Donnerstag, 31. August 1882

31. August.― In der Frühe Poliklinik; hierauf zu Louis M.; ins Café; Armin P. kam dazu. Billard. Bummel. Meine Schwester Klavierunterricht. Schach mit meinem Bruder. (Eine Partie, remis.) ―

Am Nachmittag traf ich mit Gust. Fr. im Café Central zusammen. Richard Tausenau kam dazu. Ich las ungefähr zwei Dutzend von meinen Gedichten, die Fragmente meiner Novellette in Versen, sowie mein angefangnes Schauspiel: Die alten Schüler (ein Akt vollendet) vor.― In einigen etwas affectirten, zum Theil recht geistreichen Wendungen, kam Fr. alles in allem zu einer sehr schmeichelhaften Würdigung meines Könnens. Wenn auch, was er bis jetzt von mir kenne, nicht Kunstwerke seien, Werke eines Künstlers seien es jedenfalls. Klar ist ebenso die schriftstellerische Begabung, ebenso die allgemeine künstlerische Anlage, ohne daß bereits die Verbindung dieser beiden Fähigkeiten zum Poeten fertig sei. Angenehm zeigte er sich überrascht von der Rundung und Harmonie, die der Ausführung meiner Ideen innewohne, und fand sich besonders angemutet von einer „liebenswürdigen, leichten, geistreichen“ Denk- und Schreibweise; die wie er sich ungefähr ausdrückte, mich auszeichne. Was man von mir lese, müsse auf meine persönliche Bekanntschaft begierig machen. Dann äußerte er sich über einen ihm offenbar sympathischen künstlerischen, nicht philosophischen Pessimismus, der den Sachen innewohne, ein Pessimismus, der einfach die Dinge in angenehme & unangenehme theile.― Ich brauche gar nicht zu warten, könne sofort etwas schreiben, es werde sicher sehr schön, sogar bedeutend (!), ganz besonders aber durch eine gewisse Grazie ausgezeichnet sein. Ja ich würde vielleicht mit einem Werke hervortreten, mit welchem andre Schriftsteller abschließen dürften. Anklänge an Murger (in Hinblick einerseits auf Die alten Schüler, anderseits auf Vie de Bohême).―

Noch mehrere Äußerungen that er, die mir nicht mehr alle beifallen. Was speciell die oben besagte „Harmonie“ anbelangt, hat er mich bestimmt zu liebenswürdig beurtheilt; ebenso bin ich lang nicht so hoffnungssicher wie er in Bezug auf das nächste, was ich schreibe … Er sei neugierig, mehr von mir zu hören…

Abends zu Louis M.; mit ihm, seinem Bruder, Armin P., Karl Herzfeld, und einem gewissen Gärtner 21 gespielt; ins Café Europe, dort mit den M.s und P. soupirt, hierauf Billard im Café bis gegen eins; zu Hause las ich noch in Albert’s Diagnostik bis gegen zwei Uhr Morgens.

September

1882-08-31