V. P.
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te Berührung erfüllte ihn mit einem so hohen Glück,
wie er es nie in der leidenschaftlichsten Umarmung
empfunden. Plötzlich war sie fort, und er sah sie
am Ende der Wiese längs des Waldrandes hinlaufen,
die Arme in die Luft gestreckt, so wie er in einer
illustrirten Zeitung Tagsvorher ein Balletmädchen
gesehen, das sich vor den Flammen retten wollte. In
diesem Augenblick empfand er mit einer Deutlichkeit
wie nur der Traum sie giebt, dass es vollkommen
unmöglich für ihn wäre, den Verlust zu überleben,
und doch blieb er im Grase liegen und that nichts,
als dass er fürchterlich schrie. Darüber wachte er
auf und hörte sich selbst jammern. Durch das offnen
Fenster klangen die ersten unentwirrbaren Laute der
Frühe, den 11 ich hörte er nur das Gezwitscher der er¬
wachenden Vögel aus dem Stadtpark. Niemals früher
hatte ihn seine Einsamkeit mit einem solchen Grauen
erfüllt wie heute. Was er für die Frau empfand, die
eben im Gras neben ihm geruht und deren lebenswarme
Wange er an der seinen ruhen gefühlt, erfüllte ihn
mit einer Sehnsucht nach ihr, die so ungeheuer und
schmerzensvoll war, dass er lieber daran sterben
wollte, als sie weiter erdulden. Er liebte diese
Tote, wie man nur Lebendige lieben darf, mit einer
verzehrenden Sehnsucht nach ihrem Besitz, er fühlte
sich wieder von dem Duft ihres Leibs umhüllt, er be-
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te Berührung erfüllte ihn mit einem so hohen Glück,
wie er es nie in der leidenschaftlichsten Umarmung
empfunden. Plötzlich war sie fort, und er sah sie
am Ende der Wiese längs des Waldrandes hinlaufen,
die Arme in die Luft gestreckt, so wie er in einer
illustrirten Zeitung Tagsvorher ein Balletmädchen
gesehen, das sich vor den Flammen retten wollte. In
diesem Augenblick empfand er mit einer Deutlichkeit
wie nur der Traum sie giebt, dass es vollkommen
unmöglich für ihn wäre, den Verlust zu überleben,
und doch blieb er im Grase liegen und that nichts,
als dass er fürchterlich schrie. Darüber wachte er
auf und hörte sich selbst jammern. Durch das offnen
Fenster klangen die ersten unentwirrbaren Laute der
Frühe, den 11 ich hörte er nur das Gezwitscher der er¬
wachenden Vögel aus dem Stadtpark. Niemals früher
hatte ihn seine Einsamkeit mit einem solchen Grauen
erfüllt wie heute. Was er für die Frau empfand, die
eben im Gras neben ihm geruht und deren lebenswarme
Wange er an der seinen ruhen gefühlt, erfüllte ihn
mit einer Sehnsucht nach ihr, die so ungeheuer und
schmerzensvoll war, dass er lieber daran sterben
wollte, als sie weiter erdulden. Er liebte diese
Tote, wie man nur Lebendige lieben darf, mit einer
verzehrenden Sehnsucht nach ihrem Besitz, er fühlte
sich wieder von dem Duft ihres Leibs umhüllt, er be-