mich ein glücklicher Zufall ge
wissermaßen zum Publikum gemacht hat, fühle ich
mich berechtigt, beziehungsweise verpflichtet, mich
auch in diesem Sinne zu benehmen. Darf ich fragen,
welcher Komödie ich beizuwohnen das Glück hatte?
GUSTI ibn messend. Und darf ich vielleicht fragen —?
OffiziER sich vorstellend. Leutnant im k. und k.
österreichischen Infanterieregiment Herzog von Bra¬
ganza. — Auf ihren Blick in anderem Ton. Das Regiment
heißt nämlich so, mein Name ist Robert Holl.
GUSTI. Holl! Da sind Sie ja wahrscheinlich der
Bruder von unserm Herrn Kaplan.
OffiziER. Jawohl, gnädiges Fräulein, der bin
ich. Und ich habe wohl die Ehre mit der Tochter des
GUSTI. Nein, das bin ich nicht. Hier wohnt der
Hauses
berühmte Bildhauer Professor Vincenz Friedlein. Ich
bin nur die Nichte, ein Logierbesuch — Gusti Pflegner
ist mein Name. Sie ist näber an den Zaun getreten.
OffiziER. Sehr erfreut. Fräulein sind jedenfalls
GUSTI. Herr Leutnant sind außerordentlich scharf¬
Schauspielerin.
OffiziER. Fräulein sind an einer Wiener Bühne
sinnig.
tätig oder draußen im Reich?
Fischer-Ver ag, Berlin
Im Spiel der Sommerlüfte
1. Fahnenkorr. am 19. 8. 29
ographisches Institut in Leip.